Ausgabe 09/2013: Riskante Auslandsgeschäfte

Riskante Auslandsgeschäftegelangensbestätigung – Auch die ab Oktober geltende Neuregelung macht innergemeinschaftliche Lieferungen nicht problemlos, vor allem in Abholfällen mit Barzahlung. Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGDie Verunsicherung ist nach wie vor groß, wenn es um innergemeinschaftliche Lieferungen geht. Noch gilt bis zum 30. September dieses Jahres die „alte“ Regelung über den Buch- und Belegnachweis, dann aber soll endgültig die neue Regelung – Stichwort Gelangensbestätigung – in Kraft treten. Alles soll dann besser werden. Besonders soll dies für den Fiskus gelten, der sich eine Verminderung des Umsatzsteuerbetruges verspricht. Trügerische SicherheitKennt der deutsche Unternehmer seinen europäischen Kunden, hat er seinen Betrieb schon gesehen, ist die Abfrage der USt-IdNr. kein Problem, und lässt der Kunde mit Lieferadresse zu seinem Betrieb Fahrzeuge vom Spediteur abholen, so wäre das Geschäft auch umsatzsteuerlich kaum ein Problem. Die Praxis sieht leider anders aus. Per Fax-Austausch geschlossene Kaufverträge, vermeintlich von einem reellen EU-Unternehmer, dessen Briefköpfe jedoch schlichtweg nachgemacht oder gestohlen sein können, und in der Folge sodann die Abholung mit Barzahlung des Fahrzeugs! – Und dann stellt sich heraus, dass der vermeintliche Abnehmer leugnet, dass Kaufvertrag und Abholung durch ihn veranlasst worden sind. Jedenfalls also behauptet er dies, wenn gegen ihn selbst wegen Umsatzsteuerbetrügereien ermittelt wird. Ist sodann der Abholer nicht identifizierbar oder ermittelbar, steht gegebenenfalls Aussage gegen Aussage: Der deutsche Unternehmer kann dann die Steuerbefreiung zur Überzeugung von Finanzverwaltung und Finanzgerichten nicht beweisen. Der Abholer des Fahrzeugs in Deutschland könnte also sehr wohl für jemand anderen gehandelt haben oder gar selbst Käufer des Fahrzeugs sein. Für die für ihn günstige Tatsache der steuerfreien Ausfuhrlieferung trägt jedoch der deutsche Unternehmer die Darlegungs– und Feststellungslast. Zauberwort „Vertrauensschutz-regelung“In solchen und ähnlichen Sachverhaltskonstellationen lehnen die Finanzämter die Steuerfreiheit ab. Die Finanzgerichte sind dann gefragt, ob der deutsche Händler, der sich vom Abholer die Verbringung an den vertragsgemäßen Lieferort hat bestätigen lassen, Vertrauensschutz genießt. Denn die Angaben des Abholers, für wen er die Abholung und wohin er die Verbringung des Fahrzeuges durchführt, sind oft gelogen. Dabei werden von der Rechtsprechung an die Sorgfaltspflichten des Unternehmers strenge Anforderungen gestellt – nahezu überzogene Anforderungen! Handelt ein verkaufender Unternehmer bei der Prüfung der Unterlagen und Identitätsfeststellung der beteiligten Personen (Käufer, Abholer etc.) „bewusst schlampig“, so lautet der Vorwurf der deutschen Finanzverwaltung, dann fördere damit der verkaufende Unternehmer den Umsatzsteuerbetrug. Oft ist sogar von Beihilfe oder Mittäterschaft die Rede. Zu beachten ist, dass die Rechtsprechung bei solchen Abholfällen strenge Anforderungen aufstellt. Dies wird auch durch ein neuerlich veröffentlichtes BFH-Urteil deutlich.BFH-Urteil zur ZumutbarkeitEin im November letzten Jahres ergangenes BFH-Urteil zu solchen Abholfällen, das erst kürzlich veröffentlicht worden ist, zeigt deutlich auf, wie riskant oftmals solche Abholfälle sind: So hat der BFH zur Vertrauensschutzregelung folgende Leitsätze formuliert:1. Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift des Abholers unter der Empfangsbestätigung auf der Rechnung und der Unterschrift auf dem vorgelegten Personalausweis können Umstände darstellen, die den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen müssen.2. An die Nachweispflichten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der (angeblichen) innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen Pkw ein Barkauf mit Beauftragten zugrunde liegt.3. Die innergemeinschaftliche Lieferung von hochwertigen Pkw bei Abholung durch einen Beauftragten gegen Barzahlung birgt eine umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr. Der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt.Gelangensbestätigung untauglich?Aber auch die neue sogenannte Gelangensbestätigung ist für solche Abholfälle sehr trügerisch, wenn es um die Identifizierbarkeit der unterschreibenden Person geht. Wie soll ein Unternehmer beim Eingang der Gelangensbestätigung entscheiden können, ob die Unterschrift tatsächlich von seinem Vertragspartner stammt oder vielleicht doch gefälscht ist? Und außerdem müsste in den Fällen der Abholung und des Wartens auf die Gelangensbestätigung bis zum Eingang der Bestätigung der mögliche Umsatzsteuerbetrag als „Kaution“ einbehalten werden – allein dies macht in den meisten Fällen das Geschäft bereits unmöglich. Denn die meisten Abnehmer sind in solchen Fällen nicht bereit, das Risiko einzugehen, ihrem Geld, nämlich dem Kautionsbetrag, später hinterherlaufen zu müssen. Dies gilt gerade bei reellen Geschäften eines einzelnen Kunden.Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung1. An die Voraussetzungen für eine Vertrauensschutzregelung in Abholfällen stellt die Rechtsprechung sehr hohe Anforderungen.2. Besonders gilt dies für hochwertige Bargeschäfte innergemeinschaftlicher Lieferungen.3. Eine der größten Schwachstellen bei der Vertrauensschutzregelung ist auch die Identifizierbarkeit derjenigen Personen, von denen angeblich Unterschriften, sei es auf der Bestellung, dem Kaufvertrag und der Bescheinigung des Abholers, geleistet werden. Auffällige Abweichungen bei den Unterschriften gehen zumeist zu Lasten des liefernden Unternehmers.Kommentar< Innergemeinschaftliche Lieferungen in Abholfällen mit Barzahlung, das sind sicherlich die Umsätze, die jeder deutsche Autohändler mit akribischer Vorsicht behandeln sollte. Denn stellen sich die Angaben des Abholers im Nachhinein als unrichtig heraus, z. B. weil das Fahrzeug nicht unmittelbar an den Bestimmungsort ausgeführt worden ist, oder aber der Auftraggeber nicht identifizierbar ist oder gar seine Beteiligung an dem Geschäft abstreitet, so findet auch die Rechtsprechung deutscher Finanzgerichte oftmals das Haar in der Suppe, um die generell existierende Vertrauensschutzregelung auf solche Fälle nicht anzuwenden. Da aus unserer Sicht auch die Gelangensbestätigung, die für solche Fälle ab Oktober zur Pflicht wird, keine adäquate Lösung für Fahrzeugbargeschäfte ist, könnte man mit Recht behaupten, dass Barzahlungsausfuhrlieferungen in Abholfällen letztlich das Risiko für einen deutschen Autohändler nicht wert sind. Solch ein „freier Warenverkehr“ in Europa ist somit schlichtweg nicht möglich. >Recht + Steuern

Werk in Grünheide: Tesla will 400 Stellen abbauen

Zielgruppenansprache: Erfolg über Diversifizierung

Recht auf Reparatur: ZDK begrüßt Entscheidung des EU-Parlaments

Opel Grandland: So kommt das neue Top-SUV

Procar Automobile: Überraschender Führungswechsel

Alle Schlagzeilen

Ausgabe 09/2013: Riskante Auslandsgeschäfte

Riskante Auslandsgeschäfte

WEITERLESEN

NEWSLETTER