Steuerehrlichkeit: Strafbefreiende Selbstanzeige?

Der bevorstehende Jahreswechsel bietet wie jedes Jahr Anlass für einen Ausblick auf künftige Entwicklungen und Vorhaben. Für Steuerpflichtige, die Einkünfte gegenüber dem Fiskus bisher nicht vollständig angegeben haben, steht bereits jetzt fest: das Entdeckungsrisiko für hinterzogene Steuern steigt, da ausländische Kapitalerträge für deutsche Finanzämter zunehmend transparent werden. Ab September 2017 beginnt der internationale, automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten. Das wurde kürzlich vom Bundestag beschlossen. Automatischer Austausch von Konto-Informationen Bereits im vergangenen Jahr haben sich mehr als 50 Staaten zum automatischen Austausch von Konto-Informationen verpflichtet und ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet. Inzwischen ist die Zahl der teilnehmenden Staaten auf über 60 angestiegen, darunter auch die Schweiz und Liechtenstein. Die Vertragsparteien haben sich verpflichtet, Informationen über Finanzkonten regelmäßig zu erheben und den anderen Vertragsstaaten automatisch zu übermitteln. Damit wird es in Zukunft erheblich schwerer, Einkommensquellen vor dem Fiskus zu verbergen und sich auf Besteuerungshindernisse bei anonymen Vermögen zu verlassen. Mit dem nun vom Bundestag einstimmig beschlossenen Gesetzentwurf überführt die Bundesregierung die in dem Abkommen übernommenen Verpflichtungen in nationales Recht und regelt Einzelheiten des automatischen Informationsaustauschs. Ausländische Kapitalerträge werden ab 2017 transparent In dem Abkommen verpflichtet sich Deutschland, von hier ansässigen Finanzinstituten wie Banken und Sparkassen, Informationen über Konten zu erheben und diese den anderen Vertragsstaaten zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich dabei insbesondere um Mitteilung von: - Name, Anschrift, Steueridentifikationsnummer sowie Geburtsdaten und -ort jeder meldepflichtigen Person, - Kontonummer, - Jahresendsalden der Finanzkonten und - gutgeschriebenen Kapitalerträgen, einschließlich Einlösungsbeträgen und Veräußerungserlösen. Im Gegenzug verpflichten sich die anderen Vertragsstaaten gegenüber Deutschland, ebenfalls Informationen zu Finanzkonten von in Deutschland Steuerpflichtigen zu übermitteln. Ab 2017 werden so die ausländischen Kapitalerträge für die deutschen Finanzämter transparent. Dadurch wird das Aufspüren von bisher nicht erklärten ausländischen Kapitaleinkünften erheblich erleichtert. Zur Umsetzung des Abkommens wird das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die maßgeblichen Daten erheben und an die zuständigen Behörden der anderen Staaten senden. Umgekehrt wird das Bundeszentralamt für Steuern die Daten aus den anderen an dem Abkommen beteiligten Staaten empfangen, die in Deutschland ansässige Steuerpflichtige betreffen, und diese Daten an die zuständigen Landesfinanzbehörden weiterleiten. Es ist dabei schon bemerkenswert, dass der Gesetzentwurf nun gerade im Hinblick auf den Datenschutz strenge Anforderungen stellt: ein Austausch von Steuer-Daten soll nur dann erfolgen, wenn das "hohe deutsche Datenschutzniveau" berücksichtigt wird. Wie war das seinerzeit noch mal mit dem Ankauf von sogenannten Steuer-CDs unter dubiosen Begleitumständen, wodurch dann eine Welle an Selbstanzeigen ausgelöst wurde?! Ausweg für Betroffene: strafbefreiende Selbstanzeige Ein möglicher Ausweg für Betroffene, die über nicht angegebene ausländische Kapitaleinkünfte verfügen, ist eine strafbefreiende Selbstanzeige. Dabei sollte das Unwort "Selbstanzeige" gegenüber dem Finanzamt vermieden werden und stattdessen von einer Nacherklärung gesprochen werden. So bleibt offen, ob es sich bei der ursprünglichen Erklärung um ein Versehen oder aber um bewusstes Verkürzen von Steuern gehandelt hat. Durch eine Selbstanzeige geht derjenige straffrei aus, der gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang unrichtige Angaben berichtigt, ergänzt oder nachholt. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen. Allerdings müssen für eine wirksame Selbstanzeige einige Voraussetzungen erfüllt sein. Vor allem darf die Steuerhinterziehung im Zeitpunkt der Selbstanzeige nicht bereits vom Fiskus entdeckt sein. Straffreiheit tritt außerdem nur dann ein, wenn die hinterzogenen Steuern innerhalb einer vom Finanzamt bestimmten Frist entrichtet werden. Seit dem 1.1.2015 wurden die Regeln für die strafbefreiende Selbstanzeige zudem weiter verschärft. Danach ist die Steuerhinterziehung bei einer Selbstanzeige grundsätzlich nur noch bis zu einem Hinterziehungsvolumen von 25.000 Euro straffrei. Bei höheren Beträgen kann aber von einer Strafverfolgung bei Zahlung eines entsprechenden Zuschlags abgesehen werden. Dieser beträgt bei einer Summe von mehr als 25.000 Euro 10 Prozent, ab 100.000 Euro 15 Prozent und bei mehr als einer Million Euro 20 Prozent. Um einer möglichen Tatentdeckung durch die Finanzverwaltung zuvorzukommen, sollten Betroffene das bis zum automatischen Datenaustausch verbleibende Zeitfenster zur Vorbereitung und Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige nutzen: denn bei einer Tatentdeckung durch die Finanzverwaltung hat die Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung mehr! Eine Tatentdeckung aus anderen Gründen, wie z. B. Auswertung bereits vorliegender Daten/Steuer-CDs, kann ohnehin nie ausgeschlossen werden. Die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige bedarf jedoch einer intensiven Prüfung und Beratung, bei der der Steuerpflichtige keinerlei Sachverhalte verschweigen darf, um nicht deren Erfolg zu gefährden. Das sollte bei den guten Vorsätzen für das neue Jahr bedacht werden. Kurzfassung 1. Mit dem ab September 2017 beginnenden automatischen Datenaustausch über Finanzkonten steigt das Entdeckungsrisiko für bisher nicht erklärte ausländische Kapitaleinkünfte.2. Bei nicht angegebenen Kapitaleinkünften besteht die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige; sie führt aber nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Straffreiheit.3. Eine wirksame Selbstanzeige muss sorgfältig vorbereitet sein und sollte nur nach eingehender steuerlicher und rechtlicher Beratung erfolgen. Kommentar Bereits mit dem Ankauf von sogenannten Steuer-CDs wurde deutlich, dass es der Staat mit der Bekämpfung der Steuerflucht ins Ausland ernst nimmt und Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt mehr ist. Dass dabei eine Reihe prominenter Personen in den Sog der anschließenden Welle von Selbstanzeigen gezogen wurde, konnte dem Staat wegen der damit verbundenen Steuermehreinnahmen nur recht sein. Zudem haben die Medien ihren Teil beigetragen, Druck aufzubauen, und zahlreiche weitere Steuerbürger veranlasst, Nacherklärungen abzugeben. Mit dem jetzt beschlossenen automatischen Austausch von Konto-Informationen wird der Druck auf Steuerpflichtige, die ausländische Kapitaleinkünfte bisher nicht angegeben haben, weiter aufrechterhalten. Da das Risiko einer Tatentdeckung steigt, sollten Betroffene rechtzeitig die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige nutzen.Michael Böhlk-Lankes Rechtsanwalt Steuerberater www.rawpartner.de

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