Versicherungsgeschäft: Gewappnet für die Zukunft

Auf den Kfz-Handel warten im Versicherungsgeschäft zahlreiche neue Herausforderungen. AUTO-HAUS sprach mit Peter Meier, Direktor der Nürnberger Allgemeinen Versicherungs-AG, über den Dürkop-Verkauf, gesetzliche Änderungen und die Digitalisierung des Fahrzeugs. AH: Herr Meier, Ihr Unternehmen hat vor kurzem die Beteiligung an der Dürkop-Gruppe verkauft. Warum ziehen Sie sich gerade jetzt zurück? P. Meier: Den Rückzug aus dem Geschäft haben wir bereits mit dem Jahrtausendwechsel eingeleitet. Als berufsständischer Versicherer haben wir uns eine gewisse Position im Kfz-Handel geschaffen. Mit dieser Entwicklung war ein jahrzehntelanges Engagement im Autohandel verbunden. Unsere heutige Position erfordert dies nun nicht mehr. Zudem hat sich das Geschäft gewandelt. Gründe für Dürkop-Verkauf AH: Was hat sich verändert? P. Meier: Die gesetzlichen Änderungen und Regulierungsmaßnahmen der EU erfordern unsere vollste Konzentration, um in der Wettbewerbswelt weiter bestehen und den Wachstumskurs fortsetzen zu können. Aus diesem Grunde konzentrieren wir unsere Ressourcen im Management und bei den Mitarbeitern künftig auf unsere Kernkompetenz, den Versicherungsverkauf. Zudem findet keine komplette Trennung statt. Wir werden weiterhin mit einem kleinen Anteil beteiligt sein und das Geschäft begleiten. AH: Das bedeutet, Sie sind dort weiterhin aktiv. Welche Pläne haben Sie bei Dello und der Dürkop Gruppe für das Versicherungsgeschäft? P. Meier: Wir werden alle Versicherungsaktivitäten unter unserer Führung bündeln. Dabei wird es sicherlich Möglichkeiten geben, Synergien zu nutzen. Wir sind gerade gemeinsam dabei, dies auszuarbeiten. Für konkrete Aussagen ist es allerdings noch zu früh. AH: Wie kam es überhaupt zum Engagement in der Dürkop-Gruppe? P. Meier: Unser damaliges Engagement zielte darauf ab, im Kfz-Gewerbe Fuß zu fassen. Dazu gehörte auch eine direkte Beteiligung im Autohandel, die bei uns in den 90er Jahren zur Expansion geführt hat. Mit der Neuentwicklung des Konzerns haben wir diese Beziehung wieder entflochten und uns umstrukturiert. AH: Wird sich an Ihrem Vertriebsweg Autohaus etwas ändern? P. Meier: Nein. Im Kfz-Gewerbe wollen wir unsere starke Position nicht nur verteidigen, sondern in allen Bereichen weiter ausbauen. Allerdings werden wir hierfür Anpassungen vornehmen müssen. Das verlangen die geänderten Rahmenbedingungen. Qualitätsstandards für Vermittler AH: Welche sind das und inwieweit betreffen sie den Kfz-Handel? P. Meier: Wir sind dem Verhaltenscodex der deutschen Versicherungswirtschaft für den Vertrieb beigetreten. Dieser beinhaltet u. a. Compliance-Regeln, Anforderungen an die Beratung und Betreuung der Kunden sowie eine umfassende Weiterbildung der Vermittler. Die Einhaltung der Regeln wird von Wirtschaftsprüfern kontrolliert. Dies ist eine Initiative der deutschen Versicherungswirtschaft. Zusätzlich tritt voraussichtlich 2016 die zweite Auflage der EU-Richtlinie über Versicherungsvermittlung in Kraft (IMD2), die dann europaweite Regeln für den Vertrieb von Versicherungen aufstellt. Die Anforderungen an die Kundenberatung und Weiterbildung sind mittlerweile sehr streng und gelten für alle Vermittler, auch für Autohäuser. AH: Bitte nennen Sie ein Beispiel ... P. Meier: Wenn es sich um eine Vollagentur im Sinne des Gesetzes (§34d GewO) handelt, müssen innerhalb von fünf Jahren 200 Weiterbildungspunkte nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass der Versicherungsvermittler an zirka fünf Tagen pro Jahr eine Weiterbildung zu Versicherungsthemen absolvieren muss. Der Händler hat diese Regularien auch einzuhalten, wenn unsere Mitarbeiter das Geschäft abwickeln. Beim Modell des produktakzessorischen Vermittlers, nach dem der Händler lediglich die Kfz-Versicherung anbietet, sind die Anforderungen deutlich geringer. Wie diese konkret aussehen, wird die IMD2 klarstellen. AH: Wie gehen Sie nun vor? P. Meier: In diesem Jahr werden wir die Veränderungen mit unseren Agenturpartnern vertraglich umsetzen. Das betrifft auch die Provisionen für die Vermittlung von Versicherungen. Neben einigen anderen Wirkungen beschränkt das Lebensversicherungsreformgesetz die Provisionen, die aus einem Versicherungsvertrag gezahlt werden können, der Höhe nach. Derzeit finden die Verhandlungen mit unseren Autohauspartnern statt. Änderungen bei der Provision AH: Wird sich an der Höhe der Vergütung etwas ändern? P. Meier: Im Zuge der Veränderungen schließen wir mit unseren Autohauspartnern neue, interessante Vereinbarungen. Diese variieren je nach Art und Umfang der Zusammenarbeit, so dass ich hier keine allgemeingültige Aussage treffen kann. Vielleicht so viel: Die Autoversicherung soll künftig gegenüber den anderen Sparten ein etwas stärkeres Gewicht haben. Wir gehen aber davon aus, dass im Autohaus am POS von den Automobilverkäufern mehr Aktivitäten gesetzt werden, als das bisher der Fall ist. AH: Wie hoch sind die Provisionen jetzt? P. Meier: Das Vergütungsmodell ist gestaffelt und hängt von dem hinterlegten Agenturvertrag ab. AH: Wann treten die gesetzlichen Regelungen in Kraft? P. Meier: Verhaltenscodex und LVRG gelten bereits, deshalb auch der aktuelle Handlungsbedarf. IMD2 wird 2016/2017 in Kraft treten. AH: Zu welchem Vermittlungsmodell raten Sie den Händlern? P. Meier: Für den Handel sind beide Varianten zu empfehlen. Aus unserer Sicht hängt es von der Größe des Betriebes und der Stärke der Versicherungsaktivitäten ab. Ich persönlich erwarte bei vielen kleinen Händlern eine deutliche Entwicklung hin zum produktakzessorischen Verkauf. AH: Welchen Kurs verfolgen Sie angesichts der Änderungen künftig? P. Meier: In den Vollagenturen werden wir uns ab einer bestimmten Größenordnung auch weiterhin auf unsere Angestellten konzentrieren. Bei den kleinen Agenturen setzen wir künftig auf eine Betreuung durch selbstständige Generalagenten im Kfz-Gewerbe. Die nennen wir bewusst so, da sie die Nähe zum Kfz-Gewerbe einnehmen. Diese kümmern sich um mehrere Händler für deren Betriebsversicherungen, die Versicherung der Angestellten in den Betrieben und sie sorgen für entsprechendes Cross-Selling. Letzteres ist für uns ein wichtiges Geschäftsfeld, das wir im Handel weiterhin flächendeckend umsetzen wollen. Digitalisierung des Fahrzeugs AH: Autonomes Fahren ist derzeit in aller Munde. Wie aktuell ist das Thema für Sie? P. Meier: Es geht nicht ausschließlich um das autonome Fahren, sondern um die Digitalisierung des Fahrzeugs. Auch das automatische Notrufsystem E-Call steht als gesetzliche Vorgabe ab 2018 verpflichtend an. Für uns ist es wichtig, weiterhin einen Zugang zu den Fahrzeugdaten zu erhalten - wie auch die Werkstätten und der Handel. Das beinhaltet eine standardisierte, diskriminierungsfreie und sichere Schnittstelle für den Austausch der Kfz-Daten. AH: Warum ist diese offene Schnittstelle so wichtig für Ihr Unternehmen? P. Meier: Bei freien Zugangsdaten können Handel und Versicherung ihr Geschäftsmodell weiter vorantreiben. Zudem könnten Autofahrer die Kontrolle über ihre Fahrzeugdaten behalten. Würden die Daten hingegen abgeschottet, wären ganze Geschäftsmodelle gefährdet. Alleine der Hersteller hätte dann noch einen Zugang dazu. AH: Gibt es hierfür bereits eine gesetzliche Absicherung? P. Meier: Nein. Allerdings soll diese offene Schnittstelle laut EU bald gesetzlich verankert werden. Autonomes Fahren und E-Call AH: Welche Herausforderungen kommen mit dem autonomen Fahren auf die Branche zu? P. Meier: Beim vollautonomen Fahren tritt eine neue Haftungssituation ein, die zunächst geklärt werden muss. Auch wir bereiten uns darauf vor, diese Fahrzeuge künftig zu versichern. AH: Wie bereiten Sie sich auf E-Call vor? P. Meier: Hier ist es ähnlich wie mit dem autonomen Fahren. Wir arbeiten an dieser Stelle mit dem ZDK, den Landesverbänden und unserem Verband, dem GDV, zusammen. Das Wichtigste ist, dass die durch den E-Call erzeugten Daten auch uns zur Verfügung gestellt werden. AH: Was sind die wichtigen Ziele für 2015? P. Meier: Für uns ist es besonders wichtig, den Vertriebskanal über das Autohaus zu stärken. Die Kfz-Versicherung dient als Türöffner zu den Kunden. Gleichzeitig gilt es, die Kundenbindung über das Autohaus hinaus weiter zu festigen. Das tun wir seit über 40 Jahren und sehen keine Veranlassung, es in den Grundzügen zu ändern. AH: Herr Meier, vielen Dank für das Gespräch! Interview: Daniela Kohnen Kurzfassung Der berufsständische Versicherer hat sich kürzlich aus dem Dürkop-Geschäft zurückgezogen. Das Unternehmen wird zunehmend durch Gesetze und die Digitalisierung des Fahrzeugs gefordert. Davon ist auch der Kfz-Handel mit dem Agenturgeschäft betroffen.

ZDK zum Bürokratieabbau: "Der Kfz-Meister wird in der Werkstatt gebraucht"

Nach 30 Jahren als Geschäftsführer: Philip Pfohe räumt Chefsessel

BMW Deutschland: Customer Support unter neuer Leitung

Verbrennungsmotor: Aston Martin sieht noch Potenzial

Dekra: Neuer Geschäftsführer in Österreich

Alle Schlagzeilen

Versicherungsgeschäft: Gewappnet für die Zukunft

WEITERLESEN

NEWSLETTER