Volvo: Neue Autos für neue Zielgruppen

KURZFASSUNG: Jedes Jahr ein neues Elektroauto und ein Premium-Kundenerlebnis - das sind zwei der Bausteine für den Wachstumskurs von Volvo. Außerdem soll ein unechtes Agentursystem eingeführt werden. Herrik van der Gaag blickt positiv in die Zukunft. Der Volvo Car Germany Geschäftsführer spricht über Nachfragedellen, begeisterte Kunden und den Auslauf der Dieselproduktion. AH: Wie ist das Jahr 2023 bis jetzt für Volvo gelaufen? Herrik van der Gaag: So weit sehr zufriedenstellend. Wir haben gut begonnen, unsere Wachstumsstrategie funktioniert. Natürlich zeigen die Zulassungszahlen, die wir jetzt sehen, das Geschäft von gestern. Aber auch unser Orderbuch ist sehr gut gefüllt. Deswegen sind wir auch für dieses Jahr zuversichtlich. AH: Von den Autohäusern hört man, dass die aktuellen Verkäufe massiv eingebrochen sind und die Zulassungen derzeit nur steigen, weil die Orderbank abgearbeitet wird. Was erwarten Sie für dieses Jahr noch? H. van der Gaag: Es trifft zu, dass durch die Konjunkturdaten in diesem Jahr eher eine Fluktuation zu sehen ist. Wir blicken dennoch positiv in die Zukunft, da das Kundeninteresse an unseren Fahrzeugen ungebrochen hoch ist. Das hat sich gerade wieder mit Blick auf den neuen Volvo EX30 bestätigt, mit dem wir für einige Wochen durch den Handel getourt sind. Hier haben sich Interessenten zum Teil sogar angestellt, um zu testen, ob ihr Kinderwagen in den Kofferraum passt. Immer wenn Förderungen geändert werden, gibt es vor dem Auslaufen noch einen Run, danach wird es naturgemäß ruhiger. Und man darf auch die aktuellen Zinssätze nicht vergessen. Die Leasingraten sind doch stark nach oben gegangen. Unser Ziel ist es aber dennoch, am Ende des Jahres wieder auf dem Niveau von 2019 zu liegen. (49.000 Einheiten, Anm. d. Red.) Eroberungsauto EX30 AH: Auf dem EX30 ruhen große Hoffnungen. Wie lief der Vorverkauf bis jetzt? H. van der Gaag: Sehr gut. Deutschland ist hier einer der führenden Märkte in Europa. Das ist interessant, weil wir hierzulande in Sachen Elektromobilität nicht gerade an der Spitze liegen. Das Auto kommt hervorragend an - auch bei Nicht-Volvo Fahrern. Das ist ein Eroberungsauto und wird uns zusätzliches Geschäft mit einer neuen Zielgruppe bringen. Auch im Handel hat das Auto für Begeisterung gesorgt. Über Zahlen möchte ich aber noch nicht sprechen. AH: Seit dem 1. September gibt es keine Leasingwertunterstützung mehr für BEVs. Die Händler befürchten dadurch erhebliche Probleme. Warum haben Sie das gemacht? H. van der Gaag: Die Leasingwertunterstützung für die BEVs hatte viel damit zu tun, wie in der Vergangenheit die Förderung für Elektrofahrzeuge ausgesehen hat. Hier hat sich das Wettbewerbsumfeld aber geändert. Wir werden sehen, wie das weitergeht. Aber natürlich werden wir immer dafür sorgen, dass unsere Autos wettbewerbsfähig sind. Keine Diesel mehr AH: Ab Januar 2024 will Volvo keine Verbrenner mehr produzieren, wie geht es weiter? H. van der Gaag: Wir werden ab Januar 2024 nur keine Dieselmotoren mehr produzieren. Unsere fortschrittlichen Plug-in- und Mild-Hybride werden neben den vollelektrischen Modellen aber weiter gebaut, ausgenommen natürlich bei ganz neuen Modellen. So ist der neue Volvo EX90 ebenso wie der Volvo EX30 ausschließlich als vollelektrisches Modell erhältlich. Und so wird es dann auch bei den anderen Fahrzeugen aussehen, die in den kommenden Jahren einen entsprechenden Nachfolger erhalten. Die neue, hierfür von Volvo entwickelte Plattform ist nicht für die Nutzung mit Verbrennern ausgelegt. Die Varianten mit Plug-in- oder Mild-Hybrid werden dann, je nach Modell, früher oder später auslaufen. AH: Wie viele Fahrzeuge wollen Sie im nächsten Jahr verkaufen? H. van der Gaag: Mehr als dieses Jahr! Wir versuchen mit dem Volvo EX30 zusätzliche Verkäufe zu generieren. Er soll künftig rund 25 Prozent unseres Gesamtvolumens ausmachen. Jedes Jahr ein neuer BEV AH: Und mit welchen Fahrzeugen soll das gelingen? Bisher hat zum Beispiel der XC60 Diesel einen Großteil der Verkäufe ausgemacht. Der BEV des XC60 kommt aber erst 2025. H. van der Gaag: Wir haben uns noch eine genügende Anzahl der Volvo XC60 Diesel-Produktion für den deutschen Markt gesichert, die 2024 ausgeliefert werden kann. In den kommenden Jahren werden wir jedes Jahr ein neues BEV-Modell auf den Markt bringen, ob das im Jahr 2025 der vollelektrische Nachfolger des Volvo XC60 sein wird, lasse ich an dieser Stelle mal offen . AH: Wie war die Händlerrendite im Jahr 2022 und was erwarten Sie 2023? H. van der Gaag: Wir wissen, dass unsere Partner mit Volvo gutes Geld verdient haben. Der Unternehmergeist wird auch 2023 sehr wichtig sein, eine Steigerung der Effizienz wird hier auch einen Beitrag liefern. Ich bin positiv gestimmt, dass unsere Volvo Partner als eigenständige Unternehmer auch im kommenden Jahr ein positives Geschäft machen werden. Herausforderung unechte Agentur AH: In England wurde im Juni das Agentursystem eingeführt. Wie läuft das dort? Wie haben sich die Verkäufe seitdem entwickelt? H. van der Gaag: Es hat überraschend gut begonnen. Die Engländer sind auf Zielkurs für dieses Jahr. Natürlich gibt es Herausforderungen an Systeme und Prozesse. Was sehr gut läuft, ist die Zusammenarbeit des Handels mit den Volvo-Kollegen in UK. Es gibt das gemeinsame Ziel, effizienter mehr Volumen zu machen. Die nächsten Monate werden spannend. Ich bin froh, dass wir nicht der erste Markt sind, in dem das eingeführt wird. Der deutsche Markt ist sehr professionell, deswegen wollen wir gut vorbereitet sein. Wir wollen bei unserer Wachstumskurve nicht auf den Pausenknopf drücken. Wenn wir wachsen wollen, müssen wir das Wachstum aus dem Markt holen. Die Wettbewerber sind schon da. Der Kunde erwartet mittlerweile einfach die optimale Vernetzung von Online und Offline: Er ist digital unterwegs und möchte dann aber die Probefahrt im Autohaus machen und dort spezielle Fragen klären. Er erwartet, dass er zum Beispiel digital einen Servicetermin oder eine Probefahrt buchen kann. Auch bei einer späteren Nachfrage im Kundencenter muss das funktionieren. Erst dann reden wir über eine Premium Customer Experience. AH: Für die Einführung des Agentur-systems in England gab es auch eine Reduzierung der Modellvarianten. H. van der Gaag: Ja. Aber das hatte vor allem auch damit zu tun, dass die Kollegen in UK das Geschäft auf die gut laufenden Varianten konzentrieren wollten - das ist von Markt zu Markt unterschiedlich. In Deutschland bieten wir alle Varianten an. Effizienteres Vertriebsmodell AH: In Deutschland soll das Agentur-system 2025 eingeführt werden. Laufen die Vorbereitungen dafür nach Plan? H. van der Gaag: Wir werden ein unechtes Agentursystem einführen. Es geht hierbei aber nicht darum, dass wir eine Deadline einhalten, sondern das neue System muss gut genug sein, um damit leben zu können. Ich sehe das kaufmännisch. Wir müssen unsere Wachstumsstrategie nachhaltig umsetzen. Ob wir 2025 schon so weit sind, weiß ich nicht. Früher kommt der Zeitpunkt aber auf jeden Fall nicht, denn die Kollegen in unserem schwedischen Mutterhaus sind derzeit noch mit anderen Ländern beschäftigt. Das ist okay, denn davon lernen wir. Entscheidend ist, dass unser Vertriebsmodell effizienter wird. Das ist eine spannende Reise, die damit zu tun hat, wie wir gemeinsam und nachhaltig wachsen. Wir sind froh, dass wir ein Händlernetz haben, das sich um Beratung, eine gute Tasse Kaffee und Service kümmert. Es ist in unserem Interesse, dass der Händler einen nachhaltigen Betrieb hat und in eine Premium Customer Experience investieren kann. Die Branche steht nicht still. Volvo versucht, die Transformation partnerschaftlich gemeinsam mit seinen Partnern umzusetzen. Ich hoffe, die Händler sind trotz der spannenden Zeiten entspannt, weil sie informiert sind. Wir investieren viel Zeit, um die Händler mit auf die Reise zu nehmen. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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