BMW: Die Agentur kommt 2027!

AH: Herr Ach, lassen Sie uns über den aktuellen Markt sprechen. Sind Sie mit 2025 bisher zufrieden? C. Ach: Wir sind mit dem BMW-Ergebnis zufrieden, da wir in einem rückläufigen Gesamtmarkt und einem ebenfalls rückläufigen Premiumsegment wie schon im Jahr 2024 wieder Segmentmarktanteile gewinnen. Zudem weisen wir im Vergleich zu unseren Wettbewerbern bei den Verkaufszahlen mit Abstand den geringsten Anteil an Fahrzeugen in der zweiten Preisschiene auf. Der größte Teil stammt also aus der ersten Preisschiene, das heißt, die Autos sind auch zu den ursprünglich angedachten Konditionen verkauft worden. Das ist für mich auch ein Indikator, dass wir ordentliche Geschäfte machen. AH: Mit erster Preisschiene meinen Sie Neuzulassungen und keine Zweitzulassungen? C. Ach: Genau. Erste Preisschiene bedeutet, dass der Kunde im Auto sitzt. Das bedeutet, dass beispielsweise Vermieter wie Sixt oder Werkskollegen den Wagen zuerst fahren und dieser dann zu günstigeren Konditionen verkauft wird. AH: Wenn man sich die Preisgestaltung der Modelle ansieht, lässt sich feststellen, dass dies nicht mehr ganz so einfach von der Hand geht wie in der Nach-Corona-Phase. C. Ach: Wir kommen aus einer Phase, die in den vorangegangenen 20 bis 30 Jahren kein Normalzustand war. Sowohl auf der Neuwagen- als auch auf der Gebrauchtwagenseite. Das Angebot war deutlich geringer als die Nachfrage. In so einem Fall gibt es eine Preisabsatzfunktion. Das heißt, wenn weniger Autos auf dem Markt sind, werden höhere Preise durchgesetzt und umgekehrt. Jetzt sind wir wieder im voll eingeschwungenen Zustand und können liefern wie alle anderen auch. Das macht sich in Sachen Transaktionspreis bemerkbar, weil jeder was vom Kuchen haben will. Daher geben wir in diesem Bereich mehr Gas als in der Coronaphase. Und das, wie eben schon gesagt, sehr bewusst über die erste Preisschiene. AH: Erwarten Sie, dass im Jahr 2026 wieder mehr Fahrzeuge auf die Straße kommen? C. Ach: Ich bin zwar ein Optimist, aber hier ist meine Perspektive etwas getrübt. Der Gesamtmarkt hat sich in etwa bei 2,8 Millionen Fahrzeugen eingependelt. Ich kann nicht sagen, ob im kommenden Jahr wieder 2,8 oder doch 2,9 Millionen auf dem Papier stehen, aber drei Millionen sehe ich hier perspektivisch nicht. Elektromobilität AH: Wie zufrieden sind Sie aktuell mit dem Verkauf von BEV? C. Ach: Wir sehen eine tolle Entwicklung bei den vollelektrischen Fahrzeugen. Wir verbuchen 2025 einen BEV-Anteil von mehr als 25 Prozent im Auftragseingang. Und wir sehen, dass unser immer weiter ausgebautes Produktportfolio dazu beiträgt. Natürlich nimmt gerade im BEV-Bereich die Wettbewerbsintensität zu, da immer neue Produkte auf den Markt kommen - auch von anderen deutschen Herstellern. Allerdings ergeben sich hier auch Riesen-Chancen. Unsere Entwicklung bei den vollelektrischen Fahrzeugen läuft in die von uns antizipierte Richtung und vor allem so, dass wir perspektivisch zum Jahresende compliant sind, was die CO?-Ziele anbelangt. Und das, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein, und ohne Autos verschenken zu müssen. AH: Und das liegt vor allem an BEV und Plug-in-Hybriden? C. Ach: Natürlich sind die Haupttreiber die BEV, denn diese haben einen CO?-Ausstoß von null Gramm. Die PHEV machen uns in diesem Bereich ebenfalls große Freude. Nichtsdestotrotz tragen auch alle anderen neuen BMW-Modelle dazu bei. Wenn ich beispielsweise einen drei Jahre alten 1er durch einen neuen 1er ersetze, dann bringt dieser auch eine CO?-Reduktion von 20 Gramm mit sich. AH: Warum sind PHEV in Ihren Augen wieder so attraktiv? C. Ach: Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir weiterhin in den PHEV investieren, weil wir nicht glauben, dass der Umstieg in ein BEV auf die Schnelle gelingt. Dann sind aus meiner Sicht zwei Dinge passiert, die Plug-in-Hybride gerade sehr attraktiv machen: Zum einen wurden die Produkte besser, die Autos fahren inzwischen 100 Kilometer elektrisch und laden schnell. Zum anderen hat sich die Bundesregierung für einen Steuersatz von 0,5 Prozent bei PHEV entschieden. Ich glaube auch, dass sich diese Technologie in jedem Fall noch länger hält, da der Use Case, Kurzstrecken elektrisch und längere Fahrten mit Verbrennermotor zu absolvieren, für ganz viele Menschen relevant ist. E-Auto-Förderung AH: In welcher Form müsste die Elektro-mobilität gefördert werden? C. Ach: Was wir nicht wollen, ist eine Umweltprämie. Ich glaube, man ist auf der Politik- und Herstellerseite gut beraten, wenn man einen 360-Grad-Ansatz verfolgt und die Elektromobilität ganzheitlich schmackhaft macht. Dazu gehören beispielsweise eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur sowie ein auf längere Sicht einschätzbarer Strompreis. Außerdem unterstützen wir den Vorschlag der Bundesregierung, die Dienstwagenbegünstigung im gewerblichen Bereich auf Fahrzeuge mit einem Bruttolistenpreis von 100.000 Euro auszuweiten. AH: Wie geht man bei BMW mit voll-elektrischen Leasing-Rückläufern um? C. Ach: Wir hatten Respekt vor diesem Thema. Die Entwicklungssprünge bei der Batterie von E-Fahrzeugen sind derzeit noch groß. Die Handelsorganisation und die BMW-Bank haben sich daher schon früh genug auf das Zurückkommen dieser Autos eingestellt. Wir schnüren unter anderem Pakete mit Ladegutscheinen und Wallbox-Angeboten, damit man die Attraktivität der Fahrzeuge nicht immer nur über den Preis steigert. Und der Bedarf an Leasingrückläufern steigt. Derzeit fließen die dreijährigen Autos sogar besser ab als erwartet. AH: Neue und gebrauchte BEV werden vor allem geleast. Wird sich diese Finanzierungsform weiter behaupten? C. Ach: Die Kundenbindung ist natürlich stärker, wenn dieser ein Fahrzeug kauft, aber ich verstehe, dass vollelektrische Autos meistens geleast werden. Das Thema Batterie ist noch unsicher, und viele steigen das erste Mal in ein vollelektrisches Auto. Für uns Hersteller bringt das wiederum den Vorteil mit sich, dass wir in Sachen Wiedervermarktung im Fahrersitz bleiben. AH: Also ist Leasing eher gut als schlecht? C. Ach: Also in der Phase, in der wir uns jetzt befinden, definitiv gut. Agenturvertrieb AH: Lassen Sie uns über das Thema Agentur sprechen. Mini performte zuletzt nicht gut, liegt das am Vertriebsmodell? C. Ach: Mit der Performance der Marke Mini sind wir derzeit nicht zufrieden. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Wir haben das komplette Produktportfolio innerhalb eines Jahres ausgetauscht. Das ist bei Mini gar nicht so einfach. Wenn Sie einen Mini fahren, erwerben Sie ein Lifestyle-Produkt und geben diesem einen Namen. Dann kommt ein neues Modell, und Sie schauen sich Ihr aktuelles Fahrzeug an und stellen fest, mein Auto ist das allerschönste. Das war schon immer so, dass neue Produkte bei Mini nicht dazu geführt haben, dass sich die Leute sofort auf das neue Auto stürzen. Natürlich spielt auch die Agentur eine Rolle. Vor allem an die IT-Umstellung muss man sich erst gewöhnen. Die anfänglichen Schwierigkeiten sind allerdings auch schon wieder weniger geworden. AH: Wird sich die Agentur in Zukunft als Vertriebsmodell durchsetzen? C. Ach: Ich bin der festen Überzeugung, dass die Agentur der richtige Weg ist. Die Mini-Erfahrung zeigt uns zwar, dass das Ganze kein Selbstläufer ist, sondern viel Arbeit mit sich bringt, aber wir halten daran fest. AH: Kann man sagen, dass man mit der Agentur weniger Autos verkauft, aber gleichzeitig mehr Ertrag erwirtschaftet? C. Ach: In der Agentur verkauft man nicht automatisch weniger Autos. Im Wholesale-Modell kauft der Händler ein Auto zu einer gewissen Kondition, und wenn wir möchten, dass mehr Fahrzeuge verkauft werden, legen wir Verkaufsförderungen in den Kofferraum. Und das kann man im Rahmen der Agentur genauso machen. Die Stellhebel, den Transaktionspreis zu beeinflussen, sind im Agenturmodell sogar noch größer. Denn im Wholesale-Modell ist beispielsweise nicht garantiert, dass Handelspartner die Verkaufsförderungen auch nutzen. AH: Wie nehmen die Kunden den Agenturvertrieb auf? C. Ach: Wir haben uns alle gefragt, wie die Reaktion seitens der Kunden ausfallen wird, wenn der Verkäufer einen bestimmten Preis nennt, der nicht verhandelbar ist. Dazu hören wir bisher nichts. Der Kunde nimmt das Vertriebsmodell also an. Wenn der Verkäufer sagt, den Preis legt jetzt der Hersteller fest, hat das für den Kunden auch den Vorteil, dass er weiß, er bekommt das Fahrzeug zu den bestmöglichen Konditionen. AH: Wo liegen die größten Herausforderungen bei der Etablierung dieses Vertriebs-modells bei Mini? C. Ach: Unsere größte Herausforderung in dieser Transformation besteht darin, die Fläche mitzunehmen. In der Vergangenheit wurde der ein oder andere Mini auch an BMW-Standorten verkauft, die diese Marke normalerweise nicht führen. Durch die Agentur wurden bei Mini jedoch komplett neue Systeme eingeführt. Das führt derzeit dazu, dass die Verkäufer an jenen Standorten aufgrund der unbekannten Systemwelt den Kunden einen 1er BMW anstelle eines Minis empfehlen. Deshalb arbeiten wir jetzt daran, den Mini-Vertrieb auf die Fläche auszuweiten. AH: Wie möchten Sie das machen? C. Ach: Wir geben unseren BMW-Händlern mehr Demos und Minis als Schauraum-Fahrzeuge an die Hand, damit die Autos besser präsentiert werden können. Zudem schulen wir unsere Misch-Verkäufer für die neuen Systeme. AH: Kommt bei BMW ebenfalls die Agentur? C. Ach: Ich möchte an dieser Stelle unseren Vorstandsvorsitzenden Oliver Zipse zitieren. Dieser sagte auf der BMW-Hauptversammlung, dass wir 2025 und 2026 dazu nutzen, die BMW-Agentur mit Mini vorzubereiten. AH: Das heißt, der 1. Januar 2027 ist der Stichtag für die BMW-Agentur? C. Ach: Wenn Sie das in diese Aussage hineininterpretieren, kann man das so schreiben. In der internen Planung gibt es derzeit allerdings noch keinen konkreten Startzeitpunkt. Wenn das bestimmte Jahr dann feststeht, wird man unterjährig damit beginnen, weil wir glauben, dass die Transformation im Flow besser gelingt als mit einem harten Cut zum Jahresende. AH: Im Oktober 2024 startete der Agenturvertrieb bei Mini. Warum braucht man eine mehrjährige Vorbereitungszeit für die Etablierung des Vertriebsmodells bei BMW? C. Ach: Wir müssen die Prozesse bei Mini stabilisieren und zeitgleich BMW dazu befähigen. Zudem haben wir auch einen großen Anteil am Behördengeschäft. Sonderumbauten und Polizeiautos gibt es bei Mini beispielsweise nicht. Das muss die Agentur aber können. Genauso verhält es sich mit einer Fahrzeugauslieferung in der BMW-Welt. Das heißt, wir müssen bei BMW sowohl Standardprozesse als auch den Sonderbedarf auf den Agenturvertrieb umstellen, und das braucht seine Zeit. Zudem hat die Qualität der Umsetzung bei uns oberste Priorität und nicht deren Geschwindigkeit. AH: Welche Vorteile bringt die Agentur für Sie als Hersteller mit sich? C. Ach: Seit 100 Jahren versucht die Branche, den Kunden besser zu betreuen. Sowohl wir als Hersteller als auch die Händler bekommen Kundendaten. Und wir nutzen diese Daten so gut wie gar nicht. Wenn einer glaubt, dass wir es schaffen, mit verschiedenen Legacys alles aus Kundendaten herauszuholen, sage ich ihm, dass dies nicht gelingen wird. Und dabei spreche ich aus Erfahrung, da ich das schon in mehreren Funktionen probiert habe. Die Agentur hingegen ermöglicht es automatisch, das Potenzial der Kundendaten gänzlich auszuschöpfen. Das ist ein Riesenvorteil für unsere weitsichtigen Handelspartner und für uns als Hersteller. AH: Also hat das Händlervertragsmodell ein Ablaufdatum? C. Ach: Wenn wir morgen wie viele andere Hersteller wieder zurück in das Wholesale-Modell gehen, dann verkaufen wir drei Autos mehr. Mittel- und langfristig - und dabei spreche ich nicht von fünf Jahren - wird die Agentur allerdings ein Riesen-Wettbewerbsvorteil sein. Vorausgesetzt, die Etablierung wird vernünftig umgesetzt. AH: Welche Auswirkungen hat die Agentur auf den Digitalvertrieb von Fahrzeugen? C. Ach: Digitaler Vertrieb bedeutet für mich nicht, dass ich ein Auto komplett online erwerbe. Der Kunde sollte vielmehr entscheiden können, welchen Schritt er online und welchen er analog abwickeln möchte. Die Agentur ermöglicht das. Kunden können ihr Auto online konfigurieren und bei Bedarf ein Autohaus ihrer Wahl besuchen, da wir unseren Handelspartnern die online gespeicherten Daten zur Verfügung stellen. Und umgekehrt funktioniert das natürlich genauso. AH: Glauben Sie, dass man in Zukunft Fahrzeuge komplett digital kaufen wird? C. Ach: Also wir sagten mal, dass 25 Prozent aller Verkäufe im Jahr 2025 komplett digital abgewickelt werden. Momentan stehen wir bei 0,7 Prozent. Ich glaube, dass die digitale Informationsbeschaffung zunehmen wird. Die Klickrate wird insgesamt zunehmen, aber meiner Meinung nach immer noch auf einem verhältnismäßig sehr niedrigen Niveau. Das liegt daran, dass wir ein erklärungsbedürftiges Premiumprodukt verkaufen. Und das möchte ich verstehen und erleben. AH: Inwieweit beeinflusst die Größe der Handelspartner die Einführung der Agentur? C. Ach: Die Größe des Unternehmens spielt an dieser Stelle keine Rolle. Auch kleinere Händler, die das richtige Mindset mitbringen, können die Agentur problemlos im eigenen Betrieb einführen. Wir brauchen veränderungsbereite Handelspartner, die den Blick nach vorn richten. AH: Hat das neue Vertriebsmodell einen Einfluss auf die Struktur des Händlernetzes? C. Ach: Wir wollen auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben. Um dies zu erreichen, muss man permanent an seiner Struktur arbeiten. Das gilt sowohl für den Hersteller als auch für sein Handelsnetz. Wir möchten die Qualität der Prozesse im Handel optimieren und Kosten senken. Das funktioniert in der Regel über größere Einheiten, allerdings gibt es hier auch Ausnahmen. Zudem bin ich der Überzeugung, dass unsere Handelspartner, wenn sie ein abgeschlossenes Marktgebiet betreuen und dort vom Vertrieb bis hin zu Lackierarbeiten alles abwickeln, noch erfolgreicher werden. Und wir können dadurch gleichzeitig unsere Ausgaben im Bereich Cost of Retail senken. AH: Was machen Sie, wenn eine größere europäische Handelsgruppe einen Ihrer Handelspartner übernimmt? C. Ach: Jeder darf jeden Betrieb kaufen. Wer einen Händlervertrag bekommt, bestimmen jedoch wir. Und das Netz wird nicht vom Handel strukturiert, sondern vom Hersteller. Das kommunizieren wir auch ganz klar. Wir wollen im Fahrersitz bleiben, was unser Händlernetz betrifft, und wir brauchen aktuell keinen neuen Player auf dem deutschen Markt. Wir haben exzellente Handelspartner, die alle gemeinsam mit uns wachsen möchten. Aktuell haben wir sogar das Problem, dass wir unseren großen Partnern nicht genug Wachstum bieten können. In dieser Hinsicht bringt die BMW-Agentur auch noch mal einen richtigen Boost, da dadurch wieder mehr Eigenkapital zur Verfügung steht. Das heißt, wir sind glücklich mit der aktuellen Netzstruktur. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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