Ausgabe 21/2010: Tickende Zeitbombe

Tickende ZeitbombeNeubewertung von Pensionszusagen E Viele Autohändler haben Versorgungsverpflichtungen aus den Augen verloren, die das Unternehmensrating negativ beeinflussen und Fremdkapital verteuern können.von Alexander Schrehardt und Beate Dittus*Vor dem Hintergrund eines zunehmenden international geführten Wettbewerbs stieg in den letzten Jahren die Forderung nach einer grenzüberschreitenden einheitlichen handelsbilanziellen Rechnungslegung. Der Gesetzgeber ist den Signalen aus der Wirtschaft zumindest teilweise gefolgt und hat mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz das Handelsgesetz mit Wirkung zum 1. 1. 2010 reformiert. Ende des DornröschenschlafsMit Inkrafttreten des neuen Handelsgesetzes sind längst vergessene Pensionszusagen aus ihrem Dornröschenschlaf zu neuem Leben erwacht. Vor 20 oder 30 Jahren als Instrumente zur Reduzierung der Steuerlast in Zeiten hoher Gewinne und Steuersätze eingerichtet, stellen Pensionszusagen für vor allem kleine und mittelständische Unternehmen in einer Zeit geringer Margen einen nicht zu unterschätzenden bilanziellen Ballast dar. In der neuen Handelsbilanz werden nicht nur die tatsächlichen Versorgungsverpflichtungen der Unternehmen, sondern auch die Unterlassungssünden der Vergangenheit, wie z. B. eine fehlende oder unzureichende Rückdeckung der zugesagten Versorgungsleistungen, transparent. Die Forderung des Gesetzgebers nach einem Ansatz der Versorgungsverpflichtungen in der Handelsbilanz mit ihrem Erfüllungsbetrag unter Berücksichtigung eines vorgegebenen, von der Steuerbilanz abweichenden Rechnungszinssatzes wird dabei regelmäßig zu einer Erhöhung der auszuweisenden Pensionsverpflichtungen führen.Änderungen im HandelsgesetzWährend bislang kleine und mittelständische Unternehmen den nach § 6a EStG ermittelten Teilwert der Pensionsverpflichtung auch für die Handelsbilanz übernommen haben, ergeben sich ab dem 1. 1. 2010 für Handels- und Steuerbilanz zwingend abweichende Werte. Für die Berechnung der Pensionsrückstellungen laut Handelsbilanz müssen nicht nur ein marktnaher Zinssatz, sondern auch eine realistische Lebenserwartung der Versorgungsberechtigten, Gehaltstrends und zugesagte Rentenanpassungen berücksichtigt werden. In vielen Fällen werden die in der Handelsbilanz auszuweisenden Rückstellungen ab dem Geschäftsjahr 2010 signifikant ansteigen und wichtige Bilanzkennzahlen, wie z. B. Eigenkapitalquote und Verschuldungsgrad des Unternehmens, deutlich belasten.Zur Vermeidung extremer Bilanzsprünge in der Handelsbilanz und einer damit verbundenen übermäßigen Belastung der Unternehmen hat der Gesetzgeber eine Übergangslösung geschaffen, indem die Anpassung auf einen Zeitraum von längstens 15 Jahren verteilt werden kann.SaldierungsgebotMit der Aufnahme des Saldierungsgebotes in das Handelsgesetz hat der Gesetzgeber ein weiteres Instrument für eine verbesserte Transparenz und zur Abmilderung des Bilanzsprungrisikos bei der Ermittlung der Pensionsrückstellungen nach neuer Rechnungslegung geschaffen: Während bislang Vermögen und Schulden in der Bilanz getrennt ausgewiesen werden mussten, können ab 1. 1. 2010 die aus den Pensionsverpflichtungen resultierenden Verbindlichkeiten des Unternehmens mit den für die Finanzierung angesammelten Vermögenswerten verrechnet werden. Verpflichtende Voraussetzungen hierfür sind die ausnahmslose Verwendung der saldierungsfähigen Vermögenswerte für die Erfüllung der betrieblichen Altersvorsorgeverpflichtungen bei gleichzeitiger Besicherung der Vermögenswerte vor dem Zugriff anderer Gläubiger. Hierzu ist es erforderlich, dass bestehende Verpfändungsvereinbarungen, z. B. an den Gesellschafter-Geschäftsführer, kritisch geprüft und gegebenenfalls neu geordnet werden. Eine unzureichende Verpfändungsvereinbarung, eine fehlende Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung oder auch die unterlassene Anzeige der Verpfändung bei der zuständigen Versicherungsgesellschaft oder der depotführenden Bank können zur Nichtigkeit der Saldierung von Vermögenswerten und Pensionsverpflichtungen führen. Die Folge davon ist, dass die Bilanzsumme damit höher ausfällt und die Eigenkapitalquote (Verhältnis Eigenkapital zu Bilanzsumme) geringer wird.Informationsquelle BilanzanhangKapitalgesellschaften und Gesellschaften, bei denen der einzig persönlich Haftende eine Kapitalgesellschaft ist (typisch: GmbH & Co. KG), haben neben der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung einen Anhang zu erstellen. Bei der vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung einer verbesserten Aussagekraft der neuen Handelsbilanz zur Einschätzung der Kapitalstärke und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Unternehmen kommt auch dem Anhang im Rahmen des Jahresabschlusses ab 2010 eine höhere Bedeutung zu. Hat eine Gesellschaft Pensionsrückstellungen in die Handelsbilanz einzustellen, so müssen ab 2010 das versicherungsmathematische Berechnungsverfahren und die Berechnungsgrundlagen, d. h. der unterlegte Rechnungszins, für die Berechnung unterstellte Gehaltstrends und Rentenanpassungen, die für die Berechnung berücksichtigten Sterbetafeln usw. im Anhang dargelegt werden. Sofern die Gesellschaft von den Optionen einer ratierlichen Anpassung der Pensionsrückstellung sowie der Saldierung von Versorgungsverpflichtungen und Vermögenswerten Gebrauch macht, müssen im Anhang die noch nicht zugeführten Pensionsrückstellungen, aber auch Anschaffungskosten und Zeitwerte der Vermögenswerte und die Erfüllungsbeträge der „Versorgungsschulden“ ausgewiesen werden.Finanzierungslücken sichtbarMit Einführung der neuen Handelsbilanz für Geschäftsjahre ab 1. 1. 2010 werden Unterlassungssünden der Vergangenheit bei der Einrichtung und Finanzierung von Pensionszusagen sichtbar und können von Mitwettbewerbern, potenziellen Unternehmenskäufern, möglichen neuen Gesellschaftern, aber auch von den kreditgebenden Banken leichter bewertet werden. Der verpflichtende Ansatz zur Bewertung von Pensionszusagen mit ihrem Erfüllungsbetrag und der aus der Saldierung von den Versorgungsverpflichtungen mit den Vermögenswerten abzulesende, in vielen Fällen unzureichende Finanzierungsgrad können für die Unternehmen eine Neubewertung durch ihre Hausbank(en) und nachfolgend veränderte Zinskonditionen für Fremdkapital zur Folge haben. Sofern die Bilanz mit alten Versorgungsverpflichtungen belastet ist, ist ein ziel- und ein ergebnisorientierter Sanierungsplan das Gebot der Stunde. Ein voreilig ausgesprochener Verzicht auf Versorgungsanwartschaften wird in der Mehrheit als Steuerbumerang sowohl das Unternehmen als auch den Versorgungsberechtigten belasten. Gleichermaßen ist zu erwarten, dass eine „Vogel-Strauß-Politik“ des Unternehmens die Finanzverwaltung früher oder später dazu veranlassen könnte, die Ernsthaftigkeit der erteilten Versorgungszusagen auf Grund einer unzureichenden Ausfinanzierung der Versorgungsverpflichtungen in Frage zu stellen. zKurzfassung1. Der Gesetzgeber hat das Handelsgesetz mit Wirkung zum 1. 1. 2010 reformiert. 2. Pensionszusagen, die vor Jahrzehnten gemacht wurden, stellen heute einen erheblichen finanziellen Ballast dar.3. In der neuen Handelsbilanz werden nicht nur die tatsächlichen Versorgungsverpflichtungen der Unternehmen, sondern zum Beispiel auch eine unzureichende Rückdeckung sichtbar.4. Für die Berechnung der Pensionsrückstellungen müssen nicht nur ein marktnaher Zinssatz, sondern auch eine realistische Lebenserwartung, Gehaltstrends und zugesagte Rentenanpassungen berücksichtigt werden. In vielen Fällen werden die auszuweisenden Rückstellungen nun signifikant ansteigen und wichtige Bilanzkennzahlen belasten.5. Zur Vermeidung extremer Bilanzsprünge in den Handelsbilanzen der Unternehmen hat der Gesetzgeber eine Übergangs-lösung geschaffen, in der die Anpassung auf einen Zeitraum von max. 15 Jahren verteilt werden kann.6. Damit die Eigenkapitalquote nicht zu gering wird, können die aus den Pensionsverpflichtungen resultierenden Verbindlichkeiten des Unternehmens mit den für die Finanzierung angesammelten Vermögenswerten verrechnet werden. 7. Hat eine Kapitalgesellschaft Pensions-rückstellungen in die Handelsbilanz ein-zustellen, so muss sie das versicherungsmathematische Berechnungsverfahren und andere Parameter darlegen. 8. Finanzierungslücken, die nun ans Licht kommen, können für Autohändler eine Neubewertung durch ihre Hausbank und dementsprechend veränderte Zinskondi-tionen für Fremdkapital zur Folge haben. Kommentar< Nach anfangs heftigen und oftmals sehr kontrovers geführten Diskussionen ging das Thema Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz in vielen Unternehmen im geschäftlichen Alltag wieder unter. Business as usual und eine gelebte Vogel-Strauß-Politik haben eine zielgerichtete Vorbereitung auf die neue „Unternehmens-Messlatte“ verdrängt: Ein Fauxpas, der für viele Geschäftsführer mit der Veröffentlichung der ersten neuen Handelsbilanz zu einem herben Erwachen führen kann. Unterlassungssünden der Vergangenheit, auch und insbesondere im Zusammenhang mit betrieblichen Versorgungsverpflichtungen, werden mit der neuen Handelsbilanz transparent. Die Folgen können weit reichend sein: ein neues Rating durch die Hausbanken, erschwerte Fremdkapitalbeschaffung oder Nachverhandlungen zu neuen Unternehmenspartnerschaften sind potenzielle Störfaktoren, die sowohl den Firmenalltag als auch die unternehmerische Zukunftsplanung empfindlich belasten können. Altlasten müssen ermittelt und Sanierungskonzepte zielorientiert erstellt werden. Die Uhr tickt … >

Ausgabe 21/2010: Tickende Zeitbombe

Tickende Zeitbombe

MEISTGELESEN

Neue Partnerschaft: Ruhrdeichgruppe nimmt BYD auf

LöhrGruppe: Teil der Van Mossel Automotive Group

Neuwagen: Preisexplosion bei Klein- und Kompaktwagen

STELLENANGEBOTE

Großkunden/Fleet-Verkäufer (m/w/d) für unsere Marke Volvo

Sachbearbeiter (m/w/d) Großabnehmer

Kfz.-Mechatroniker (m/w/d)

Account Manager (w/m/d) Full-Service Leasing Automotive im Außendienst für unsere Vertriebskooperation Ford Fleet Management Vertriebsregion Süd (Baden-Württemberg, Bayern) im Homeoffice

Serviceberater (m/w/d)

NEWSLETTER