Ausgabe 03/2008: Tiger frisst Katze

Jaguar und Land Rover / Die Händler sind derzeit mit ihren Marken sehr zufrieden. Im Verkauf an die Inder sehen sie zusätzliche Chancen.Tiger frisst Katzevon Doris PlateDer indische Mischkonzern Tata Group macht derzeit vor allem mit dem billigsten Auto der Welt von sich reden. Dass Tata dennoch sowohl von Ford als auch von den britischen Gewerkschaften als Käufer für die beiden Luxusmarken Jaguar und Land Rover favorisiert wird, überrascht nur auf den ersten Blick. Genauer betrachtet macht es Sinn: Die Tata Group vereint unter ihrem Dach zahlreiche Sparten von der Stahlproduktion über Lebensmittel bis hin zu Hotels. Der rasch expandierende Gigant ist seit Jahren weltweit auf milliardenschwerer Einkaufstour. Mit Jaguar und Land Rover wollen die Inder an eine neue wohlhabende Kundschaft herankommen.Den deutschen Händlern wäre dieser Käufer auch recht: "Wir brauchen Auto-Enthusiasten, keine Controller", formuliert einer die Wunschvorstellung. Ford habe mit seinem Sparzwang vor allem der Marke Jaguar nicht gut getan. Und den Indern traut man allemal mehr Stilempfinden zu als Chinesen oder Russen. Seit 1989 gehört Jaguar zum Ford-Konzern, Land Rover seit 2000. Jaguar gilt seit Jahren als defizitär, im Verbund mit Land Rover fuhren die Marken 2007 aber einen kleinen Vorsteuergewinn ein. Deswegen werden die beiden jetzt im Paket verkauft. Auch in Deutschland währt die enge Zusammenarbeit nun schon seit Jahren: Derzeit werden die Importeursgesellschaften in Personalunion von Jeffrey L. Scott geführt und die meisten Stabsfunktionen sind mit dem gleichen Personal besetzt.Auch die meisten deutschen Händler führen beide Marken – und haben in den letzten Jahren gelitten. Die bei Jaguar Ende der 90erJahre versuchte Mengenstrategie ging nicht auf: Das Interesse an dem 2001 eingeführten X-Type, der in der Fachpresse immer nur als "feiner angezogener Mondeo" tituliert wurde, hielt sich sehr in Grenzen. Mit der sinkenden Begehrlichkeit der Jaguar-Modelle stiegen die Nachlässe. 2004 war dann der Tiefpunkt erreicht – die meisten Händler schrieben rote Zahlen.Jaguar reagierte und änderte die Strategie. "Klein und fein" hieß nun die Devise und nicht mehr Stückzahlen um jeden Preis. Ab 2005 kam mit dem XK dann auch wieder ein Erfolgsauto in den Handel. Heute ist das Topmodell hinter dem S-Type der meistverkaufte Jaguar. Gut aufgestelltAuch bei Land Rover wendete sich das Blatt um diese Zeit. Der neue "Discovery" erhielt ausgezeichnete Kritiken und mit dem Range Rover Sport rollte ab dem Jahr 2005 der neue Bestseller der Marke in die Autohäuser. Zum 60-jährigen Jubiläum in diesem Jahr zeigt sich Land Rover sehr gut aufgestellt. Die Modellpalette ist modern und mit dem LRX, der in Detroit präsentiert wurde, glänzt die Marke auch beim Umweltschutz: Der kompakte SUV soll nur 120 g/km CO2 ausstoßen.Spannend wird es in diesem Jahr auch bei Jaguar: Im März kommt der XF als Nachfolger des S-Type auf den Markt. Ein Auto, das schon jetzt ein sehr geteiltes Echo findet: Während die einen das moderne, mutige Design loben und auf neue, jüngere Käuferschichten hoffen, fürchten die anderen, die traditionsbewussten Bestandskunden (Durchschnittsalter: 58 Jahre) zu verlieren. Die Marke Jaguar jedenfalls fährt derzeit in Deutschland erstklassige Ergebnisse ein: Spitzenplätze im GTÜ-Mängelbarometer, beim ADAC AutoMarxX und Platz 1 im Schwacke MarkenMonitor untermauern die kontinuierlich steigende Qualität der Jaguar-Produkte und Serviceleistungen. Land Rover wird im MarkenMonitor derzeit nicht abgefragt. Aufgrund der weitgehenden Gleichheit beim Personal und auch in der Geschäftspolitik dürften sich hier aber keine großen Unterschiede ergeben.Auch die Margensysteme ähneln sich und Händlerverbands-Präsident Manfred Hauswirth konnte gerade mit Stolz vermelden, dass es gelungen ist, das einfache und transparente Margensystem, das in 2006 und 2007 galt, auch für dieses und das kommende Jahr zu verlängern. Es wird auch keine zusätzlichen Standards geben. Das sorgt für Ruhe in der Händlerschaft ebenso wie die mit 1,5 Prozent zwar nicht gerade üppige, aber dennoch im Branchenvergleich überdurchschnittliche Händlerrendite. Jetzt kommt es den Händlern darauf an, dass der Käufer die Luxusstrategie der beiden Marken fortsetzt: Der Nimbus muss wieder aufleben. Die aktuelle ModellpaletteJaguar:X-Typeab 30.600 Eurofeiner angezogener MondeoS-Typeab 41.900 Euro wird im März durch XF abgelöstXJab 69.600 Euro 7. Generation des Luxuslimousinen-KlassikersXKab 83.600 Euro schöne, edle WildkatzeLand Rover:Defender ab 24.800 Euro Der Kultgeländewagen verkauft sich gutFreelanderab 30.900 Euro Erfolgreich als kompakter Premium SUVDiscoveryab 39.900 EuroAllrad-FamilienfahrzeugRange Rover Sportab 55.100 Euro Der MeistverkaufteRange Roverab 79.500 EuroDie Oberklasse für den AnspruchsvollenAlles außer gewöhnlichProf. Dr. Willi Diez, Institut für Automobilwirtschaft: "'Alles außer gewöhnlich' heißt ein Buchtitel, der gerade ausgesprochen erfolgreich in Deutschland verkauft wird. Er passt hervorragend zu den Fabrikaten Jaguar und Land Rover. Nach ehrgeizigen Wachstumsplänen Anfang 2000 hat sich Jaguar wieder darauf besonnen, eine kleine, aber feine Marke für Individualisten zu sein. Die Mengenziele für den deutschen Markt wurden reduziert und die Beziehungen zu den Händlern deutlich verbessert. Jedenfalls hatte Jaguar nach den Befragungen im Rahmen des Schwacke MarkenMonitors im Frühjahr 2007 bundesweit die zufriedensten Händler. Ob das heuer auch wieder der Fall sein wird? Die Absatzzahlen waren 2007 rückläufig, das Premiumsegment ist heftig umkämpft. Der Überlebenskampf von Jaguar im deutschen Markt wird in Zukunft noch härter werden. Denn während sich die deutschen Premiummarken in der Vergangenheit damit begnügt haben hochwertige Limousinen zu produzieren, werden auch deren Produkte immer sportlicher und individueller. Man denke nur an den Mercedes CLS, das BMW 6er Coupé und zuletzt den Audi A5 – alles Produkte, die direkt auf potenzielle Jaguar-Fahrer gerichtet sind. Erfolg wird die Marke daher nur haben, wenn sie aus der vermeintlichen Not eine Tugend macht: Small is beautiful, das kann nur heißen: Exzellente Produkte mit einem individuellen Service zu verbinden. Das fällt den größeren Fabrikaten zunehmend schwerer – eine Chance für Jaguar und auch für Land Rover. Gelingen kann das aber nur mit einem motivierten und stabilen Händlernetz. Daher müssen beide Marken künftig nicht nur in neue Produkte, sondern auch in die Betreuungsprofessionalität ihrer Handelsorganisation investieren. Möge ein neuer Eigentümer – wer auch immer es sein mag – dies verstehen und nicht wieder in unrealistische Stückzahl-Phantasien abdriften."

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