Ausgabe 05/2010: Kontaktsperre

KontaktsperreBundesdatenschutzgesetz E Änderungen im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) stellen Autohäuser vor neue, jedoch zu bewältigende Anforderungen. Wer jetzt schläft, darf seine Kunden über kurz oder lang nicht mehr kontaktieren.Customer Relationship Management (CRM) und Telemarketing bieten Chancen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, bergen aber auch Risiken. Kundendaten dürfen nicht mehr einfach verwendet werden, es gilt allerdings eine Übergangsfrist bis August 2012. AUTOHAUS sprach mit Rechtsanwalt Robert Mühlbauer, der unter anderem auf dem Gebiet des Datenschutzrechts tätig ist.AH: Herr Mühlbauer, seit September 2009 gelten zugunsten der Verbraucher neue, engere Vorgaben des BDSG. Nach dem neuen Recht müssen Verbraucher der Nutzung ihrer Adressdaten für Werbezwecke aktiv zustimmen. Was ist für das Autohaus darunter zu verstehen?R. Mühlbauer: Generell gilt im Datenschutzrecht der Grundsatz, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig ist, wenn eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der betroffene Kunde seine entsprechende Einwilligung erklärt hat. Dies galt aber auch schon vor der jüngsten Reform. Im konkreten Bezug auf die Werbung ist die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten nach wie vor zulässig, soweit der Betroffene auch hierzu seine Einwilligung erteilt hat. Die Einwilligung des Betroffenen sollte dabei grundsätzlich schriftlich erfolgen. Neu ist jedoch, dass das Autohaus dem Kunden im Falle einer anders als in Schriftform erteilten Einwilligung den Inhalt der Einwilligung schriftlich bestätigen kann bzw. muss. Bisher durften – grob gesprochen – personenbezogene Daten der Neu- bzw. Bestandskunden zu Werbezwecken verwendet werden, wenn und solange der Verbraucher dem nicht widersprochen hat. Nach dem neuen Recht muss der Kunde der Nutzung seiner Daten zu Werbezwecken mehr oder weniger aktiv zustimmen. Die damit befassten Personen sprechen diesbezüglich von einer sog. opt-in-Regelung.Frist für BestandsdatenAH: Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten ist es für das Autohaus wichtig, durch Telefon- und E-Mail-Marketing aktiv auf seine Kunden zuzugehen. Ist das nun nicht mehr möglich?R. Mühlbauer: Natürlich ist es weiterhin möglich, aktiv Marketing zu betreiben. Nach der Reform des BDSG ist die Datennutzung zu Werbezwecken weiterhin zulässig, jedoch lediglich unter strengeren Voraussetzungen. Und hier haben die Autohäuser sowie Vertreter vieler anderer Branchen nun eben Handlungsbedarf. Der Gesetzgeber hat eine sog. Übergangsregelung vorgesehen. Diese besagt, dass für die Nutzung der vor dem 1. September 2009 erhobenen oder gespeicherten (Kunden-)Daten zu Werbezwecken noch bis 31. 8. 2012 die bisherige alte Rechtslage gilt; für alle Kundendaten, die ab dem 1. September 2009 erhoben wurden, gilt das reformierte Datenschutzrecht, sprich es muss die Einwilligung vorliegen. Nach dem 31. 8. 2012 muss dann auch die Einwilligung der „Altkunden“ vorliegen. Jedes Autohaus kann für sich prüfen, welcher prozentuale Anteil der erhobenen Daten aus der Zeit vor dem 1. September 2009 stammt. Meiner Meinung nach dürfte dieser sicher über der Schwelle von 90 % liegen. Für diesen wesentlichen Teil der Kundendaten besteht nun die Möglichkeit, die Einwilligung bis zum 31. 8. 2012 zu generieren. Dem gegenwärtigen Wirbel um die „opt-in-Erklärung“ sollte man also zwar aufmerksam gegenüberstehen, jedoch die Thematik auch mit dem notwendigen Überblick betrachten. Der Gesetzgeber bietet hier eine ausreichende Übergangsfrist, die das Autohaus mit Sorgfalt nutzen sollte.Einwilligungserklärung vorlegenAH: Und wie verhält es sich mit Neukunden, die das erste Mal ins Autohaus kommen?R. Mühlbauer: Nun, der Gesetzgeber fordert für die Werbung eine Einwilligung. Die neuen Vorgaben des BDSG erfordern dabei nur einen geringfügigen Mehraufwand und führen – wenn man es einmal so betrachtet – sogar zu Gunsten der Autohäuser zu mehr Rechtssicherheit. Am sinnvollsten ist es, dem Kunden beim ersten Kontakt eine geeignete Einwilligungserklärung durch den Serviceberater oder den Verkäufer vorzulegen, die der Kunde dann im Sinne des Autohauses unterschreibt.AH: Wie wichtig ist diese Einwilligungserklärung bei Neukunden, die nach dem 1. 9. 2009 ins Autohaus kommen, und welche Auswirkungen kann eine nicht unterschriebene Einwilligungserklärung haben?R. Mühlbauer: Entscheidend ist zunächst einmal, dass der verantwortliche Mitarbeiter des Autohauses überhaupt um die Bedeutung der Einwilligung des Kunden weiß. Ihm muss klar sein, welche Konsequenzen sich aus dem Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Einwilligung ergeben. Der Mitarbeiter sollte geschult sein, welche vielfältigen und für das Überleben des Autohauses wichtigen Maßnahmen von dem Vorliegen der Einwilligung abhängen. Das komplette Marketing basiert auf den Daten des Kunden. Führt der Mitarbeiter keine Einwilligung herbei, hat das Autohaus den Kunden im Grunde verloren, wenn dieser nicht von selbst erneut auf das Autohaus zukommt. Der Kunde ohne Einwilligungserklärung wird hinsichtlich der Werbung zur „Dateileiche“. Dies gilt unabhängig davon, ob das Autohaus Marketing mit eigenen Mitarbeitern oder einem ausgegliederten Callcenter betreibt. Eine systematische Marktbearbeitung, die von allen Herstellern gefordert wird, ist ohne Einwilligung des Kunden nicht mehr durchführbar. Die Umsatzzahlen eines Autohauses werden über kurz oder lang widerspiegeln, wie sehr sich ein Autohaus um die Einwilligung seiner Kunden bemüht hat.AH: Ist das Werbe-opt-in an bestimmte Formen gebunden?R. Mühlbauer: Die Werbe-opt-in-Erklärung sollte idealerweise schriftlich eingeholt werden. Ist die Einwilligung nicht schriftlich erteilt, also z. B. mündlich oder telefonisch, muss das Autohaus dem Kunden den Inhalt der Einwilligung schriftlich bestätigen. Eine Ausnahme gilt wiederum für den Fall, dass die Einwilligung des Kunden elektronisch erklärt wird und das Autohaus sicherstellt, dass die Einwilligung protokolliert wird und der Kunde deren Inhalt jederzeit abrufen und die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben. Insgesamt muss man noch wissen, dass zur Einhaltung der Schriftform die eigenhändige Unterschrift des Erklärenden gehört.AH: Darf das Autohaus seine Kundendaten für CSI-Befragungen an den Hersteller bzw. an ein Meinungsforschungsinstitut weiterleiten?R. Mühlbauer: Generell ist eine Datenübermittlung zulässig, wenngleich auch hier bestimmte Voraussetzungen zu beachten sind. Unter Umständen gelingt es dem Autohaus, den Kunden insgesamt von der Notwendigkeit der Datenverarbeitung und -nutzung zu überzeugen, so dass dieser auch einer Weitergabe seiner Daten zu diesen Zwecken zustimmt. Von rechtswissenschaftlicher Seite her wäre sogar zu überlegen, ob diese Thematik dem Bereich der Meinungsforschung zugeordnet werden kann, die weniger strenge Anforderungen stellt. Allerdings werden sich diesbezüglich die Geister noch trefflich streiten. Ein Urteil des OLG Köln besagt zum Beispiel, dass es sich selbst bei Meinungs- und Marktforschung um einen Werbeanruf handelt, jedoch ist dieses Urteil in der Revision vor dem BGH und das Urteil beruht noch auf altem Recht. Ob es sich bei den CSI-Umfragen der Hersteller nun um Meinungs- und Marktforschung mit deren geringeren Voraussetzungen gegenüber der Werbung handelt, wird sicherlich ebenfalls noch höchstrichterlich bewertet werden müssen. Ungeachtet dessen ist zu beachten, dass die Nutzung zu eigenen Zwecken wie eingangs geschildert zulässig ist und ein Callcenter/Kundenservicecenter im Wege der Auftragsdatenverarbeitung somit für das Autohaus selbst auftreten kann.AH: Was erwarten Sie für die nächste Zukunft?R. Mühlbauer: Wie skurril die Angelegenheit sich insgesamt darstellt, mag man daran erkennen, dass der Gesetzgeber eigens eine Vorschrift in das Gesetz aufgenommen hat, wonach die Bundesregierung dem Bundestag bis zum 31. 12. 2014 über die Auswirkungen der vorgenommenen Änderungen der einschlägigen Vorschriften Bericht erstatten muss; sofern sich aus Sicht der Bundesregierung gesetzgeberische Maßnahmen empfehlen, soll dieser Bericht auch einen Vorschlag enthalten. Von daher lässt sich eine gezielte Prognose für die Zukunft nicht treffen. Sicher scheint mir, dass weitere Änderungen kommen werden. Zu hoffen ist, dass es für den einen oder anderen dann aber nicht schon zu spät ist, denn die „Verschärfung“ hinsichtlich der Werbung kann – auch branchenübergreifend – doch zu einigen spürbaren Verschiebungen führen. AH Kurzfassung1. Bisher durften personenbezogene Daten zu Werbezwecken verwendet werden, wenn und solange der Verbraucher dem nicht widersprochen hat. 2. Nach dem neuen Recht muss der Kunde der Nutzung seiner Daten zu Werbezwecken mehr oder weniger aktiv zustimmen.3. Die Einwilligung muss entweder schriftlich erfolgen, oder das Autohaus muss dem Kunden eine mündlich gegebene Einwilligung schriftlich bestätigen.4. Bis August 2012 gilt eine Übergangsfrist. Bis dahin dürfen vor dem 1. 9. 2009 erhobene Daten weiterhin verwendet werden.5. Es gilt, rechtzeitig die Mitarbeiter zu sensibilisieren und in der Zeit bis August 2012 Einwilligungen der Kunden einzuholen.6. Kunden, die der Verwendung ihrer Daten nicht zugestimmt haben, sind für das Autohaus „Dateileichen“.

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