Ausgabe 07/2008: GW-Gesamtstrategie

GW-Geschäft / Hersteller-Strategien zum GW-Management GW-Gesamtstrategievon Prof. Hannes Brachat, Franz RostekDer givit-Gebrauchtwagenreport 2008 beinhaltet eine Komplettschau zum GW-Management. Nachfolgend werden die strategischen Schwerpunkte für die zukünftige Ausrichtung des GW-Geschäftes seitens der Automobilhersteller skizziert. Gesättigte Märkte schaffen spezifische Gegebenheiten! Die Modelloffensive im Neufahrzeuggeschäft kann innerhalb der jeweiligen Marken nur gelingen, wenn das Gebrauchtwagengeschäft den wachsenden Anforderungen entspricht. Allein 2008 werden 200 Neuerscheinungen, davon 70 echte neue Modelle, auf dem Markt eingeführt. Notwendige Neuwageneroberungskäufe, Markenbindung, das lässt sich nur mit Erfolg gestalten, wenn das GW-Geschäft richtig positioniert ist. Gewichtige Feststellung: Ein erfolgreiches Neuwagengeschäft lässt sich ohne Gebrauchtwagen nicht realisieren!Die Ertragsperspektiven für den Service standen schon auf sichererem Sockel. Die Finanzdienstleistungen allein können ein weiter sinkendes Ertragsmanko nicht herausreißen. Gewichtige Feststellung: Das Gebrauchtwagengeschäft wird zu einem noch wichtigeren Ertragsstabilisator! Auch hinsichtlich Werkstattauslastung! Damit ist eine grundlegende Aussage zu treffen: Mittelfristig sind die Erträge über den Sektor Gebrauchtwagen spürbar auszubauen. Das GW-Geschäft ist künftig ausschlaggebend für den Gewinn des gesamten Händlerbetriebes.Wie kann das gelingen? Über eine langfristig angelegte (internationale) Gebrauchtwagen-Gesamtstrategie zwischen Hersteller und Handel. Die für das GW-Geschäft vorgegebene Liberalität im Rahmen der GVO 2002 bleibt davon unberührt. Sie möge zwar dem einen und anderen Hersteller weiterhin als Alibifunktion dienen. Strategisch würde dabei aber auf beiden Seiten zu kurz gesprungen. Die Forderung: Die Hersteller haben gemeinsam mit dem Handel eine GW-Gesamt-Konzeption aufzulegen, die Prozesse klar zu definieren und die GW-Standards an möglichst vielen Standorten sichtbar nach vorne zu bewegen. Das strategische Zusammenwirken soll dem Handel, dem Hersteller wie dem Kunden dienen. Für den Handel steht zuerst die Differenzierungsstrategie gegen dessen Hauptwettbewerber, den Privatmarkt sowie einen wachsenden freien Automobilhandel im Vordergrund. Im Markenhandel werden nachweislich die qualitativ besten Gebrauchtwagen offeriert. Sicht des HerstellersDer Hersteller hat über das strategische GW-Management ein wichtiges Steuerungsinstrument für die eigenen Markenpotenziale, kann Marktunebenheiten egalisieren, qualitative Beurteilungskriterien über die eigenen Fahrzeuge erhalten (Produktqualität), die Restwerte beeinflussen, hoch halten, Vermarktungsstrategien der Rückläufer umsetzen, die Politik für "Junge GW" prägen, internationale Ausformungen entwickeln, auf den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeuges einwirken, auf aktuelle Marktveränderungen reagieren bzw. den Gesamtbereich Verkauf am Markt aktiv gestalten. Konzeption der GW-Hersteller-ProgrammeDer givit-GW-Report zeigt ausführlich die gegenwärtig bestehenden GW-Konzeptionen der einzelnen Hersteller auf. Dort wird man von Marke zu Marke in den Programminhalten große Unterschiede feststellen. Analysieren wir die Inhalte, so gibt es ganz wenige Marken, die ein Gesamtkonzept, geschweige denn eine wirklich eigene GW-Marke vorlegen können. Die reinrassige GW-Marke auf dem deutschen Markt gibt es ausschließlich für die Marken Volkswagen und Audi. Die Marken "Volkswagen First Class" wie "Audi Gebrauchtwagen:plus" (Fotos oben) werden gegenwärtig massiv und ganzseitig in Tageszeitungen beworben. Als Marke sei definiert, was als solche internationale Eintragung vorweisen kann. Die meis-ten Hersteller fahren eigentlich ein Programmpaket. Nochmals Programme! Es wird bewusst nicht von einer GW-Marke gesprochen, ob BMW Premium Selection, Fiat Auto Export, Citroen Eurocasion, Ford A1 Programm, Hyundai Gecheckt & Perfekt, Jaguar First Class Quality, Lexus Select, Opel Zertifizierte GW, Peugeot Qualitäts-GW, Renault 7-Sterne Gebrauchtwagen. An den "Alibi-Marken-Bezeichnungen" erkennt man vielfach deren internationale Ausrichtung. Bislang beteiligen sich je nach Hersteller zwischen 50 bis 80 Prozent der Händlerschaft an den empfohlenen GW-Programmen. Eine (internationale) Flächendeckung ist bislang bei keiner "Marke" gegeben. Einige Hersteller sprechen in Sachen GW zur Stunde keinerlei Empfehlung aus geschweige denn haben ein Programm. Andere üben sich schon seit Jahren – z. B. Ford A1 – in der Umsetzung. Viele Projekte verlieren an Elan und schlafen wieder ein, je nachdem, wer auf dem "GW-Stuhl" des Herstellers sitzt. GW-ProgramminhalteWer aktiv die GW-Programme leben möchte, ist echt gefordert. Da dürfen beispielsweise – so vorgegeben – keine anderen Fahrzeuge als die Programmfahrzeuge vertrieben werden. Die Programm-CI ist nur für die Programmfahrzeuge zugelassen. Natürlich ist der Bezug von Programmfahrzeugen über den Hersteller möglich. Schließlich nutzt der Hersteller diesen Kanal als eigenen Absatz-Katalysator. Die verkauften GW sind an den Hersteller zu melden. Die Teilnahme am Programm ist vielfach an eine Betriebsgröße – bei Skoda beispielsweise 80 GW-Verkäufe pro Jahr – gebunden, an vorhandene Ausstattung, ans Erscheinungsbild etc. Die CI-Berechtigung ist immer nur für einen Standort ausgesprochen. In der Regel ist ein GW-Verantwortlicher vorgegeben. Auch hinsichtlich der Info-Technologie werden Vorgaben gemacht. Der Teilnehmer unterhält einen eigenen Internet-Auftritt und setzt die Marketinginstrumente aktiv ein. Der Programmname ist regelmäßig einzusetzen. Jährlich wird die Einhaltung der Standards überprüft, wie der Hersteller auch Umsetzungsempfehlungen ausspricht. Fremdmarken sind ganz klar abzugrenzen. Der Händler integriert in sein System auch die GW-Herstellerbörse. Bei Volkswagen sind die Fahrzeuge bis zu vier Jahre alt und auf 100.000 km Laufleistung begrenzt. Opel differenziert sein Programm mit Premium, Select und Economy. Dazu gehören jeweils unterschiedliche Bausteine. Die Übersicht links zeigt die einzelnen Leistungsbausteine von verschiedenen Hersteller-GW-Programmen. Einige Bausteine sind selbstredend. Die anderen sollen kurz erläutert werden. Unter die Rubrik Handelsmarketing fallen die nationale Kommunikation, Werbemittel, Werbekostenzuschüsse, Verkaufsförderung, Dokumentenmappe, POS-Materialien, Testkäufe, lokale Werbung, GW-Verkaufsaktionen, GW-Aktionswochen etc. Unter das Dach der CI fällt die Signalisation, Fassade, Tafelwand, Anzeigenauftritt; ein separater, befestigter GW-Platz, die Beflaggung etc. E-Commerce-Management umfasst die Themen der (eigenen) GW-Börse, Online-Kanäle, Remarketingangebote, Zukaufsmöglichkeiten, Sonderbonus Dienstwagen etc. Der Dachbegriff Beratung, Schulung, Training beinhaltet die betriebswirtschaftliche Sicht der Dinge, Prozessabläufe, Systemtraining, Produkttraining, strategische Themen, Neukundengewinnung, GW-Kennzahlen, Präsentation und Auszeichnung, Bestandsmanagement, Einkaufskalkulation, Sortiments- und Bestandsorganisation, Nachbetreuungsmöglichkeiten, Fahrzeugbewertung, Internet-GW-Verkauf, Remarketing-Geschäfte, Verkäufersteuerung, GW-Bezugsquellen, Preisstrategie, An- und Zukaufsquellen, Kundenerwartungen, Marktanalyse, Rechtsfragen, Finanzdienstleistungen.Dem Thema Restwert-Management wird im givit-GW-Report 2008 ein separates Kapitel gewidmet. Ist der Restwertverfall gar das Endstadium einer bisher nie geahnten Rabatthybris? Auf die Thematik Fahrzeuggarantie wird in einem Folgebeitrag eingegangen. Finanzierung-Leasing-Versicherung: Wer mit offenen Augen durch die GW-Verkaufslandschaft geht, stellt gerade bei den Herstellerbanken fest, dass die GW-Finanzierung einen unterbelichteten Status hält. Das gilt sowohl für die GW-Einkaufsfinanzierung und die GW-Endkundenfinanzierung. Fahrzeug-Vermarktungsstrategie: In diese Rubrik fällt die komplette Vermarktung der Rückläufer. In diese Rubrik gehört auch die Hersteller-Unterstützung für aktiven Zukauf. Über den Hersteller bzw. über die Händlerverbände könnten elektronische Einkaufssysteme entwickelt werden. In Sachen Langsteher stehen Abverkaufsaktivitäten auf der Forderungsliste. Interne, sprich geschlossene Händlerbörsen. Wenn gezielte Neuwagen zu verkaufen sind, dann bedarf es gezielter GW-Subventionen. Dem Handel fehlen Autos 3 bis 6 Jahre alt. Da sind die Halter der Vorgängermodelle anzusprechen etc. FazitReichte bislang die Tauschrelation NW:GW mit 1:1,2 aus, sollten es zukünftig 1:2 sein! Die Herausforderung für den Handel lautet: ein profitables Wachstum im GW-Geschäft zu erwirtschaften und gemeinsam mit dem Hersteller dazu die geeigneten Vertriebsformate kundenorientiert zu schaffen.

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