TÜV Süd Spanien: Großes Wachstumspotenzial

AH: Herr Sanguino, wie ist die Hauptuntersuchung in Spanien organisiert? R. Sanguino: Die spanische Zentralregierung legt die technischen Anforderungen für die Periodical Technical Inspection (PTI) fest. Es gibt hier keine Trennung von AU und HU. Das Betriebsmodell hängt dann von den unterschiedlichen Regelungen der 17 unabhängigen Regionen ab. Diese Bestimmungen können deutlich voneinander abweichen. Es gibt im Prinzip vier verschiedene Reglements für das Betreiben von Prüfstellen. Auf der einen Seite existiert ein freier Markt, wie beispielsweise in Madrid oder auf den Kanaren. Jeder, der die Voraussetzungen erfüllt, kann hier eine Prüfstelle eröffnen. Den Preis legt dann jeder Anbieter fest. Das ist ein sehr liberales Modell. Das genaue Gegenteil ist, dass die Regierung über ein eigenes Unternehmen selbst die PTI durchführt, wie zum Beispiel in Andalusien und Asturien. Dazwischen gibt es verschiedene Modi unter anderem mit langjährigen Konzessionen von zehn bis zwanzig Jahren, die man an zwei oder drei Anbieter vergibt. Dann gibt es noch die jährliche Autorisierung einer festgelegten Anzahl von Prüfstellen. Bei beiden letzteren wird der nichtverhandelbare Preis von der Regierung festgelegt. Es darf davon dann keine Abweichungen geben. Aufgrund der Vorgaben ist das Prüfungsangebot ziemlich kleinteilig. Es gibt neben den großen Anbietern sehr viele, die nur über eine einzige Prüfstelle verfügen. AH: Wie ist TÜV Süd in Spanien aufgestellt? R. Sanguino: TÜV Süd ist im Süden von Spanien mit dem Prüfwesen 1982 als Joint Venture mit ATISAE gestartet. Die PTI wurde in den 80er Jahren erst verbindlich für Pkw vorgeschrieben. Wir haben also schon eine lange Tradition im Prüfwesen. Inzwischen gehören wir mit sieben Prozent Marktanteil zu den Top-5 der Unternehmen, die in Spanien die Hauptuntersuchung anbieten. 2016 haben wir dann ATISAE vollständig übernommen. Wir verfügen jetzt über 31 Prüfstationen in fünf Regionen. Für das Prüfwesen haben wir 600 Beschäftigte, vor allem Prüfinspektoren. Der PTI-Inspektor muss in Spanien kein Ingenieur sein. Eine Meisterausbildung ist die Regel. Wir bieten natürlich auch der Industrie unsere Dienstleistungen an. Insgesamt beschäftigt TÜV Süd 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Den größten Teil des Geschäfts generiert der Bereich Mobility. Wachstumsfelder AH: Wo wollen Sie noch wachsen? R. Sanguino: Es gibt wie bereits angesprochen noch viele kleine Anbieter. Hier ergeben sich Gelegenheiten zur Übernahme - also Wachstum durch Zukäufe. Auf der anderen Seite gibt es noch gute Chancen, um organisch zu wachsen, vor allem in den Regionen, die liberalisierte Regelungen haben, wie zum Beispiel hier in Madrid. Im Gegensatz zu anderen Ländern hat die HU ausschließlich in autorisierten Prüfstellen zu erfolgen. Jeder muss zur HU-Prüfung fahren. Dafür darf dort nur die PTI durchgeführt werden. AH: Wie groß ist der Markt? R. Sanguino: Der spanische Fuhrpark hat ein Volumen von ca. 35 Millionen Fahrzeugen. Pro Jahr gibt es 22 Millionen HU. Man muss nach vier Jahren zum ersten Mal zur PTI. Dann alle zwei Jahre. Ab dem zehnten Jahr muss das Fahrzeug alle zwölf Monate geprüft werden. Das Durchschnittsalter der Autos beläuft sich auf 14 Jahre. AH: Welche Qualität hat der Name TÜV in Spanien? R. Sanguino: Man kennt den TÜV in Spanien. Die Bedeutung wie in Deutschland müssen wir uns noch erarbeiten. Die Bezeichnung für die HU lautet hier: "ITV". AH: Die Plakette gibt es in Spanien nicht! R. Sanguino: Dafür gibt es einen Aufkleber für die Windschutzscheibe. Es gibt aber eine digitale Plakette. Das heißt, die Daten über die erfolgte Prüfung wird direkt zur Polizei bzw. den zuständigen Behörden übertragen. Bei jeder Kontrolle wird also bekannt, ob eine PTI erfolgt ist oder nicht. Die Verfolgung von Überschreitungen hält sich aber in Grenzen. Es gibt auch keine Punkte wie in Deutschland. AH: Wie arbeitet TÜV Süd mit dem Kfz-Gewerbe zusammen? R. Sanguino: Wie in Deutschland gibt es eine strikte Trennung zwischen Autohaus und dem Bereich der PTI. Im Bereich "Mobility Industrie" aber gibt es viele Serviceleistungen, die gut angenommen werden. Wir unterstützen den Handel im Gebrauchtwagengeschäft, technischem Training und Nachhaltigkeit (Sustainability). Wir rechnen hier mit einem großen Wachstumspotenzial, weil die Anforderungen an die Unternehmen sehr hoch sind und eine Unterstützung definitiv benötigt wird. AH: Vielen Dank für das Gespräch.

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