Ausgabe 04/2012: Gefährliche Geschenke

Gefährliche GeschenkeVerdeckte gewinnausschüttung E Früher waren die Gesellschafter die Schenker, heute sind es die Gesellschaften – steuerlich eine Katastrophe! Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGEin Streitpunkt nahezu jeder Betriebsprüfung einer Kapitalgesellschaft (insbesondere GmbH und AG) ist die vom Betriebsprüfer „aufgedeckte“ verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Klassische Fälle sind das „überhöhte“ Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers oder der Ehefrau. Bekannte Folgen sind die Erhöhung des Gewinns der Gesellschaft und die Erhöhung der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Früher: vGA war keine SchenkungEine vGA legt zwar den Gedanken an eine Schenkung durch die GmbH (oder auch AG) nahe, denn vGA heißt ja, dass der Gesellschafter eine Leistung ohne gleichwertige Gegenleistung erhält. Die Finanzverwaltung war aber lange Zeit der Ansicht, eine vGA ist zwar eine – wie der Name sagt – verdeckte, aber letztlich doch eine Gewinnausschüttung, und wenn sie entsprechend der Beteiligungsquote erfolgt, liegt keine Schenkung vor. Selbst wenn die vGA disquotal (abweichend von der Beteiligungsquote) erfolgte, sah die Finanzverwaltung hierin grundsätzlich keine Schenkung: „Schenkender“ war nicht die GmbH, sondern die jeweiligen Gesellschafter, und die Leistungen der Gesellschafter untereinander – so die Finanzverwaltung – würden sich über die Jahre gesehen in der Regel ausgleichen, was eine Schenkung letztlich ausschließt. Beispiel Autokauf: A erhält von der GmbH ein Auto im Wert von 60.000 Euro zum Preis von 30.000 Euro. Dies entspricht einer vGA von 30.000 Euro. Mitgesellschafter B wird ein paar Jahre später gleichermaßen bedacht. Es lag keine Schenkung vor; weder von B an A noch umgekehrt, weil man davon ausging, dass A die Zuwendung nur erhalten hat, weil sie B früher oder später in gleicher Weise erhält. Selbst wenn nur A die vGA erhalten hätte oder anstelle des A dessen Ehefrau, so war die Situation im Hinblick auf die Schenkungsteuer oftmals unproblematisch. Denn es lagen – wie schon erwähnt – keine Schenkungen der GmbH, sondern der jeweiligen Gesellschafter vor. Damit waren auch die entsprechenden Schenkungsteuerfreibeträge (bei Eheleuten 500.000 Euro, bei Kindern 400.000 Euro jeweils alle 10 Jahre) und die günstigen Steuerklassen anzuwenden. BFH: Es schenkt die GmbH!Mit der – schenkungsteuerlichen – Ruhe ist es seit einem Urteil des BFH vom 7. 11. 2007 vorbei. Entschieden wurde über eine vGA einer GmbH an die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers. Der Streit ging allein um die Schenkungsteuer, die Körperschaft- und Gewerbesteuer für diese vGA war unstreitig. Das Finanzamt sah in der vGA eine Schenkung des Ehemannes an seine Frau. Die Ehefrau war der Meinung, es liegt gar keine Schenkung vor, und klagte gegen den Steuerbescheid des Finanzamtes. Dieser Schuss ging gründlich nach hinten los: Der BFH entschied: Es liegt sehr wohl eine Schenkung vor, aber nicht vom Ehemann, sondern von der GmbH (!) an die Ehefrau. Damit war die Katastrophe perfekt. Schenkt eine GmbH, dann gibt es nur einen Freibetrag von 20.000 Euro und es ist die schlechteste Steuerklasse mit einem Eingangssteuersatz von 30 Prozent anzuwenden! Schenkt der Ehemann beispielsweise 500.000 Euro (mit Freibetrag 500.000 Euro, Eingangssteuersatz 7 %), ergäbe sich eine Schenkungsteuer von Null. Schenkt den gleichen Betrag eine GmbH (Freibetrag 20.000 Euro, Eingangssteuersatz 30 %), ergäbe sich eine Schenkungsteuer von 144.000 Euro!Finanzverwaltung zieht nachDie Finanzverwaltung nahm das BFH-Urteil zum Anlass für einen koordinierten Ländererlass und geht nunmehr – wie der BFH – davon aus, dass Schenker die GmbH ist. Dies führt – neben dem „Verlust“ der Freibeträge und der günstigen Steuerklassen – auch dazu, dass in unserem Beispiel „Autokauf“ statt keiner Schenkung nunmehr sogar zwei Schenkungen vorliegen. Wenn also die GmbH der Schenker ist, dann wendet sie A 30.000 Euro zu. Dann ist es für die Schenkung an A auch unerheblich, ob B später einen Ausgleich erhält oder nicht. Die zuwendende GmbH erhält jedenfalls keine Gegenleistung, weder von A noch von B. Vielmehr hätten nun A und B jeweils eine Schenkung von der GmbH erhalten. Damit liegt fast in jeder disquotalen vGA eine Schenkung. In unserem Beispiel fiele pro Schenkung eine Schenkungsteuer von 3.000 Euro an (Schenkung 30.000 Euro minus Freibetrag 20.000 Euro ergibt 10.000 Euro mal 30 % ist 3.000 Euro Schenkungsteuer).Entwarnung durch den Gesetzgeber?Mit Gesetz vom 7. 12. 2011 hat der Gesetzgeber § 15 Erbschaftsteuergesetz, der die Steuerklassen regelt, dahingehend ergänzt, dass bei einer Schenkung durch eine GmbH für die Besteuerung auf das persönliche Verhältnis des Erwerbers zu dem Gesellschafter abzustellen ist, der letztlich die Schenkung veranlasst hat. Damit kommt wieder die „günstige“ Steuerklasse zur Anwendung. Leider hat der Gesetzgeber den § 16 Erbschaftsteuergesetz, der die Freibeträge regelt, nicht entsprechend ergänzt. Damit ist derzeit zweifelhaft, ob weiterhin nur der geringe Freibetrag der GmbH anzuwenden ist.Sicher erhalten bleibt uns jedoch: Schenker ist die GmbH! Damit wird der Betriebsprüfer zukünftig bei jeder disquotalen vGA an einen Gesellschafter oder einer vGA an einen Nicht-Gesellschafter neben der Körperschaft- und Gewerbesteuer auch die Schenkungsteuer im Auge haben. Personengesellschaften nicht betroffenVon der geschilderten Problematik sind die Kapitalgesellschaften (insbesondere also die GmbH und die AG) betroffen. Nicht betroffen sind die Personengesellschaften, also auch die sog. „GmbH & Co. KG“. Für diese gilt nach wie vor, dass Schenkender nicht die Gesellschaft, sondern der bzw. die Gesellschafter sind. Gerhard Duile, Rechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung1. Früher waren bei einer Schenkung einer GmbH oder einer AG schenkungsteuerlich der oder die Gesellschafter als Schenker anzusehen. Damit lag bei einer vGA oft gar keine Schenkung vor, und wenn doch, dann waren die Schenkungsteuerfreibeträge und Steuerklassen anzuwenden, die im Verhältnis Gesellschafter/Beschenkter maßgeblich waren.2. Nunmehr ist immer die Gesellschaft der Schenker. Damit ist jede disquotale vGA eine Schenkung. Ob nur der Freibetrag von 20.000 Euro zur Anwendung kommt oder doch die persönlichen Freibeträge zwischen Gesellschafter und Beschenktem, ist derzeit offen.3. Stellt der Betriebsprüfer eine vGA an einen Nicht-Gesellschafter oder eine disquotale vGA an einen Gesellschafter fest, dann ist immer mit einer Schenkungsteuer zu rechnen.Kommentar< Man muss sich schon fragen, was den BFH geritten hatte, bei einer verdeckten Gewinnausschüttung keine Schenkung des Gesellschafters, sondern eine Schenkung der GmbH anzunehmen. Aus meiner Sicht war die frühere Regelung der Finanzverwaltung sachgerechter, plausibler und hätte somit nicht zu Änderungen führen müssen, weder durch Rechtsprechung noch durch Gesetz oder Verwaltungs-anweisungen – und erst recht nicht zu den erneuten Rechtsunsicher-heiten! >

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