Ausgabe 11/2007: Von Bernd Dohrmann

Berufsbildungs-Kongress des Kfz-Gewerbes mit großer Themen-Vielfalt Ausbildung im FokusVon Bernd DohrmannDer 6. Bundes-Berufsbildungs-Kongress des Kfz-Gewerbes zeigte eindrucksvoll, welchen Stellenwert diese alle zwei Jahre stattfindende Veranstaltung erobert hat. Mehr als 330 Teilnehmer aus den Ausbildungsbetrieben, Berufsschulen, Ausbildungszentren sowie den Berufsbildungsabteilungen von ZDK, Landesverbänden und Innungen sowie erstmals auch über 50 Auszubildende aus Kfz-Berufen hatten sich in Bad Wildungen zu einem engagierten Gedankenaustausch getroffen, der mit aktuellen Informationen aus den Reden der Fach-Referenten ansprechend gewürzt war.Perspektiven geben HoffnungDie Bedeutung von qualifizierter Ausbildung im Kfz-Gewerbe machte ZDK-Präsident Robert Rademacher deutlich. In seiner Eröffnungsrede zeigte er auf, dass zwei Jahre vor dem hundertjährigen Jubiläum der Kfz-Gewerbe-Organisation die Rolle des Automobils und der Wunsch der Menschen nach individueller Mobilität ungebrochen sind, die Anforderungen an Verkauf und Wartung von Fahrzeugen sich jedoch grundlegend verändert haben. Er betonte, dass auch im Internet-Zeitalter für viele Menschen – darunter Senioren, Frauen, Auto-Neulinge – das persönliche Verkaufsgespräch nicht zu ersetzen sei. Bei Wartung und Reparatur haben sich die Anforderungen an die Service-Mitarbeiter in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten potenziert, so dass eine qualifizierte Ausbildung auf aktuellem Stand der Technik oberste Priorität habe. Dabei sei erfreulich, dass die aktuellen Kfz-Berufe zunehmend auch Bewerber mit höheren Schulabschlüssen ansprechen, bereits 50 Prozent haben Realschul-Abschluss oder höhere Qualifikationen. Unter "Perspektiven im Kfz-Gewerbe" ging der ZDK-Präsident auf aktuelle Themen der Branche ein. Im Vordergrund standen die CO2-Debatte und Kfz-Steuern. Rademacher betonte, dass langfristig eine Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralöl-Steuer der sinnvollste Weg sei, angesichts der aktuellen Emissionsprobleme sei aber die geplante CO2-Steuer für eine absehbare Zeit ebenfalls vernünftig. Beim Thema Umweltschutz komme qualifizierten Mitarbeitern in Werkstätten und Autohäusern eine hohe Verantwortung zu, etwa bei der Nachrüstung von Diesel-Partikelfiltern. Nachbesserungen in Sachen Plakettenregelung für Umweltzonen forderte Rademacher für "Oldtimer". Bei der Plakettenverweigerung für diese wenigen, fast ausnahmslos von partikelfreien Ottomotoren angetriebenen Fahrzeuge sei der Verordnungsgeber "weit über das Ziel hinausgeschossen". Zu der von EU-Kommission und Kfz-Gewerbe kontrovers geführten Diskussion um eine neue GVO nach 2010 machte Rademacher deutlich, dass er auch "mit einer Fortschreibung der heutigen GVO" leben könne. Favorisiert werde aber die Neufassung einer speziellen Kfz-GVO vor einer eventuellen "Schirm-GVO". Abschließend führte der ZDK-Präsident aus, dass auch bei Neuerungen in der Ausbildung Augenmaß vonnöten sei: "Berufsbildung ist zu wichtig für kurzatmige Maßnahmen!" Als Glücksfall bezeichnete Rademacher das Duale Ausbildungssystem in Deutschland. Kein Verständnis zeigte er für Betriebe, die aus finanziellen Gründen keine Ausbildung anbieten: Untersuchungen zeigen, dass gute Lehrlinge bis zu 90 Prozent der Ausbildungskosten selbst wieder erwirtschaften.Themenvielfalt in den ForenAufgelockert wurde der Kongress durch jeweils vier gleichzeitig tagende Foren an beiden Tagen. Bewerber-Auswahl mit System, Auswahltests, die Erwartungen von technischen und kaufmännischen Lehrlingen an die überbetriebliche Ausbildung bzw. die Berufsschule und erste Erfahrungen mit der bisher nur in NRW und Schleswig-Holstein angebotenen zweijährigen Ausbildung zum Kfz-Servicemechaniker waren die Forenthemen des ersten Kongresstages. Bei den Wünschen der Lehrlinge standen qualifizierte und partnerschaftliche Ausbilder/Lehrer, moderne Technik während der Ausbildung und soziale Kompetenz der Ausbildenden im Mittelpunkt. Wie die für das individuelle Autohaus passenden Bewerbungskandidaten gefunden werden können, zeigten Cox-Geschäftsführer Gerhard Slotta und Felicia Ulrich vom U-Form-Verlag. Frank Musekamp vom Institut Technik und Bildung ITB der Uni Bremen berichtete beim neuen Berufsbild Kfz-Servicemechaniker von Erfolgen. Bereits 1.800 Lehrlinge seien in der Ausbildung, die Zielgruppe der Hauptschul-Absolventen wurde "überzeugend angesprochen". 40 Prozent der Auszubildenden planen, die Lehre bis zum Mechatroniker fortzuführen. Dennoch bleibt dieser bis 2009 in der Erprobung laufende Beruf ein Politikum, das von den Beteiligten unterschiedlich bewertet wird.ZDK-Geschäftsführer Ingo Meyer beleuchtete auch den langen, schwierigen Weg, der zu Neuerungen in der Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker geführt hatte. In Kooperation mit Politik und Gewerkschaften konnten die schwierigen Verhandlungen mit einem guten Kompromiss abgeschlossen werden, so dass die neue Ausbildungsverordnung Ende Juli 2007 in Kraft treten kann. Umstritten waren vor allem die Gewichtung der Prüfungspunkte sowie die Dauer der Prüfungen.Positives FazitNach dem Fachvortrag von Dr. Eckart Heinl, VW AG, zum Thema "Alternative Antriebe – Kraftstoffe von morgen" zog Ingo Meyer zum Kongress-Schluss ein erfreuliches Fazit: Die hohe Beteiligung und das große Interesse hätten gezeigt, dass für diesen Kongress Bedarf in der Branche bestehe, der 7. Bundes-Berufsbildungs-Kongress des Deutschen Kfz-Gewerbes wird daher am 15./16. Mai 2009 wiederum in Bad Wildungen stattfinden. Dringenden Handlungsbedarf sieht Meyer angesichts der Tatsache, dass rund 300.000 Jugendliche in "der Warteschleife für einen Ausbildungsplatz kreisen". Meyer wörtlich: "Die Jungendlichen wollen eine Ausbildung und einen Beruf, die alten Werte kommen zurück." In dem voraussichtlich letzten von ihm organisierten und geleiteten Kongress blickte der ZDK-Berufsbildungs-Geschäftsführer auch auf die bisherige Arbeit zurück. Nach 25 Jahren bildungspolitischer Blockade konnten insgesamt 40 neue Berufe – darunter Automobil-Kaufmann oder geprüfter Automobil-Verkäufer – neu eingeführt werden. Zudem wurde eine bessere Synchronisation der Ausbildung in Betrieb und Schule erreicht. Alle Aus- und Fortbildungen in Deutschland werden mit einer anerkannten Prüfung beendet, in der Kfz-Branche gibt es immer mehr Zugangsmöglichkeiten der Lehrlinge in die Netzwerke der Fabrikatswelten. Weitere wichtige Aufgaben warten jedoch noch auf Lösungen, z. B. eine Neu-Strukturierung im Bereich Kfz-Karosserie und der Bereich Fahrzeug-Restaurierung. Als Ziele für die absehbare Zukunft nannte Meyer: Die Gesellenprüfung online sollte in zehn Jahren die Regel sein! Lehrlinge im 3. und 4. Lehrjahr sollten an Schulungen der Industrie teilnehmen. Auch für Abiturienten muss das Kfz-Gewerbe attraktive Angebote – z. B. eine "Online-Akademie" – schaffen.Sechs Ausbildungsbetriebe ausgezeichnetIm Rahmen des 6. Bundes-Berufsbildungs-Kongresses wurden jeweils die drei Sieger des Ausbildungswettbewerbs ausgezeichnet. In der Kategorie kleine/mittlere Betriebe siegte VW/Audi-Betrieb Autoschmitt, Idstein, vor dem Autohaus Schneider (Ford), Leipzig, und dem BMW/Mini-Autohaus Holz + Haller in Neu-Ulm. Bei den großen Betrieben gewann die Fahrzeugwerke Lueg AG, Bochum, vor dem Nürnberger Bosch-Service Koller & Schwemmer sowie dem VW/Audi-Autohaus Gute Fahrt in Riesa. Mit den Preisträgern und ihren Lehrlingen konnte im Forum ausgiebig diskutiert werden. Parallel dazu wurden Foren zu aktuellen Entwicklungen im Arbeitsrecht (Leitung: RA Ulrich Dilchert, ZDK) und zur Umsetzung der neuen Rahmenlehrpläne (Rainer Petersen, Gewerbeschule für Kfz-Technik, HH) diskutiert. Um "Gesellenprüfungen online" ging es im von Dipl.-Ing. Joachim Syha, ZDK, geleiteten Forum, wo sich die Teilnehmer einen Eindruck von einer zeitgleich laufenden, realen Online-Prüfung verschaffen konnten.

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