Pkw-EnVKV: Wann muss ich kennzeichnen?

In AUTOHAUS 13/2025 hatte ich bereits einige Anmerkungen zur novellierten Pkw-EnVKV gemacht. Im Rahmen der angekündigten Reihe zu diesem haftungsträchtigen Thema beschäftige ich mich heute mit der allgemeinen Frage, wann grundsätzlich Fahrzeuge kennzeichnungspflichtig sind und welche Angaben dann gemacht werden müssen. Kurzfassung Relevante Aspekte zur Kennzeichnung von Neufahrzeugen lesen Sie in AUTOHAUS 13/2025, hier sowie in kommenden Ausgaben von AUTOHAUS! Heute geht es um die Frage, wann grundsätzlich Fahrzeuge kennzeichnungspflichtig sind und welche Angaben dann gemacht werden müssen. Zunächst einmal betrifft die Kennzeichnungspflicht lediglich Pkw, wie der geneigte Leser schon im Hinblick auf die Bezeichnung der zugrunde liegenden Verordnung als Pkw-EnVKV erraten kann. Pkw sind in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV legal definiert. Hiernach ist ein Pkw ein Kraftfahrzeug der Klasse 1 nach Art. 4 der Verordnung (EU) 2018/858, wobei als Pkw nicht gilt: ein Fahrzeug mit besonderer Zweckbestimmung nach Anhang 1 Teil A Nr. 5 der Verordnung EU 2018/858. Die Fahrzeuge mit besonderer Zweckbestimmung sind beispielsweise Wohnmobile, gepanzerte Fahrzeuge, Rettungswagen etc., die gegebenenfalls, ohne dass sie diese besondere Zweckbestimmung besäßen, als Pkw der Klasse 1 gelten könnten. Zweck: Weiterverkauf Da nunmehr der Begriff des Pkw annähernd exakt bestimmt ist, kommt es für eine bestehende Kennzeichnungsverpflichtung darauf an, ob dieser Pkw auch neu im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Pkw-EnVKV ist. Das ist dann der Fall, wenn der Pkw noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft worden ist; davon, so die Regelung, ist auszugehen bei einem Pkw, der typgenehmigt ist und (a) dessen Erstzulassung zur Nutzung im öffentlichen Straßenverkehr zu dem Zeitpunkt, zu dem er angeboten oder beworben wird, noch nicht länger als acht Monate zurückliegt oder (b) dieser einen Kilometerstand von 1.000 Kilometern oder weniger aufweist. Zumindest § 2 Abs. 1 Ziff. 2 lit. b Pkw-EnVKV ist kodifizierte BGH-Rechtsprechung: Der Bundesgerichtshof hatte in seiner Entscheidung Az. I ZR 190/10 vom 21.12.2011 entschieden, dass bei einer Laufleistung von mehr als 1.000 Kilometern jedenfalls davon ausgegangen werden konnte, dass das Fahrzeug zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft worden sei - also nicht mehr "neu" sei. Diese Rechtsprechung betraf natürlich im Wesentlichen die Vorführwagen. Problematisch war vorher immer, dass man im Nachhinein als Händler beweisen musste, mit welcher Intention das Fahrzeug seinerzeit beim Händler/Importeur angekauft worden war. Erst aus der Retrospektive ließ sich aber beweisen, dass das Fahrzeug tatsächlich zum Vorführen gebraucht worden war. Der BGH nahm dann durchaus praxisorientiert an, dass ab einem Kilometerstand von 1.000 Kilometern anzunehmen sei, dass im Vordergrund der Anschaffung durch den Händler nicht der Weiterverkauf des Fahrzeuges, sondern dessen Nutzung beispielsweise als Vorführwagen gestanden habe. Ich erinnere mich, dass, als diese Rechtsprechung bekannt wurde, sehr viele Fahrzeuginserate zunächst mit einem Kilometerstand von 1.000 Kilometer warben, was nicht nur die BGH-Rechtsprechung falsch interpretierte, sondern auch die Deutsche Umwelthilfe auf den Plan rief, sodass eine Menge von Abmahnungen auf die Händlerschaft niederhagelte, da natürlich die pauschale Angabe von 1.000 Kilometern Laufleistung nicht nur rechtlich nicht weiterhalf, sondern auch den Anschein der Unwahrheit in sich trug. Wenig später erschienen dann viele Anzeigen mit Laufleistungen von pauschal 1.001 Kilometern, was, wäre die Angabe wahr gewesen, zwar rechtlich zu einer Kennzeichnungsfreiheit geführt hätte; entsprechende Testanrufe der DUH deckten die kleine Mogelei aber auf, sodass die zweite Abmahnwelle die Händlerschaft erreicht. Rechtsanwalt Sascha Leyendecker: "Richten Sie Ihre Verkaufs- und Werbepraxis entsprechend aus. Sie ersparen sich mit klarer Orientierung am Erstzulassungszeitraum und der Laufleistung rechtliche Auseinandersetzungen." Neue Regelung In der neuen Regelung, die nunmehr qua novellierter Pkw-EnVKV seit dem 23. Februar 2024 gilt, ist der Einführungssatz, dass ein Pkw neu ist, "wenn er noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft worden ist", nach wie vor enthalten. daraus ergibt sich folgendes Problem: Die Deutsche Umwelthilfe ist der Ansicht, dass das Fahrzeug nur dann nicht kennzeichnungspflichtig ist, wenn es sowohl über eine Erstzulassung älter als acht Monate als auch einen Kilometerstand von mehr als 1.000 Kilometern verfügt. Ist ein Fahrzeug also auch nur in einem Fall (auch knapp!) unter der jeweiligen Grenze, ist das Fahrzeug nach Ansicht der Umwelthilfe kennzeichnungspflichtig. Dies begegnet erheblichen rechtlichen Bedenken: Denn wenn es so wäre, wie die Umwelthilfe meint, wäre § 2 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 Pkw-EnVKV völlig nutzlos. Der Gesetzgeber hätte doch dann einfach in die Verordnung hineinschreiben können, dass ein Fahrzeug immer dann kennzeichnungspflichtig ist, wenn es weder "älter" als acht Monate noch weniger als 1.001 Kilometer Laufleistung besitzt. Das sollten Sie tun! Zu dieser Rechtsfrage laufen nunmehr die ersten Gerichtsverfahren. Ich bin gespannt, wie die Angelegenheiten ausgehen werden. Nun geht es aber in diesem Aufsatz nicht nur darum, wie die Rechtslage ist, sondern, was man am besten macht, um nicht in den Abmahn- und Vertragsstrafenfokus zu geraten: Händler sollten derzeit Fahrzeuge erst dann nicht mehr kennzeichnen, wenn sowohl mehr als acht Monate seit Erstzulassung vergangen sind, als auch ein Kilometerstand von mehr als 1.000 Kilometern erreicht ist. Das bedeutet: 1.Pkw hat als Vorführer Laufleistung 2.770 Kilometer und ist sieben Monate alt: Kennzeichnen Sie! 2. Pkw hat als Vorführer Laufleistung 700 Kilometer und ist zwölf Monate alt: Kennzeichnen Sie! 3. Pkw hat als Vorführer Laufleistung 1.200 Kilometer und ist neun Monate alt: Sie können die Kennzeichnung weglassen! Richten Sie Ihre Verkaufs- und Werbepraxis entsprechend aus. Sie ersparen sich mit klarer Orientierung am Erstzulassungszeitraum UND der Laufleistung rechtliche Auseinandersetzungen in den besonderen Fallkonstellationen, in denen die beispielhaft in der Verordnung genannten Grenzen nur knapp unterschritten werden. Wenn die Gerichte gegebenenfalls in Zukunft im oben genannten Fall 1 die Neuwagendefinition als nicht erfüllt ansehen, können Sie ihre Praxis immer noch - und dann rechtssicher - ändern. Der Autor RA Sascha Leyendecker ist Partner der Kanzlei JuS Rechtsanwälte in Augsburg, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Für die AUTOHAUS akademie ist er unter anderem zum Thema Wettbewerbsrecht als Referent aktiv.

Pkw-EnVKV: Wann muss ich kennzeichnen?

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