Ausgabe 21/2012: Mensch im Mittelpunkt

Mensch im Mittelpunkt 1. AUTOHAUS-Personalsymposium – Personalmanagement ist eine strategische Führungsaufgabe und bedarf eines ganzheitlichen Ansatzes. von Christian Frederik MertenWie schwer tun sich Autohäuser, die richtigen Mitarbeiter für sich zu gewinnen? Welche Instrumente setzen sie ein, diese Mitarbeiter dann auch an sich zu binden? Und welche Rolle spielt professionelles Personalmanagement im Wettbewerb um die besten Köpfe? Um diese Fragen drehte sich das erste AUTOHAUS-Personalsymposium am 24. Oktober in München. Zu Gast in der Redaktion waren Steffen Beck, Personalreferent, Hahn-Gruppe; Eveline Döhring, Personalleiterin, Dürkop-Gruppe; Robert Grgic, Leiter Personalwesen, Procar; Professor Ralf Mertens, Fachhochschule Stralsund sowie Claus Reutter, Geschäftsführer, Tool24.Die Frage, wie schwierig die Besetzung freier Stellen derzeit sei, beantworteten die Experten unterschiedlich. Claus Reutter schätzt die Lage allgemein so ein: „Markenimage und Standort spielen eine massive Rolle. Je südlicher, je ballungsraumorientierter ich bin, desto schwieriger gestaltet sich die Suche.“ Ralf Mertens konstatierte dagegen eine übergreifende Schwierigkeit bei der Suche nach geeigneten Kandidaten: „Probleme, Personal zu finden, haben alle.“ Selbst im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern mit seiner hohen Arbeitslosigkeit seien gute Autoverkäufer oder Mechaniker recht schnell unterzubringen. Vor diesem Hintergrund ergänzte er: „Die Branche tritt auch gegen andere Branchen an. Es ist also auch eine Frage der Entlohnung und der Perspektiven, gute Mitarbeiter zu bekommen.“ Insgesamt gehe die Personalproblematik aber weit über die reine Suche hinaus: „Autohäuser, die künftig erfolgreich sein wollen, müssen Mitarbeiter gewinnen, motivieren und binden.“Auch die Hahn-Gruppe tritt im Wettbewerb um gute Mitarbeiter gegen besser zahlende Branchen an. In der industriell geprägten Region Stuttgart buhlt sie nicht nur mit Herstellern, sondern auch mit deren Niederlassungen um Mitarbeiter. Personalreferent Steffen Beck: „Es ist zunehmend schwer, aus der Vielzahl der Bewerbungen qualifizierte und passende Bewerber auszuwählen. Daher setzen wir schon seit längerem auf ausgefeilte Recruiting-Tools zur Beurteilung der Bewerber.“ Und man lasse eine Stelle lieber länger offen, um letztendlich eine langfristig optimale Besetzung zu finden.Topkräfte haben die WahlAllerdings scheint die Personalsuche nicht für jedes Unternehmen gleich schwierig zu sein, da sie verschiedenen Einflussfaktoren unterliegt. So beschreibt Eveline Döhring die Mitarbeitersuche für die über fünf nördliche Bundesländer verteilten Standorte der Dürkop-Gruppe wie folgt: „Bei uns ist es regional sehr unterschiedlich.“ Besonders schwierig sei die Suche auch für Dürkop an Standorten mit starker industrieller Prägung wie Hannover oder Kassel, wo unter anderem Volkswagen als attraktiver Arbeitgeber auftritt. Grundsätzlich gelte aber: „Wenn wir im Vertrieb jetzt suchen würden, ständen wir vor einer großen Herausforderung.“Dass eine attraktive Marke den Sucherfolg unterstützt, beschreibt Robert Grgic für den BMW-Partner Procar: „Wir handeln ein Premiumprodukt, da haben wir Vorteile bei der Rekrutierung und der Arbeitgeberattraktivität.“ So bejaht er die Frage, ob derzeit genügend Leute zu finden wären, sieht die Bewerber aber unter bestimmten Voraussetzungen im Vorteil: „Die guten, qualifizierten Topkräfte können sich ihren Arbeitgeber aussuchen.“ Sie seien jedoch kaum mehr mit althergebrachten Instrumenten wie Zeitungsannoncen zu erreichen: „Die muss man direkt ansprechen.“ Authentizität hilftAls weiteren Erfolgsfaktor bei der Suche nach geeignetem Personal nennen die Experten Authentizität. Um gute Mitarbeiter zu gewinnen, müssten Unternehmensleitbilder, -grundsätze oder -philosophien zwingend gelebt werden. Sollten Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, ist sich Robert Grgic sicher: „Spätestens nach der Einstellung merkt ein neuer Mitarbeiter, ob man einhält, was man verspricht.“ Umgekehrt verbessere ein stimmiges Betriebsklima jedoch die Chancen für Autohäuser, geeignete Mitarbeiter zu finden: „Stimmt das Klima, tragen die Mitarbeiter nach außen, welch tollen Arbeitsplatz sie haben.“ Durch Mundpropaganda positioniere sich das Autohaus so als attraktiver Arbeitgeber. Auch bei Dürkop hat man damit gute Erfahrungen gemacht: „Wir informieren bei Stellenausschreibungen auch immer die Mitarbeiter, damit sie Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder ansprechen können“, so Eveline Döhring.Das funktioniert laut Ralf Mertens aber nur dann, wenn es im Betrieb stimmt: „Vergessen Sie es, mit frohen Botschaften nach außen zu gehen, wenn Sie keine hohe Mitarbeiterzufriedenheit haben.“ Er wies auf die zunehmende Transparenz durch Internet-Plattformen hin, die Arbeitnehmern anonym die Bewertung ihrer Arbeitgeber ermöglichen. „Künftig werden sich die Bewerber auf diesen Plattformen informieren und schauen, was denn wirklich los ist.“Darüber hinaus sieht Claus Reutter die zunehmenden Ansprüche an die Bewerber als zusätzliches Erfolgshindernis bei der Personalsuche: „Der Segen der Zertifizierung, Standards und Qualifizierung, die die Hersteller in die Branche eingebracht haben und die grundsätzlich ja auch richtig sind, erweist sich gleichzeitig als Fluch der Rekrutierung.“ Er nennt bis zu acht Jahre Ausbildungs- und Qualifikationszeit, bis Mitarbeiter reguläre Fachkrafttätigkeiten ausüben könnten. „Die Branche ist höchstqualifiziert. Wir suchen keine Verkäufer mehr, sondern qualifizierte Verkäufer“, so Reutter. Das habe auch Konsequenzen für die Attraktivität der Arbeitsplätze im Handel: „Viele Bewerber aus anderen Branchen kommen gar nicht mehr, weil sie Angst haben vor dieser Branche.“Binden durch EntwicklungSind die Mitarbeiter aber erst einmal an Bord, heißt es, sie an das Unternehmen zu binden. Denn mit jedem ausscheidenden guten Mitarbeiter verliert das Autohaus nicht nur wertvolle Kompetenz, die Fluktuation ist zudem mit immensen Kosten verbunden. Eveline Döhring konkretisiert für Dürkop: „In Brandenburg ziehen ja mehr oder weniger alle jungen Leute weg. Wenn Sie selbst sehr gute Leute ausbilden, laufen Sie Gefahr, dass diese qualifizierten Fachkräfte anschließend in eine strukturstärkere Gegend abwandern.“So verwundert es nicht, dass Personalentwicklungsmaßnahmen eine wichtige Rolle in den Personalstrategien der Gesprächsteilnehmer spielen. Auch bei Dürkop: „Wir helfen uns mit intensiver Nachwuchsarbeit und sind seit mehreren Jahren bestrebt, gute Personalentwicklung auch im Mittelstand zu betreiben.“ Deshalb beschäftigt man seit eineinhalb Jahren eine eigene Mitarbeiterin für die Personalentwicklung, die als Psychologin gleichzeitig auch Erfahrungen aus dem Autohandel mitbringt. Die Dürkop-Akademie umfasst in diesem Zusammenhang Programme für Nachwuchs- und Führungskräfte ebenso wie ein Aufbauprogramm für ältere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und soll damit die Kontinuität der Personalentwicklung gewährleisten.Auch die Hahn-Gruppe ist in diesem Bereich mit ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm „Hahn-Akademie“ aktiv. „Einer unserer wichtigsten Erfolgsfaktoren ist die Qualifikation unserer Mitarbeiter. Dabei geht es neben der flächendeckenden Höherqualifizierung auch darum, Potenzialträger rechtzeitig zu identifizieren“, erklärt Steffen Beck die Zielsetzung. Das beginne bereits bei den Auszubildenden: „Wir schauen uns schon im ersten und zweiten Lehrjahr an, wohin sich die Auszubildenden entwickeln, damit wir sie im dritten Lehrjahr entsprechend einsetzen können“, so Beck. „Wir beginnen also schon zwei bis drei Schritte vorher.“Führungskräfte sensibilisierenEin wesentlicher Erfolgsfaktor der Personalentwicklung ist die Sensibilisierung der Führungskräfte. Ebenso wie Unternehmensleitsätze dürfte die Personalentwicklung nicht zu Lippenbekenntnissen verkommen, fordert Robert Grgic. Er stellt die Frage: „Möchten wir uns um die Ursachen kümmern oder nur Symptome kurieren?“ Die Antwort sei klar: „Es ist ein ganzheitliches Thema.“ Keinen Zweifel lässt Grgic auch daran, wen er dabei in der Verantwortung sieht: „Systeme alleine funktionieren nicht. Entscheidend ist die Führung dahinter, die Auffassung von Führung im Autohaus.“ Dieselbe Ansicht vertritt Ralf Mertens: „Wenn Sie oben das Verständnis nicht haben, können Sie den Rest auch sein lassen.“Gerade in großen Gruppen stellt sich die Frage der Führungskräftesensibilisierung wiederholt nach dem Zukauf neuer Betriebe. Eveline Döhring erklärt das Vorgehen bei Dürkop: „Wir überzeugen zunächst die Führungskräfte für unsere Arbeitsweise, um dann im nächsten Schritt das Vertrauen der Mitarbeiter in die Dürkop-Gruppe zu gewinnen.“ Dabei legt Döhring großen Wert darauf, „die Mitarbeiter der neuen Standorte nicht zu annektieren, sondern systematisch in die Gruppe einzugliedern.“Maßgabe der Entwicklung der Mitarbeiter muss laut Robert Grgic sein, dass Persönlichkeit und Aufgabe zusammenpassen. Er beobachtet jedoch: „Diese Frage wird im Autohaus oft nicht gestellt.“ Um die Persönlichkeit seiner Mitarbeiter kennenzulernen, setzt Grgic auch auf Potenzialanalysen. Denn wisse man um die Persönlichkeit der Mitarbeiter, verhindere man auch Fehlbesetzungen. „Nicht jeder Topseller ist auch eine gute Führungskraft“, nennt Grgic ein Beispiel. Ralf Mertens sieht hier für die Branche insgesamt noch Aufholbedarf: „Ich behaupte, nur ein Prozent der Händler beschäftigen sich heute mit der Frage: Passt die Persönlichkeit meiner Mitarbeiter überhaupt zu ihrer Stelle?“Personalmanagement verankernAll diese Maßnahmen sind aus Sicht der Experten nur mit professionellem Personalmanagement umsetzbar. Aber, so Claus Reutter: „Die meisten Gruppen haben es nicht. Es ist eines der Kernprobleme, dass die Bedeutung der Personalfunktion in den Köpfen vieler Chefs nicht angekommen ist.“ Denn während Marketing- oder Controlling-Verantwortliche nach langem Kampf mittlerweile Standard seien, gelte das für das Personalmanagement noch nicht. Entsprechende Positionen seien in den Organigrammen oftmals noch nicht berücksichtigt. „Aber nur dann habe ich im Unternehmen jemanden, der für professionelles Personalmanagement kämpft, es budgetiert und die Instrumente dafür schafft“, so Reutter. Er kritisiert, dass die Personalarbeit heute oftmals noch in anderen Bereichen mitläuft: „Personal macht man nicht nebenher.“ Den Symposiumsteilnehmern ist das bewusst. Robert Grgic: „Gute Personalarbeit ist die Wiege des Unternehmenserfolgs.“Autohandel im VorteilDennoch: Insgesamt scheint der Autohandel nicht die schlechteste Ausgangsposition im Rennen um neue Mitarbeiter zu besitzen. Besonders optimistisch zeigt sich Claus Reutter: „Der Automobilhandel ist aus meiner Sicht in einer komfortablen Situation und wird es auch bleiben.“ Ein Wettbewerbsvorteil ist ihm zufolge die nach wie vor hohe Attraktivität des Produktes. Reutter ist sich sicher: „Der Automobilhandel wird grundsätzlich immer zu den Gewinnern gehören.“ Gleichzeitig appelliert er an den Handel, die Zeichen der Zeit nicht zu übersehen: „Man muss heute kreativ und innovativ neue Wege gehen, die gesamte Klaviatur verschiedener Möglichkeiten beherrschen.“ Eine Anzeige zu schalten oder einen Personalberater zu beauftragen sei heute alleine zu wenig. Besonders wichtig ist Reutter die strategische Ausrichtung der Händler: „Ich wünsche mir, dass sich das Personalmanagement in den Köpfen als eigenständige Profession etabliert.“ ■Lesen SIe hier...... weshalb professionelles Personalmanagement im Autohandel erfolgsentscheidend ist.Kurzfassung1. Auch im Autohandel besteht die Herausforderung darin, die richtigen Mitarbeiter zu finden, zu motivieren und zu binden.2. Die Suche nach geeignetem Personal ist heute nicht für jedes Unternehmen gleich schwierig. Topkräfte können sich ihren Arbeitgeber aber schon jetzt aussuchen.3. Die Personalentwicklung trägt zur Mitarbeiterbindung und so zur Vermeidung von Fluktuationskosten bei.

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