Ausgabe 11/2014: Streitpotenzial

Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum beim Fahrzeugleasing die Streitanfälligkeit besonders hoch ist. Allein schon die beim Finanzierungsleasing gegebene Dreiecksbeziehung zwischen Händler, Leasingnehmer und Leasinggeber bietet ein weites Feld für juristische Auseinandersetzungen. Wie wir bereits an dieser Stelle in AUTO-HAUS 3/2014 berichtet haben, hat der BGH erst vor kurzem entschieden, dass der Leasingnehmer seine Gewährleistungsrechte zunächst gegenüber dem Lieferanten bzw. Händler gerichtlich geltend machen muss, bevor er die Bezahlung der Leasingraten verweigern darf. Auch in AUTOHAUS 10/2014 war der Dauerbrenner Kfz-Leasing mit Blick auf die (vorgetäuschte) Verbrauchereigenschaft des Leasingnehmers im Fokus der Berichterstattung. Danach wird es vor allem dann rechtlich kompliziert, wenn der kaufrechtliche Gewährleistungsausschluss mit den gesetzlichen Vorgaben der §§ 307 ff. BGB (allg. Geschäftsbedingungen) und den mietrechtlichen Leasingbestimmungen kollidiert.AusgangslageDer Bundesgerichtshof hat bereits in den 80er Jahren entschieden, dass der Ausschluss mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche in Leasingverträgen bei gleichzeitiger Abtretung der kaufrechtlichen Sachmängelansprüche - gleich ob im kaufmännischen oder privaten Bereich - nicht gegen das seinerzeit geltende AGB-Recht verstößt und daher wirksam ist. Nach der Schuldrechtsreform vor mehr als 10 Jahren hat sich der BGH nicht ausdrücklich dazu geäußert, ob die leasingtypische Abtretungskonstruktion mit dem nunmehr in §§ 309 ff. BGB geregelten Recht der allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbar ist. Klargestellt wurde lediglich, dass bei einem privaten Leasingnehmer bzw. Verbraucher der Ausschluss mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche wegen Verstoßes gegen das AGB-Recht dann unwirksam ist, wenn der Lieferant gegenüber dem Leasinggeber im Kaufvertrag über den Leasinggegenstand wirksam das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht ausgeschlossen hat, so dass deren Abtretung damit ins Leere läuft. In diesem Fall stelle die grundsätzlich zulässige formularmäßige Freizeichnung des Leasinggebers von seiner mietrechtlichen Gewährleistung bei gleichzeitiger Abtretung seiner kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten der Leasingsache an den Leasingnehmer eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 I, 1 BGB dar und sei daher unwirksam. Von daher standen dem Leasingnehmer weiterhin seine mietrechtlichen Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Leasinggeber zu.Kaufrechtliche AusschlussklauselnIn der Folgezeit hatte der BGH bei einem Gebrauchsgüterkauf darüber zu entscheiden, ob die Gewährleitungszeit formularmäßig auf ein Jahr verkürzt werden kann. Nach § 309 Nr. 7 a und b BGB kann in allgemeinen Geschäftsbedingungen die Verschuldenshaftung für Körper- und Gesundheitsschäden nicht, und für sonstige Schäden nur für den Fall einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt werden. Vor diesem Hintergrund kam der BGH zu dem Ergebnis, dass auch eine zeitliche Begrenzung der Durchsetzbarkeit entsprechender Schadenersatzansprüche durch die Verkürzung von gesetzlichen Verjährungsfristen eine Begrenzung der Haftung i.S.v. § 209 Nr. 7 BGB darstellt. Nachdem eine geltungserhaltende Reduktion unzulässiger Klauseln in ständ. Rspr. abgelehnt wird, war die pauschale Verkürzung der Verjährungsfrist hinsichtlich aller denkbaren Gewährleistungsrechte unwirksam, so dass wieder die gesetzliche Gewährleistungsfrist des § 438 I Nr. 3 BGB maßgeblich war.In der Konsequenz ist damit jede die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche pauschal ausschließende Klausel unwirksam. Insbesondere die in Formularverträgen häufig verwendete Bestimmung "Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung" wurde damit endgültig gekippt. Nachdem § 309 Nr. 7 a und b BGB auch auf Kaufverträge zwischen Verbrauchern anzuwenden ist, können diese Gewährleistungsrechte auch bei einem Privatverkauf nicht mehr vollständig ausgeschlossen werden.Diese Vorschrift findet zwar im unternehmerischen Geschäftsverkehr wegen § 310 I BGB keine direkte Anwendung. Fällt jedoch eine Klausel bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm des § 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch bei der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, soweit sie nicht wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse im kaufmännischen Geschäftsverkehr ausnahmsweise als angemessen angesehen wird. Dieser Gleichschritt von ABG-Verbotsnormen im Verbraucher- und Unternehmerverkehr hat dazu geführt, dass absolute Freizeichnungen auch für Verletzungen des Lebens, Körpers und der Gesundheit unwirksam sind, weil es sich hierbei um besonders wichtige persönliche Rechtsgüter handelt. Ebenso ist eine Freizeichnung für sonstige Schäden, wenn sie die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vollständig ausschließt, auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, weil ein solcher Haftungsausschluss den Vertragszweck gefährdet, § 307 II BGB. Insbesondere darf eine Haftungsbeschränkung nicht dazu führen, dass der Klauselverwender von Verpflichtungen befreit wird, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags überhaupt erst ermöglichen und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraut.LeasingVor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der leasingtypische mietrechtliche Haftungs- und Gewährleistungsausschluss bei gleichzeitiger Abtretung der kaufrechtlichen Sachmängelansprüche gegen den Lieferanten in Leasingverträgen mit § 309 BGB vereinbar ist. Ansatzpunkt sind hierbei die Vorgaben des § 536 a BGB, der bei einem Sachmangel dem Mieter gegenüber dem Vermieter einen Schadenersatzanspruch auch wegen etwaiger Mangelfolgeschäden zubilligt. Der in vielen Leasingverträgen enthaltene pauschale Ausschluss von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Leasinggeber erstreckt sich somit auch auf die in § 536 a BGB enthaltenen Gesundheitsschäden bzw. Schäden, die auf einem grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhalten des Leasinggebers beruhen. Zumindest bei Verbraucherleasingverträgen verstößt eine solche Ausschlussklausel eindeutig gegen § 309 Nr. 7 a und b BGB. Von daher und mit Blick auf den vom BGH angeführten Gleichschritt von AGB-Verbotsnormen darf zumindest bezweifelt werden, dass die besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise zu einer Angemessenheit dieser Klauseln führen. Nachdem sich der Bundesgerichtshof zu dieser Thematik bislang noch nicht geäußert hat, bleibt das gesamte Leasingrecht bis auf Weiteres streitanfällig. .Kurzfassung1. Die leasingtypische Abtretung der kaufrechtlichen Sachmängelansprüche ist mit Blick auf deren formularmäßige Einschränkung bis auf Weiteres streitanfällig.2. Der pauschale Ausschluss von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Leasinggeber dürfte im privaten und wohl auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr wegen Verstoß gegen das AGB-Recht unwirksam sein.3. Diese Rechtsunsicherheit wird bis zu einer klärenden Entscheidung durch den Bundesgerichtshof andauern.Kommentar» Der nebenstehende Beitrag zeigt auf, dass die wünschenswerte Rechtssicherheit beim Leasing noch in weiter Ferne ist. Der Gesetzgeber hält sich diskret zurück und setzt stattdessen in Kürze eine weitere europäische Richtlinie zum Verbraucherschutz um, die mehr Fragen aufwirft als beantwortet (vgl. Autohaus Heft 8/2014, wonach der Verbraucherbegriff in § 13 BGB dahingehend erweitert wird, als dass es für die Abgrenzung darauf ankommen soll, ob ein Rechtsgeschäft überwiegend weder der gewerblichen noch selbständigen Tätigkeit zugerechnet werden kann). Wie bitte soll dieser mathematische Ansatz in der Rechtspraxis geklärt werden? Es dürfte doch auf der Hand liegen, dass jeder auch nur halbwegs gut beratene Käufer bzw. Leasingnehmer sein (Firmen-)Fahrzeug dann plötzlich und im Widerspruch zu seiner Steuererklärung zu 60 % privat nutzt, um seine Rechtsstellung zu verbessern. Man darf gespannt sein, wie die Gerichte diese neue Einbruchstelle auf dem ohnehin dünnen Eis der Rechtsunsicherheit ausfüllen.« Rechtsanwalt Rainer Bopp

Ausgabe 11/2014: Streitpotenzial

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