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Schluss mit Langeweile: Lynk & Co.-Chef Alain Visser will den Autohandel erneuern

05.11.2021 10:46 Uhr | Lesezeit: 6 min
Schluss mit Langeweile: Lynk & Co.-Chef Alain Visser will den Autohandel erneuern
Alain Visser, Chef der jungen chinesischen Marke Lynk & Co., setzt auf eine Art Carsharing und gründet dafür einen Club, dessen Mitglieder für einen Jahresbeitrag von 500 Euro ein kompaktes City-SUV mit Plug-In-Hybrid-Technik mit nach Hause nehmen.
© Foto: Lynk

Der Belgier Alain Visser ist Chef der jungen chinesischen Marke Lynk & Co. und legt sich mit den Großen der Branche an. Er findet, dass sich die Auto-Industrie komplett anders aufstellen muss, um zukunftsfähig zu bleiben.

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Er war bei General Motors, dann Chef bei Opel und siedelte schließlich zu Volvo nach Schweden um. Immer war Alain Visser mittendrin in einer Welt, in der er zwar "viel Spaß hatte", von der er aber heute sagt: "Die Autoindustrie funktioniert immer noch wie vor 100 Jahren. Das Einzige, was sich verändert hat, ist das Produkt Auto. Und das in den letzten fünf Jahren mehr als in den 50 Jahren davor." Als ihn der chinesische Riesenkonzern Geely auf seine Gehaltsliste setzte und mit der Entwicklung der neuen Marke Lynk&Co. betraute, wurde er zum automobilen Querdenker, brachte eine Idee mit, die ihm seit 2015 schon lange im Kopf herumspukte.

"Ich wollte unsere Industrie wachrütteln, vielleicht sogar schockieren", sagt er heute. Als er seine Ideen dem neuen Arbeitgeber präsentierte, haben die Kollegen sich sicher gefragt, "was für ein Kraut ich geraucht habe:" Im Kern geht es darum, dass Visser die Hauptaufgabe des neuen Geschäftszweigs nicht mehr darin sieht, Autos neu zu entwickeln, um sie dann zu verkaufen.

Blau oder schwarz

Er setzt auf eine Art Carsharing und gründet dafür einen Club, dessen Mitglieder für einen Jahresbeitrag von 500 Euro ein kompaktes City-SUV mit Plug-In-Hybrid-Technik mit nach Hause nehmen und pro Jahr damit maximal 12.500 Kilometer unterwegs sein können. In Europa gibt es schon über 29.000 Clubmitglieder. Der Teilzeitstromer ist komplett ausgestattet, der Abonnent hat nur die Wahl zwischen einem blauen oder schwarzen Auto. Kein Kauf also, sondern ein Abo.

Um die eigenen Kosten zu senken, kann das Auto gegen Gebühr an andere Clubmitglieder tageweise oder auch länger weitervermietet werden. Die Fahrzeuge bleiben immer im Besitz von Lynk&Co., das auch bis auf den Treibstoff alle Kosten übernimmt.

Visser vergleicht sein Konzept mit dem anderer Unternehmen auch in anderen Branchen: "Spotify vermietet quasi Musik, Netflix macht das gleiche mit Filmen und Serien." Den großen Unterschied dazu sieht er in der Zugehörigkeit zu Geely, einem traditionellen Autokonzern. "Wenn Sie jedoch unseren Chef Li Shufu fragen würden, welche Rolle Lynk&Co. im Konzern spielt, wird er sicher antworten, dass wir das wilde Pferd im Stall sind."

Enge Verbindung zu Volvo

Zu Geely gehören neben einigen bei uns unbekannten chinesischen Marken auch Volvo, Polestar oder die Sportwagen-Ikone Lotus. Außerdem ist Geely zu zehn Prozent an Daimler beteiligt. Die Familie spielt bei Lynk&Co. eine wichtige Rolle. Das einzige Modell mit der Bezeichnung "01" ist technisch eng verwandt mit dem Volvo XC 40, übernimmt dessen Plattform und weite Teile der Technik. Das Erscheinungsbild des "01" wurde aber so verändert, dass es keine Verwechslungsgefahr zum schwedischen Schwestermodell gibt.

Für Visser ist die Abstammung seines einzigen Modells ein wesentlicher Teil des Konzepts: „Natürlich ist unsere Marke in Deutschland noch völlig unbekannt. Aber die Tatsache, dass es eine enge Verbindung zu Volvo gibt, schafft sicher das Vertrauen. Darüber reden wir auch ganz offen in enger Abstimmung mit unseren schwedischen Kollegen. In Deutschland kümmern sich Volvo-Händler um Service oder Reparaturen, ebenfalls ein Teil des Vertrauens.

Vor dem Start des Konzepts hat Lynk&Co. auch in Deutschland Umfragen und Untersuchungen durchgeführt. "Das schwierigste waren rechtliche Fragen", räumt Alain Visser ein, "es hat Monate und Dutzende von Workshops auch mit unserem Partner Allianz gedauert, bis wir unsere Verträge zum Beispiel in Sachen Haftung in rechtsicher machen konnten. Doch jetzt können wir versprechen, dass unsere Kunden bestmöglich ebenso abgesichert sind wie bei einem Privatwagen."

Keine Streitgefahr

Auch die Gefahr von Streitigkeiten unter Clubmitgliedern wie es zum Beispiel beim Sharing von Ferienhäusern, Pferden oder Booten oft vorkommt, sieht der Belgier nicht. "Es ist ja kein Eigentums-Sharing, sondern ein Abo, eine Miete also. Natürlich gibt es auch Menschen, die sich nicht vorstellen können, ihr Auto mit anderen zu teilen. Aber die würden auch nicht in einen Club wie unseren eintreten." Eher in Ausnahmefällen wird der Lynk auch für 42.000 Euro verkauft.

Um die Marke bekannt zu machen, setzt Lynk&Co. auf spezielle Läden in den Metropolen. Den Anfang machten Hamburg, Berlin und jetzt München. Das machen auch andere Unternehmen wie zum Beispiel Apple, der Ersatzzigaretten-Hersteller Icos (Philip Morris) und nicht zuletzt auch Tesla.

Keine Vorbilder für Alain Visser: "Ich habe meine Mitarbeiter zu Tesla geschickt. Und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir genau das nicht machen wollen. Die Fokussierung auf das Produkt mag für den reinen Autohandel gut sein, aber wir wollen ja diesen Club-Charakter. Im Club Berlin soll es kulturelle Veranstaltungen geben, wir bieten Getränke und entspannter Atmosphäre an, aber auch Lifestyle-Produkte aus anderen Bereichen an, wo wir als eine Art Vermittler dienen."

Wegen der bekannten Lieferprobleme vor allem in Chip-Bereich musste auch Lynk&Co. seine Clubmitglieder um Geduld bitten. Alain Visser: "Das wird sich bald aber ändern. Und dann starten wir durch." Bis zum Erscheinen des zweiten Modells mit der Nummer "02" sollte sich das Problem erledigt haben. Der wird dann ein reines Elektroauto sein, ebenfalls mit Volvo-Technik.

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KOMMENTARE


CG

08.11.2021 - 18:10 Uhr

und wo ist nun das Geschäftsmodell ? Was hat der Hersteller von diesem Modell ? 500€ Clubbeitrag - wie soll sich das rechnen ? verstehe ich nicht - oder im Artikel fehlen wesentliche Informationen.


RM

09.11.2021 - 09:45 Uhr

Lt. Internetauftritt von Lync&Co sind es 500€ monatlich und nicht - wie im Artikel - jährlich. Da war Herr Visser wohl zu optimistisch. Der Preis ist allerdings gut 150€ günstiger als bei Volvo für den XC40 Recharge...


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