Vor rund eineinhalb Jahren übernahm der Ford Konzern den Geländewagen-Spezialisten Land Rover und integrierte ihn in seine Premier Automotive Group (PAG). Welche Auswirkungen hat diese Übernahme auf die Marke Land Rover? Wie soll sich das künftige Vertriebsnetz präsentieren? Dazu ein Gespräch mit Peter Wiedenmann, Dealer Development Manager und Mitglied der Geschäftsleitung bei Land Rover Deutschland.
AH: Herr Wiedenmann, welche Auswirkungen hatte der Bruch zwischen Rover und BMW auf Land Rovers Position am Markt?
Peter Wiedenmann: Natürlich hat dieser Vorgang zu einer Beeinträchtigung der Land Rover-Position am deutschen Markt geführt. Die Netzstrategie baute zu BMW-Zeiten auf Niederlassungen und in einigen Metro-Standorten wurden neben BMW-Niederlassungen auch Rover-Niederlassungen errichtet, die auch für
Land Rover zuständig waren. Mit dem Verkauf von Land Rover an
Ford hat BMW sehr schnell bereits Anfang Juli 2000 seine Aktivitäten in diesen Niederlassungen eingestellt. Daraus ergab sich einerseits das Problem, dass wir an diesen Standorten keine Fahrzeuge verkaufen konnten und – noch wichtiger – keine Serviceabdeckung gewährleisten konnten. Unsere Netzplanung zielte daher in den ersten Monaten darauf, die verwaisten Niederlassungs-Standorte so schnell wie möglich neu zu besetzen. Die Zielsetzung war dabei ganz klar, möglichst mit anderen Partnern aus der Premier Automotive Group zusammenzuarbeiten. Das ist uns auch relativ schnell gelungen.
AH: Könnte denn ein BMW-Händler Land Rover-Händler bleiben, wenn er dies wollte?
P. Wiedenmann: Wir haben im Moment 70 BMW-Händler, die auch Land Rover-Händler sind. Ob das so bleibt hängt aber auch davon ab, wie die Darstellung des Betriebes aussieht. Zu BMW-Rover Zeiten war die komplette
Integration der Rover-Land Rover Markenfamilien in ein BMW-Autohaus vorgesehen. Verständlicherweise sieht das BMW heute anders.
AH: Wie muss man sich die Zusammenarbeit mit Händlern anderer PAG-Marken vorstellen?
P. Wiedenmann: Viele Händler der PAG haben sich schon früh um einen Land Rover-Vertrag beworben. Wir hatten also bereits eine Vorauswahl von Bewerbungen. Die Abdeckung, die wir schnell erreichen wollten, ist im Grunde eine Übergangslösung. Die wenigsten Händler haben freie Stauraum-Kapazitäten und deshalb haben wir mit den neuen Händlern Kompromisse geschlossen und vereinbart, dass unsere Fahrzeuge für eine begrenzte Zeit im Volvo- oder Jaguar-Bereich ausgestellt werden können. Aber das Service-Geschäft wurde mit den entsprechenden Schulungen und der entsprechenden Ausstattung sofort aufgenommen.
Gut funktionierendes Cross-Selling
AH: Welche Marke sehen Sie näher beim Land Rover-Image? Volvo oder Jaguar?
P. Wiedenmann: Aus British Leyland Zeiten her haben Land Rover und Jaguar eine gemeinsame Vergangenheit. Aus dieser Zeiten hatten wir noch einige Händler, die sowohl Land Rover als auch Jaguar vertrieben haben. Insofern spielt "britishness" sicherlich eine große Rolle, aber nicht ausschließlich. Gegenwärtig arbeiten wir mit zwei Dritteln der Jaguar-Händler zusammen. Zwischen beiden Marken gibt es zudem eine natürliche Synergie, zumal es hinsichtlich des Produkt-Portfolios auch keinerlei Überschneidungen gibt. Generell können wir aus den Rückmeldungen unserer Händler erkennen, dass
Cross-Selling sehr gut funktioniert.
AH: Macht sich das denn auch im Gebrauchtwagen-Bereich bemerkbar? Liegt das Gewicht bei den Inzahlungnahmen eher auf Geländewagen oder auf der klassischen Limousine?
P. Wiedenmann: Land Rover spezifisch kann ich das momentan nicht sagen. Wir sind zur Zeit noch nicht so aufgestellt.
AH: Wie viele Händler gibt es aktuell, wie viele Händler sind geplant?
P. Wiedenmann: Zur Zeit haben wir 215 Händler. In Zukunft sprechen wir aber von Marktgebieten und da wollen wir zwischen 150 und 180 Markgebiete besetzen. Die entsprechende Struktur sollte bis Mitte 2002 stehen. Die Möglichkeit, dass ein Händler mehrere Standorte in einem Marktgebiet unterhält wird auch dann noch gegeben sein. Wobei ich dabei in erster Linie eine Frage der Wirtschaftlichkeit sehe, inwieweit sich einzelne Standorte rechnen. Ich gehe davon aus, dass wir uns bei rund 200 Standorten einpendeln werden.
Bislang keine ordentlichen Kündigungen
AH: Heißt das, dass einige Händler ihr Marken-Emblem noch werden abgeben müssen?
P. Wiedenmann: Nein, ganz und gar nicht.Wir haben gerade ca. 70 Händler neu ernannt und mit diesen auch Vereinbarungen über Investitionen geschlossen. Innerhalb eines Netzes gibt es sicherlich gewissen Schwankungen. Bislang haben wir keine ordentliche Kündigungen vorgenommen. Es gab allerdings einige wenige außerordentliche Kündigungen, aber das ist Standard im Automobil-Geschäft.
AH: Wird es neben den Land Rover-Händlern auch zusätzliche Service-Points geben?
P. Wiedenmann: Grundsätzlich sind wir bemüht, dem Kunden nicht zu viel Unannehmlichkeiten aufzubürden und keine zu grossen Fahrstrecken zuzumuten. Aber wir müssen natürlich auch die Wirtschaftlichkeit sehen. Es kostet doch einiges einen Land Rover-Betrieb technisch auszustatten. Die Investitionen für Service-Points sind relativ hoch. Bei einem neuen Händler gehen wir von 70.000 bis 80.000 Mark für technische Ausstattung und
Training aus.
Insofern sind Service-Points sehr schwer umsetzbar und wir werden sie nur einigen begrenzten Fällen haben, um das Gebiet abzudecken. Der Schwerpunkt wird dabei im Osten der Republik liegen.
AH: Gibt es Absprachen mit anderen Marken der PAG?
P. Wiedenmann: Wir entscheiden prinzipiell autonom. Aber sie können davon ausgehen, dass die Kollegen von Volvo und Jaguar über unsere Planungen informiert sind. Das geht aber nicht soweit, dass ich bereit wäre mich von einem eigenen Händler zu trennen, nur um einen PAG-Standort einzurichten.
Die Marke nicht als "Vereinigte Hüttenwerke" darstellen
AH: Wie viele Mehrmarken-Betriebe nach Vorbild des Saarländer Händlers Kreuzer, der alle vier Marken unter einem Dach vereint sind geplant? Wie viele Händler werden zwei oder drei PAG-Marken verkaufen?
P. Wiedenmann: Es gibt augenblicklich insgesamt 77 Standorte, die in der einen oder anderen Form, PAG haben. Hinsichtlich der CI sind wir bemüht, dass sich die Marken nicht als "Vereinigte Hüttenwerke" darstellen, sondern die Auftritte der Marken harmonisch miteinander korrespondieren. Bei Neubauten wird es das klassische Fassadenband daher nicht mehr geben, sondern Pylone mit den jeweiligen Marken-Logos.
AH: Werden die Produktprogramme innerhalb der PAG aufeinander abgestimmt?
P. Wiedenmann: Ziel der PAG ist es, Synergien bei
Einkauf und
Entwicklung stärker zu nutzen. Deshalb werden
Aston Martin, Jaguar und Land Rover demnächst im gleichen Entwicklungszentrum entwickelt werden. Ein Land Rover mit Jaguar-Motor ist daher nicht nur vorstellbar, sondern wünschenswert.
AH: Gibt es innerhalb der PAG eine Marke mit Vorreiter-Rolle?
P. Wiedenmann: Ganz klar: Nein. Die Marken sind innerhalb der PAG absolut gleichberechtigt. In Deutschland gibt es drei unabhängige Managing Directors, die an unterschiedliche Vorgesetzte berichten und in sofern ist die Entscheidungskompetenz unabhängig.
Land Rover ist weltweit die Marke im Offroad-Bereich
AH: Mit welchen Erwartungen blickt Land Rover in die Zukunft eines immer enger besetzten Segments?
P. Wiedenmann: Hier spielt sicherlich eine große Rolle, dass wir gemeinsam mit den Partnern Volvo und Jaguar auftreten können und dadurch die entsprechende Kundenakzeptanz haben, die andere Nischenanbieter im Offroad-Bereich nicht unbedingt haben. Wir haben den großen Vorteil, dass Land Rover weltweit die Marke im Offroad-Bereich ist und daher keine Kompromisse mit anderen Produkten eingehen muss. In der Vergangenheit waren wir stets die Stärksten im Gelände. In Zukunft wollen wir z. B. mit dem neuen
Range Rover auch auf der Strasse erheblich besser werden.
AH: Herr Wiedenmann, wir bedanken uns für das Gespräch.
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