Kennzeichnungspflicht: Novellierte Pkw-EnVKV

Kurzfassung: Die die im Februar 2024 novellierte Pkw-EnVKV geregelten Kennzeichnungspflichten sind nach wie vor hochgradig gefährlich und kaum dauerhaft zu 100 Prozent einzuhalten. Relevante Aspekte zur Kennzeichnung von Neufahrzeugen lesen Sie in diesem Artikel sowie in kommenden Ausgaben von AUTOHAUS! Der Automobilhandel ist seit jeher eine Branche, die sich - initiiert durch Wettbewerbsverbände, aber auch durch die Wettbewerber selbst - einer regen wettbewerbsrechtlichen Aktivität erfreut. Mit Abmahnungen der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) einschließlich der Fälligstellungen von Vertragsstrafen wird die Branche nach eigener Wahrnehmung geradezu geflutet. Das Vorgehen der DUH wird von vielen Marktteilnehmern schon aufgrund der Masse der ausgesprochenen Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich eingestuft. Der Bundesgerichtshof sah das allerdings schon im Jahr 2019 (I ZR 149/18) anders. Es ist also am Ende nicht zielführend, sich bei der Verteidigung gegen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und Vertragsstrafenansprüche im Wesentlichen auf rechtsmissbräuchliches Verhalten und eine daraus folgende nicht bestehende Aktivlegitimation der DUH zu kaprizieren. Das versperrt den Blick für die tatsächlichen Handlungsoptionen. Die DUH stellt ihre Tätigkeit auf ihrer Website durchaus transparent dar. Der veröffentlichte Jahresbericht 2024, der das Jahr 2023 beleuchtet, verzeichnet die von der Umwelthilfe aus Vertragsstrafen (und wahrscheinlich auch Kostenpauschalen) erwirtschafteten Erträge (kryptisch: "Erträge ökologische Markenüberwachung") in Höhe von 2,73 Millionen Euro. Grund für die erheblichen Einnahmen ist natürlich, dass eine Vielzahl von Autohäusern in der Vergangenheit teilweise unwissend, teilweise aufgrund anwaltlicher Beratung strafbewehrte Unterlassungserklärungen gegenüber der DUH abgegeben hat, die - für die meisten überraschend - nahezu von ewiger Gültigkeit sind. Versprochene Vertragsstrafen von 10.000 Euro für jeden Fall des nochmaligen Verstoßes sind keine Seltenheit. Da im kaufmännischen Verkehr abgegeben, sind sie aber nicht per se nichtig. Novellierte Pkw-EnVkV Für das Jahr 2025 wurde eine nochmals erhöhte Abmahntätigkeit erwartet, weil am 23.02.2024 die lange erwartete novellierte Pkw-EnVKV in Kraft getreten ist. Die Befürchtungen haben sich bewahrheitet, wenn auch nicht in dem erwarteten Ausmaß. Die in der Verordnung geregelten Kennzeichnungspflichten sind allerdings nach wie vor hochgradig gefährlich und auch nach meiner Einschätzung kaum dauerhaft immer zu 100 Prozent einzuhalten. Das hängt damit zusammen, dass der Detailgrad der Verpflichtungen derart hoch ist, dass eigentlich jede Fahrzeugbewerbung eine rechtliche Vorprüfung durchlaufen müsste. Das ist aber weder zeitlich noch wirtschaftlich darstellbar. Interessant ist, dass das verordnungsgebende Bundesministerium den "Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft" bei jährlich 159.000 Euro sah, zuzüglich eines einmaligen Aufwandes für die "Anpassung digitaler Prozesse" von 75.000 Euro. Das klingt sportlich, wenn ich mich erinnere, dass ich bei meinem ersten Seminar zur novellierten Pkw-EnVKV unsere Kanzlei-Zoom-Lizenz upgraden musste, damit alle teilnehmen konnten, die teilnehmen wollten. Das sind aber im Sinne der Verordnungsbegründung wohl nicht zu berücksichtigende Ohnehin-Kosten. Im Folgenden beleuchte ich einige relevante Themen zur Kennzeichnung von Neufahrzeugen, die mir besonders relevant erscheinen. Weitere Themen folgen in kommenden Ausgaben von AUTOHAUS. Gute Nachrichten? Zunächst einmal eine gute Nachricht: Erwartungsgemäß war es so, dass die aufgrund der bereits seit September 2017 im Rahmen der EU-Typengenehmigung geltenden "WLTP-Werte" notwendig gewordenen Änderungen in den Pkw-Labeln abmahntechnisch - jedenfalls in meiner Beratungspraxis - kaum eine Rolle gespielt haben. Das überkommene Pkw-Label mit zum Schluss gar nicht mehr verfügbaren NEFZ-Werten, das nur aus einem einzelnen Blatt bestand, wurde durch insgesamt fünf antriebsstrangabhängigen Pkw-Label ersetzt. Für die Vertragshändler wurde die Sache am Ende aber nicht schwerer, da der Ausdruck des zutreffenden Labels mit der entsprechenden FIN keine zusätzlichen Probleme bereitet. Oft kritisiert und geradezu ängstlich erwartet werden aber seit jeher die unangekündigten Hausbesuche der DUH im Hinblick auf gerade angelieferte oder bereits verkaufte - und deshalb noch nicht oder nicht mehr gekennzeichnete - Neufahrzeuge. Im Rahmen des der Novellierung vorausgehenden Anhörungsverfahrens haben Interessenvertreter daher unbedingt für diese Sachverhaltskonstellation eine Erleichterung für den Handel erreichen wollen. Die Angst vor den DUH-Mitarbeitern in den dunklen Vans, die nachts um drei Uhr - so die Erzählung - bereits zehn Minuten nach dem Entladevorgang ordnungsgemäße Kennzeichnungen kontrollieren, war geradezu pathologisch. Etwas Erleichterung hat die Regelung dann auch gebracht, da nun ausdrücklich geregelt ist, dass Händler sich im Falle einer Abmahnung dann exkulpieren können, wenn das Fahrzeug "erkennbar" entweder gerade angeliefert wurde und insofern noch keine Kennzeichnung möglich war oder aber das Fahrzeug "erkennbar" nur zur bald erfolgenden Auslieferung bereitsteht (§ 3 Abs. 4 PKW-EnVKV). Das hat viele wohl beruhigt. Wenn man aber die Verordnungsbegründung (BT-Drucks. 657/23, S. 44) ansieht, stellt sich schnell Ernüchterung ein: Natürlich müsse der Händler unverzüglich kennzeichnen und komme diese Ausnahme nur in Betracht, wenn das Fahrzeug "vor kurzer Zeit" angeliefert wurde, wobei es auf die Tageszeit (!) ankommen soll. Grenze sei - auch im Falle der baldigen Auslieferung - ein Werktag, so die Verordnungsbegründung. Man stellt sich die Frage, wie ein Fahrzeug "erkennbar" gerade angeliefert worden sein soll. Für die erkennbare baldige Auslieferung schlägt die Begründung ein "Verkauft"-Schild vor, aber: Kann man dann nicht direkt ein Label hineinlegen, wenn die "Frist" ohnehin nur einen Werktag beträgt? Empfehlungen Die Regelung erscheint mir ein gesetzgeberisches Feigenblatt zu sein. Meine Empfehlung bleibt: Gerade angelieferte Fahrzeuge gehören nicht in die "erste Reihe", sondern auf den Kiesboden in die Nähe des Altölcontainers; die Fahrzeuge behalten die Schutzfolien innen und außen und auch die kryptischen Barcodes auf der Windschutzscheibe. "Erkennbarer" kann man es ja nicht machen. Bei auszuliefernden Fahrzeugen ist die Anbringung des Kennzeichens die erste Wahl; im Showroom selbst dann eben das "Verkauft!"-Schild oder die Stoffgarage - oder eben das schmucke Label. Der Autor: RA Sascha Leyendecker ist Partner der Kanzlei JuS Rechtsanwälte in Augsburg, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Für die AUTOHAUS akademie ist er unter anderem zum Thema Wettbewerbsrecht als Referent aktiv.

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