Ausgabe 07/2013: Nachgefragt

NachgefragtMitarbeiterbefragungen – Mit dem Stimmungsbarometer versetzt sich Procar in die Perspektive seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. von Christian Frederik MertenDie Mitarbeiterfluktuation: Bereits heute ist sie mit viel Zeitaufwand und hohen Kosten verbunden. In Zukunft kommt in vielen Fällen ein weiteres Problem hinzu: Denn ausscheidende Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter werden künftig wohl nicht mehr so einfach zu ersetzen sein. Der Fachkräftemangel lässt grüßen – und gefährdet im Zweifelsfall die Handlungsfähigkeit der Unternehmen.Damit stellt sich in Zukunft vor allem eine Frage: Wie binde ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ich vielleicht sogar selbst ausgebildet habe und die meinen Betrieb und seine Abläufe aus dem Effeff kennen, an meine Organisation? Bei der Beantwortung dieser Frage schadet es wohl kaum, sich in die Mitarbeiterperspektive zu versetzen: Inwiefern fühlen sie sich als Mensch behandelt, welche Wertschätzung erfahren sie selbst, aber auch ihr Engagement für das Unternehmen? Wie nimmt die Belegschaft die Abläufe im Betrieb wahr? Und nicht zuletzt: Welche Perspektiven sehen sie für ihre Zukunft? Antworten auf diese und andere Fragen können Mitarbeiterbefragungen liefern.Der Mensch im FokusRobert Grgic, Personalleiter des BMW- und Mini-Händlers Procar, setzt bereits seit 2009 auf Mitarbeiterbefragungen. Er ist sich sicher: „Wir differenzieren uns einzig und allein über unsere Mitarbeiter.“ Deshalb besitzt die Procar-Differenzierungsstrategie einen ganz besonderen Fokus. „Das ist bewusst der Mensch“, unterstreicht Grgic. Dass Procar diesen Weg geht, dafür sprechen ganz handfeste Gründe. Denn aus Sicht Robert Grgics bestimmt die Qualität der Einstellung der Menschen – zu ihrer Arbeit, zu ihrem Leben, zu ihren Kollegen oder zu ihrer Firma – wesentlich, wohin sich das gesamte Unternehmen entwickelt.Grgic sieht die heutige Herausforderung für alle Unternehmen vor allem darin, dass sie sich immer schneller und wirtschaftlicher den sich immer kurzfristiger ändernden Aufgaben stellen müssen. Das wirke sich ebenfalls auf die Mitarbeiterführung aus: „Will ich, dass sich unsere Organisation in einer entsprechenden Reaktionsfähigkeit auf Markt- und Kundenbedürfnisse mitwandelt, erreiche ich das nur durch die Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit der Mitarbeiter.“ Die Erkenntnis, dass die Mitarbeiter der wichtigste Vermögensgegenstand sind, sei auch in den meisten Fällen vorhanden. Die Konsequenzen für die Unternehmenssteuerung würden aber bisher selten gezogen: „Noch immer werden die meisten People-Businesses geführt und gesteuert wie ein Bundesligaverein, der seinem Stadion mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt als seinen Spielern.“ Oder kurz gefasst: „Die Menschen, die an Bord sind, entscheiden über Erfolg oder Misserfolg.“Ein Instrument, die mitarbeiterorientierte Strategie in die Praxis umzusetzen, ist die Stimmungsbarometer genannte Mitarbeiterbefragung. Robert Grgic: „Da kann ich die Mitarbeiter ganz gezielt fragen: Welche Probleme behindern, belasten Sie?“ Wichtig ist ihm die regelmäßige Erhebung. Procar führt die Befragung einmal im Jahr durch: „Nur dann erhalte ich den Verlauf der Ergebnisse und sehe mögliche Ansatzpunkte.“Mit dem Stimmungsbarometer möchte Procar nicht nur Reibungspunkte und Optimierungspotenziale selbst, sondern vor allem deren Ursachen identifizieren. Und die sind Grgics Erfahrung nach fast immer Führungs- und Kommunikationsprobleme. Das bestätigten auch die Ergebnisse des Stimmungsbarometers immer wieder. Sie sollen daher nicht nur helfen, den Gesamtprozess zu verbessern, sondern den Führungskräften auch ihre Arbeit erleichtern. Denn: „Wenn ich schlecht kommuniziere, habe ich später viel Nacharbeit“, so Grgic. „Das kostet mehr Zeit, Nerven und schlechte Ergebnisse, als wenn ich es von vornherein richtig mache.“ Dass es aber an den Führungskräften ist, die Optimierungspotenziale anzugehen, daran lässt Grgic bei aller Unterstützung keinen Zweifel: „Ich entlasse niemanden aus der Eigenverantwortung.“Externe UnterstützungBei der Konzeption und Durchführung des Stimmungsbarometers unterstützt Procar ein externer Dienstleister. „Wenn Sie das mit Bordmitteln machen, bleibt immer ein Misstrauen“, so Grgic. 2009 arbeitete man mit dem Münchner GEFA-Institut zusammen, seit 2010 setzt Procar mit dem Bochumer Diplom-Sozialwissenschaftler Andreas Thehos auf einen lokalen Partner. Der gewährleistet auch die anonyme Durchführung und Auswertung der Befragung. Das gilt auch nach der Umstellung auf eine Online-Befragung im Jahr 2012, zu der die Procar-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter erstmals per Mail mit Link und Zugangscode eingeladen wurden. „Da ist nichts, auch nicht über die IP-Adresse, nachzuvollziehen“, versichert Grgic. Und wer doch noch Zweifel hat, „den lade ich gerne ein, die Fragen auf meinem Computer zu beantworten.“Nur drei Monate dauerte die Vorbereitung auf das erste Stimmungsbarometer. Dabei zählte Procar aber nicht nur auf die Expertise des externen Partners, sondern auch auf das Fachwissen der eigenen Mitarbeiter im Personalbereich sowie auf Praxiserfahrungen anderer Unternehmen. „Einer unserer Großkunden hat uns seine Lösung als Referenz zur Verfügung gestellt“, nennt Grgic ein Beispiel. So erfolgte die konkrete Entwicklung des Fragebogens. Damit war es aber nicht getan. Denn natürlich galt es, die Mitarbeiter mit ins Boot zu holen, um eine breite Akzeptanz zu erreichen. „Deshalb haben wir das Stimmungsbarometer in den Führungskreisen vorgestellt“, so Robert Grgic. „Und die einhellige Meinung war: Das ist gut. Machen.“Im Schnitt 60 Prozent BeteiligungBlickt Grgic auf die vergangenen Jahre zurück, beteiligten sich im Mittel etwa 60 Prozent der Belegschaft am Stimmungsbarometer. Die Ergebnisse werden nicht nur auf Gesamtebene, sondern auch für einzelne Standorte oder Abteilungen ausgewertet. Denn die Mitarbeiter geben im Rahmen der Befragung an, wo und in welcher Organisationseinheit sie beschäftigt sind. Dennoch bleibt die Anonymisierung auch hier gewahrt: „Detailauswertungen erhalten wir nur dann, wenn mehr als fünf Mitarbeiter je Einheit geantwortet haben.“Erster Empfänger der Ergebnisse ist der Vorstand, im Anschluss erfolgt die Diskussion mit den Filialleitern. Sie entscheiden auch, in welcher Form sie ihre Mitarbeiter von den Ergebnissen des Stimmungsbarometers in Kenntnis setzen – zum Beispiel ob schriftlich oder persönlich im Rahmen einer Präsentation. Dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert werden, steht aber außer Frage. „Die Belegschaft hat ein Recht darauf, zu erfahren, wie das Ergebnis ausgefallen ist“, unterstreicht Grgic. „Und da, wo die Ergebnisse signifikant abweichen, lassen es sich Geschäfts- und Personalleitung auch nicht nehmen, die Resultate persönlich vorzustellen.“Denn die Erfahrung zeigt: „Es besteht eine Korrelation zwischen dem Ergebnis des Stimmungsbarometers auf der einen und zum Beispiel der Mitarbeiterzufriedenheit, den Fehlzeiten, der Kundenzufriedenheit, dem Betriebsergebnis oder der Fluktuation auf der anderen Seite.“ Grund genug also, mögliche Baustellen aktiv anzugehen. Als Beispiel für derartige Maßnahmen nennt Grgic Workshops mit den betreffenden Standorten oder Abteilungen. Damit kommt Procar seinem wesentlichen Ziel näher, nicht nur das Kapital, sondern aktiv auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu steuern. Aus Sicht Robert Grgics macht sich das Stimmungsbarometer gleich doppelt bezahlt. Auf der einen Seite durch eine angenehme Arbeitsatmosphäre: „Wir möchten eine Unternehmenskultur schaffen, in der der Energiemotor aus Respekt, Wertschätzung und Anerkennung in eine Vertrauenskultur mündet.“ Auf der anderen Seite – auch als Resultat der Unternehmenskultur – ganz rational in Form wirtschaftlichen Erfolgs. „Ineffiziente Arbeitsorganisationen und defizitäre oder sogar miserable Führung richten hohen wirtschaftlichen Schaden an“, so Robert Grgic. Und ergänzt mit Blick auf den Menschen im Mittelpunkt der Procar-Strategie: „Letzten Endes kann man alle wirtschaftlichen Vorgänge im Autohaus auf drei Worte reduzieren: Menschen, Produkte und Profite. Wenn man kein gutes Team hat, kann man mit den beiden anderen nicht viel anfangen.“ ■Lesen SIe hier...... weshalb Mitarbeiterbefragungen einen wichtigen Beitrag zum professionellen Personalmanagement leisten.Kurzfassung1. Seit 2009 befragt der BMW-, Mini- und Rolls-Royce-Händler Procar seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen seines Stimmungsbarometers.2. Die Mitarbeiterbefragung findet regelmäßig einmal im Jahr statt.3. Für Personalleiter Robert Grgic ist das Stimmungsbarometer Ausdruck der Differenzierungsstrategie des Unternehmens, die den Menschen in den Fokus stellt.Über Procar:Marken: BMW, BMW Motorrad, Mini, Rolls RoyceStandorte: 15 in Castrop-Rauxel, Erkelenz, Hagen, Herne, Iserlohn, Köln, Menden, Solingen, Sprockhövel, Unna, Velbert und WuppertalMitarbeiter: 850NW-Verkäufe 2012: 6.500GW-Verkäufe 2012: 8.000Werkstattdurchgänge 2012: 150.000

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