Ausgabe 07/2013: Magenverstimmung

MagenverstimmungDeutsches Kfz-Gewerbe – Durchwachsene Bilanz für 2012, verhaltene Aussichten für 2013. Von doris PlateMit einem blauen Auge davongekommen ist das Kfz-Gewerbe im Autojahr 2012. Die Bilanz des Spitzenverbandes ZDK: Die Umsätze im Neuwagengeschäft gingen um acht Prozent auf 54,6 Milliarden Euro zurück. Dafür legte das Servicegeschäft um 3,2 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro zu und der Gebrauchtwagenhandel um 5,8 Prozent auf 44,2 Milliarden Euro. Die Rendite der Betriebe lag im Händlerdurchschnitt bei etwa 1,4 Prozent und damit um 0,6 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. „Nach einem kleinen Zwischenhoch im vergangenen Jahr ist die Rendite wieder im Abwärtstrend, weil der Preiskampf im Neuwagengeschäft zum Teil irrationale Züge angenommen hat“, sagte ZDK-Präsident Robert Rademacher anlässlich der Jahrespressekonferenz des Kfz-Verbandes am 20. März in Berlin. „Nicht zuletzt durch die hohe Zahl der Kurzzulassungen entsteht beim Handel ein großer Preisdruck sowohl im Neuwagen- als auch im regulären Gebrauchtwagengeschäft“, fuhr der Verbandsvertreter fort. Und er befürchtet, dass die Rabattschlacht in diesem Jahr weiter gehen und sich möglicherweise sogar noch verschärfen wird. Die Folge: Im Jahr 2013 könnte die Rendite im Gewerbe durchschnittlich unter ein Prozent fallen, auch wenn sich Service und Gebrauchtwagensektor wie vom Verband prognostiziert auf Vorjahresniveau stabilisieren. Kurzzulassungen sind „unverantwortlicher Wahnsinn“ Denn den Neuwagenmarkt sieht der Verband unter drei Millionen bei etwa 2,9 Millionen Einheiten. „Mehr als drei Millionen Einheiten können es nur werden, wenn der unverantwortliche Wahnsinn mit den Kurzzulassungen, trotz vieler gegenteiliger Beteuerungen, ungebremst weitergehen sollte“, wetterte Rademacher. Im vergangenen Jahr waren etwas mehr als 900.000 Neufahrzeuge und damit fast 30 Prozent der Zulassungen als Hersteller- und als vom Hersteller beim Handel veranlasste Zulassungen auf die Straße gekommen. Das sind nach Rademachers Berechnungen etwa 300.000 Hersteller- und Händlerzulassungen zu viel: „Das ist ein deutlich zu großer Schluck über den Durst, der dem Handel nun eine beträchtliche Magenverstimmung einträgt.“ Die Gesamtzahl der Betriebe nahm denn auch im vergangenen Jahr wieder deutlicher ab als zuvor. 200 verschwanden 2012 vom Markt, darunter genauso viele fabrikatsgebundene Autohäuser wie freie Werkstätten. Von den 37.800 verbleibenden Betrieben sind 17.500 fabrikatsgebunden und 20.300 frei.Fabrikatsgebundene Internet-börsen in VorbereitungDen zweiten Branchenaufreger, die Neuwagenbörsen, sprach ZDK-Vizepräsident Ulrich Fromme in seinem Statement an. Den Protagonisten meinauto.de und Autohaus24.de will der Branchenverband markenspezifische Online-Plattformen entgegensetzen: „Dafür haben wir Eckpunkte formuliert“, teilte der Vorsitzende der Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen mit. Da dies jedoch eine ausgesprochen komplexe Materie sei und auch IT-Spezialisten hinzugezogen werden müssten, wird die Umsetzung noch einige Zeit dauern. Erste Vorgespräche mit den Herstellern und Importeuren hätten aber gezeigt, dass diese durchaus offen für eine solche Lösung seien. Der Bedeutung des Internets beim Neuwagenverkauf kann laut Fromme aber auch auf einem anderen Weg Rechnung getragen werden: Eine gemeinsame Suchmaschinen-Strategie von Händlern eines Fabrikats mit den jeweiligen Herstellern würde eine deutlich höhere Sichtbarkeit im Netz bringen – und die Kunden so wieder verstärkt in die Autohäuser locken. Derzeit sei ein Leitfaden hierzu in der Endabstimmung. In Kürze werde der ZDK eine entsprechende Infomappe an die Händlerverbände geben. Hülsdonk schimpft über WerkstattportaleStabilität für das Gewerbe brachte erneut der Werkstattumsatz. Er stieg 2012 nochmals um fast eine Milliarde Euro. Die Werkstattauslastung lag mit 83 Prozent nur knapp unter dem Vorjahr (84 Prozent). Bundesinnungsmeister Wilhelm Hülsdonk fand dafür viele Gründe: Das Potenzial steigt weiter, weil die Gesamtzahl der in Deutschland registrierten Pkw und Kombi um über 500.000 Fahrzeuge gestiegen ist. Rechnet man Krafträder, Omnibusse, Lkw, Zugmaschinen und übrige Kraftfahrzeuge hinzu, sogar um 655.000. Das Durchschnittsalter ist hoch und liegt aktuell bei 8,7 Jahren. Und die Fahrzeughalter investieren mehr Geld pro Fahrzeug in Verschleißreparaturen: Waren es 2011 noch durchschnittlich 173 Euro pro Fahrzeug, stieg diese Zahl in diesem Jahr auf durchschnittlich 215 Euro. Aber auch im Servicegeschäft schwinden die Renditen. Wie Hülsdonk erläuterte, liegt dies zum einen daran, dass die Wartungshäufigkeit im Laufe der vergangenen zehn Jahre von durchschnittlich 1,08-mal pro Fahrzeug und Jahr auf inzwischen 0,9-mal pro Fahrzeug und Jahr zurückgegangen ist. Die Gründe dafür liegen in der gestiegenen Qualität der Fahrzeuge und den verlängerten Wartungsintervallen.Hinzu kommen nicht kostendeckende Servicepakete und All-Inclusive-Flatrates. „Eine weitere Gefahr für die Rendite im Service sehe ich in den Bestrebungen, nun auch Serviceleistungen über sogenannte Werkstattportale zu verramschen. Wenn nur der Preis das Auswahlkriterium ist, geht dies zwangsläufig auf Kosten von Qualität, Vertrauen und Sicherheit.“ Hülsdonk nannte die Werkstattportale „durchweg kritikwürdig“ und schimpfte: „Das hat mit Transparenz nichts zu tun.“ ■KurzfassungNiedrigere Umsätze im Neuwagengeschäft konnten 2012 durch Zuwächse im Service und Gebrauchtwagengeschäft zumindest teilweise aufgefangen werden. Die Rendite verringerte sich um 0,6 Prozentpunkte auf 1,4 Prozent. Für 2013 befürchtet der ZDK-Präsident eine Fortsetzung der Rabattschlacht. Die Rendite könnte deswegen weiter fallen – auch wenn sich nach Einschätzung des Branchenverbandes Service und Gebrauchtwagensektor auf Vorjahresniveau stabilisieren werden. Entwicklung des Kfz-Bestandes in DeutschlandJahrPkwKraftomnibusseLkwMotorräderGesamt201243.431.124 76.023 2.578.567 3.982.97852.391.012201142.927.647 75.988 2.528.656 3.908.07251.735.177201042.301.563 76.463 2.441.377 3.827.89450.902.131200941.737.627 76.433 2.385.099 3.762.56150.184.419200841.321.171 75.270 2.346.678 3.658.59049.602.623200741.183.594 75.068 2.323.064 3.566.12247.147.848

ZDK zum Bürokratieabbau: "Der Kfz-Meister wird in der Werkstatt gebraucht"

Nach 30 Jahren als Geschäftsführer: Philip Pfohe räumt Chefsessel

BMW Deutschland: Customer Support unter neuer Leitung

Verbrennungsmotor: Aston Martin sieht noch Potenzial

Dekra: Neuer Geschäftsführer in Österreich

Alle Schlagzeilen

Ausgabe 07/2013: Magenverstimmung

Magenverstimmung

WEITERLESEN

NEWSLETTER