Ausgabe 09/2011: Verdeckte Gewinnausschüttung?

Verdeckte Gewinnausschüttung?Rechtsprechung kontra finanzverwaltung E GmbH: Lohnverzicht keine verdeckte Gewinnausschüttung. Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGBei Kapitalgesellschaften wird immer dann der Gewinn erhöht, wenn Betriebsausgaben – zum Beispiel zu hohe Gesellschafter-Geschäftsführer-Gehälter – steuerlich nicht als Ausgabe anerkannt werden. Diese sind dann steuerlich gesehen „verdeckte Gewinnausschüttungen“ (vGA), die dem ausgewiesenen Gewinn wieder hinzugerechnet werden. Außerdem, da ja eine Ausschüttung angenommen wird, unterliegt die Ausschüttung der Kapitalertragsteuer und beim Gesellschafter, dem diese vGA zugerechnet wird, der Einkommensteuer. Da die Rechtsprechung grundsätzlich verlangt, dass zwischen dem Gesellschafter und seiner Gesellschaft zum Beispiel bei einem Angestelltenverhältnis klare und im Vorhinein bestehende Vereinbarungen existieren müssen, ist die Finanzverwaltung auch bisher davon ausgegangen, dass bei beherrschenden Gesellschaftern oder auch einer beherrschenden Gesellschaftergruppe, also gerade bei Familiengesellschaften, vereinbarte Zahlungen auch grundsätzlich bereits als zugeflossen gelten in dem Moment, in dem sie fällig geworden sind. Und dies selbst dann, wenn das Geld nicht überwiesen worden ist!Der UrteilsfallDie klagende GmbH hatte einen alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführer, die GmbH gehörte ihm und seiner Frau je zur Hälfte. Neben dem laufenden Gehalt war ihm auch ein Weihnachtsgeld zugesagt worden, das in mehreren Jahren nicht ausbezahlt worden ist, obwohl die GmbH jederzeit zahlungsfähig gewesen war. Eine Vereinbarung über eine Änderung des Geschäftsführervertrages, also über die Nichtzahlung von Weihnachtsgeldern, bestand nicht. Für das nicht ausbezahlte Weihnachtsgeld wurde auch jeweils keine Ausgabenbuchung getätigt, es wurde also keine Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer eingebucht. Dementsprechend hat die GmbH für das Weihnachtsgeld auch keine Lohnsteuer abgeführt und der Geschäftsführer hat natürlich auch kein Weihnachtsgeld bei seiner Einkommensteuer einkommenserhöhend angesetzt.Meinung des FinanzamtsNach einer Prüfung der GmbH war das Finanzamt der Auffassung, dass die GmbH auch für das Weihnachtsgeld hätte Lohnsteuer einbehalten müssen. Nach dem Vertrag stünde dem Geschäftsführer das Weihnachtsgeld zu; wenn er auf dieses verzichte, dann hätte er die Schuld der GmbH durch einen Verzicht erlassen. Mit diesem Erlass habe der Geschäftsführer über die Forderung verfügt, damit sei sie ihm zugeflossen und auch zu versteuern. Der Verzicht als solcher stellt dann außerdem eine Einlage in die GmbH dar. Das Finanzamt behandelte somit den Verzicht als Zufluss der Weihnachtsgeldforderung und gleichzeitig als Einlage des Gesellschafters in sein Unternehmen. Damit sollte das Weihnachtsgeld also als Lohn versteuert werden. Dieser Streit ging nun bis zum obersten deutschen Finanzgericht, dem Bundesfinanzhof (BFH).Rechtsprechung differenziertDer BFH entschied aber gegen das Finanzamt: Sicherlich war für den BFH entscheidend, dass zu keinem Zeitpunkt das Weihnachtsgeld dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugeflossen war. Allerdings darf man nun daraus allein keine voreiligen Schlüsse ziehen. Das Entscheidende an dem Sachverhalt ist nämlich zusätzlich, dass die GmbH auch zu keinem Zeitpunkt die Forderung des Geschäftsführers auf Weihnachtsgeld eingebucht hat, sie hat keine Verbindlichkeit ausgewiesen. Insoweit hat der Verzicht des Geschäftsführers auch keine zuvor gebuchte Belastung der GmbH rückgängig gemacht. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern wird aber weiterhin künftig die Einbuchung solch einer Weihnachtsgeldschuld bei der GmbH als Betriebsausgabe der GmbH zu behandeln sein, aber auch gleichzeitig beim Geschäftsführer als Zufluss gelten, da der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer zumindest dann jederzeit über seine Forderung verfügen kann, solange die GmbH nicht illiquide und insolvenzanmeldepflichtig ist. Damit gibt es also keinesfalls grünes Licht am Jahresende, durch „Rückbuchungen“ das Jahresergebnis zu verändern. Eine erst eingebuchte Weihnachtsgeldforderung oder sonstige Zahlungsverpflichtungen der GmbH gegenüber einem Gesellschafter nicht zu erfüllen und wieder auszubuchen, kann außerdem den insoweit auch von der Rechtsprechung angenommenen Zufluss beim Gesellschafter nicht verhindern. Insoweit muss man sich bewusst sein, dass diese Entscheidung des Bundesfinanzhofs einen in der Praxis eher seltenen Fall betrifft und keinesfalls missverstanden werden darf. Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKommentar< Erfreulich ist, dass der BFH dem Finanzamt zumindest wieder einmal eine Grenze aufgezeigt hat. Für die Praxis lässt sich daraus aber gleichzeitig die Warnung ableiten, dass bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern, die gleichzeitig z. B. Wirtschaftsgüter wie Immobilien an ihre GmbH überlassen, eine Verbuchung von vereinbarten Zahlungen bei der GmbH immer auch schon die endgültige Entscheidung für die steuerliche Behandlung darstellt, ohne dass es auf die tatsächliche Begleichung der vereinbarten Zahlungen ankäme. Korrekturbuchungen werden also nicht mehr als Rückgängigmachung der einmal getroffenen Entscheidung gesehen, sondern jeweils als entsprechend neuer, steuerlich zu beurteilender Sachverhalt. Wird z. B. bei einer Betriebsaufspaltung eine vereinbarte Miete zwar verbucht, dann aber „erlassen“, ist die Mieteinnahme beim überlassenden Gesellschafter zu versteuern und der Erlass stellt eine insoweit steuerneutrale Einlage des Gesellschafters in die GmbH dar. Daran hat sich also durch das BFH-Urteil nichts geändert. Das war bisher so und wird wohl auch zukünftig so bleiben. >Kurzfassung1. Trotz der Vereinbarung eines Weihnachtsgeldes im Gesellschafter-Geschäftsführer-Vertrag gilt das Weihnachtsgeld dem Geschäftsführer nicht als zugeflossen, wenn es weder verbucht noch ausbezahlt worden ist.2. Die GmbH hat mangels Buchung diese vertraglich vereinbarte Schuld nicht ausgabewirksam werden lassen und deshalb muss auch weder eine Lohnsteuer abgeführt noch vom Geschäftsführer das Weihnachtsgeld versteuert werden.3. Sollte aber bereits bei der GmbH eine Verbuchung (ausgabewirksam) stattgefunden haben, dann dürfte auch weiterhin das Finanzamt mit Erfolg eine Lohnsteuerpflicht durchsetzen können.

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