MG Motor: "Wir haben eine steile Lernkurve"

Der chinesische Autoriese SAIC hat MG 2021 als Elektroautomarke in Kontinentaleuropa positioniert. 2023 kam MG Motor in Deutschland auf 21.232 Neuzulassungen und einen Marktanteil von 0,7 Prozent. Ein Gespräch mit Philipp Hempel, Vice President Sales bei MG Motor Deutschland, über Erfolgsrezept und Ziele der Marke. AH: Herr Hempel, der Markt ist etwas angespannt. Die Verkaufsförderung läuft auf Hochtouren. Wie schaut es bei MG nach zwei Monaten aus? P. Hempel: Wir sind weitergewachsen und haben das vergangene Jahr positiv abgeschlossen. 2024 wollen wir das Tempo halten, obwohl der Markt sehr volatil ist. Der nächste Schritt ist für uns 30.000 Einheiten bzw. mindestens ein Prozent Marktanteil. Wann wir dies erreichen, ist aber noch offen. AH: Wie reagiert man auf den vorherrschenden Preiskampf als eher kleinere Marke? P. Hempel: MG Motor gehört zum SAIC Konzern, dem größten Automobilproduzenten in China - ganz klein sind wir nicht. Deshalb können wir in der Produktion Synergien nutzen. MG ist - weltweit betrachtet - eher eine Volumenmarke. Als solche können wir beides erfüllen: Preis und Leistung. Da genügt es aber nicht, nur gute Autos zu bauen. Wir monitoren unsere Wettbewerbsfähigkeit genau und sind bei den Einstiegsmodellen gut aufgestellt. Bei rein elektrischen Fahrzeugen können wir, wenn es sein muss, dank des Agentur-Modells flexibel reagieren. AH: Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem Finanzpartner Arval? P. Hempel: Diese Zusammenarbeit ist einer der Gründe, warum wir so gewachsen sind. Arval ist ein zuverlässiger Partner, der uns an den richtigen Stellen unterstützt, und unsere Vertriebspartner bekommen die Flexibilität, die notwendig ist. Alles in allem haben wir hier ein eingespieltes Ökosystem. Wir können pro Monat bis zu 3.000 Autos in der Disposition digital abwickeln. AH: Wer vermarktet die Rückläufer? P. Hempel: Arval ist als Leasinggeber für das Remarketing zuständig. 2024 ist das erste Jahr, in dem eine signifikante Menge an Fahrzeugen aus dem Leasing zurückkommt. Wir haben eine Option, aber keine Verpflichtung, Leasingrückläufer zurückzunehmen. Aufgrund der europäischen Zusammenarbeit findet die Vermarktung in Deutschland und Europa statt. Das funktioniert bis jetzt sehr gut. AH: Gibt es schon eine Gebrauchtwagenmarke? P. Hempel: Die Marke "MG Certified Plus" ist bereits registriert. Wir haben die Standards definiert, und eine entsprechende Website geht zeitnah online. Da wir sieben Jahre Garantie geben, ist eine Garantieverlängerung aktuell nicht nötig. Zunächst vermarkten wir unsere Dienstwagen, dann die Vorführwagen unserer Vertriebspartner, die angekauft worden sind. Es gibt dafür auch entsprechende Anreize. AH: Wie weit sind Sie mit der Teileversorgung? P. Hempel: Wir haben inzwischen einen Fahrzeugbestand von mehr als 40.000 Autos in Deutschland. Wir bauen deshalb gerade eine eigene Teilelogistik in Deutschland auf, um unsere Vertragspartner entsprechend versorgen zu können. Wir haben für einen neuen Importeur eine steile Lernkurve. Unser rasantes Wachstum macht es erforderlich, dass wir entsprechende Strukturen in allen Bereichen aufbauen. AH: Sie haben das Netz gekündigt. Wann gibt es die neuen Verträge? P. Hempel: Wir kommen mit dem Upgrade-Prozess gut voran. Der neue Vertrag ist etwas feingliedriger. Es geht allerdings um normale Standards, wie zum Beispiel eine Ausstellungsfläche von 200 Quadratmetern oder eine entsprechende Beschriftung und ein Pylon - also nichts Besonderes. Gleichzeitig haben wir mit der neuen Vereinbarung auch die Marge für den MG4 Electric um ein Prozent erhöht. AH: Warum gibt es zwei Verträge: einen für BEV und einen für Verbrenner - wie bei Volkswagen? P. Hempel: Für jedes Produkt bedarf es des richtigen Vertriebskanals. BEV und Verbrenner unterscheiden sich stark im Tagesgeschäft. Für unsere Händler und MG Motor ist das Handelsmodell für die Verbrenner der richtige Ansatz - warum also nicht nutzen. AH: Wie man hört, hat mancher Händler noch Bedenken bei bestimmten Klauseln. Wie werden Sie damit verfahren? P. Hempel: Bei Fragen zu unseren Verträgen gehen wir typischerweise mit den Partnern ins Detail. Aus unserer Sicht konnten wir bis dato alle Fragen zielführend erörtern. AH: Werden Sie die Gründung eines MG-Händlerverbands forcieren? P. Hempel: MG würde sich hier neutral verhalten. Es gibt keinen Grund, derartige Chancen nicht zu nutzen - wenn sie sich ergeben. AH: Wie sieht das künftige Vertriebs- und Servicenetz aus? P. Hempel: Aktuell haben wir rund 135 Partner. Wir peilen im nächsten Schritt 200 Vertriebs- und Servicepartner an. AH: Sie setzen aktuell vor allem auf Gruppenhändler? P. Hempel: Wir setzen nicht nur auf die großen Gruppen, sondern auch auf mittelständische Betriebe. Wir wollen eine gesunde Diversität im Netz. Gerade die kleineren Händler haben von uns in den vergangenen Jahren profitiert. Auch hier müssen Zwischenebenen eingezogen werden. Unsere Standards bleiben weiterhin bewusst moderat. Denn letztlich zahlt das der Kunde. Aber wir sind auch gekommen, um zu bleiben. Das erfordert bestimmte Auflagen. AH: Sie haben in Genf unter anderem den neuen MG3 Hybrid+ präsentiert. Welche Erwartungen verbinden Sie mit dem neuen Auto? P. Hempel: Der MG3 Hybrid+ wird im Laufe des Jahres eingeführt und ist dann unser neues Einstiegsmodell. Wir sind dann erstmals seit unserem Markteintritt 2021 im B-Segment vertreten. Damit können wir neue Kunden ansprechen und zusätzliche Käufer gewinnen. Der MG3 Hybrid+ ist also eines unserer Geschenke zum 100. Geburtstag der Marke. AH: Was wird das Auto kosten? Gibt es dazu ein spezielles Finanzierungsangebot? P. Hempel: Noch ist es zu früh, einen Preis zu nennen - denn im Moment werden viele Dinge noch festgelegt und das Fahrzeug muss den Homologationsprozess durchlaufen. Aber wir sind bekannt dafür, attraktive Preise zu machen - und das wird auch beim MG3 Hybrid+ der Fall sein. Das schließt Barpreis, Leasing und Finanzierung mit ein. AH: Als Antrieb setzen Sie beim MG3 Hybrid+ auf Verbrennungsmotoren und Hybrid. Ist das auch ein Grund für den Erfolg von MG als einzige chinesische Marke, dass man nicht nur BEV im Programm hat? P. Hempel: Unsere guten Zulassungs- und Verkaufszahlen sind von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Zum einen können wir auf einen bekannten Namen aufbauen, das 100-jährige Bestehen der Marke hatten wir ja bereits angesprochen. Zum anderen setzt MG Motor nicht auf Oberklasse-Fahrzeuge, sondern hat ganz bewusst das Volumensegment im Blick. Das Produkt und das Preis-Leistungs-Verhältnis stehen bei MG Motor im Zentrum. Uns ist der Markteinstieg dank unseres Plug-in-Hybrids EHS 2021 gut gelungen, mit dem MG4 Electric haben wir ein gutes Elektro-Auto zu einem attraktiven Preis im Angebot, das sich vor Autos anderer Hersteller in der gleichen Klasse nicht zu verstecken braucht. Das wird goutiert. Jetzt ist die Zeit gekommen, sich vom Portfolio breiter aufzustellen. Der MG3 Hybrid+ ist da ein gutes Beispiel. AH: Welche Rolle spielt der Cyberster? P. Hempel: MG stand einst wie kaum eine andere Marke für bezahlbare Roadster, offene Zweisitzer zu einem attraktiven Preis. Mit einem elektrischen Roadster wollen wir die Emotionen für unsere Marke wecken und die Brücke zu den Anfängen von MG schlagen: einerseits mit Blick auf die eigene Geschichte, andererseits in die Zukunft gewandt. AH: Aktuell gibt es vier BEV und zwei Verbrenner bei MG. Was ist 2025 noch zu erwarten? P. Hempel: Jetzt kommt zunächst der MG3 Hybrid+ als Vollhybrid. Darüber hinaus sind wir mit der Konzernmutter SAIC sehr breit aufgestellt. Wir können schnell in das Regal greifen und bei Bedarf liefern, was der Markt verlangt. Wir sind gut darin, unseren Kundinnen und Kunden gut zuzuhören. Diese Flexibilität wird uns helfen, weiter zu wachsen. Wir werden zum Vollsortimenter. AH: Welche Rolle soll die neue Marke IM spielen und wie wird diese in Europa positioniert? P. Hempel: IM steht für "Intelligent Mobility" und wird viele innovative Ideen und Technologien auch auf den deutschen Markt bringen. Auf dem Automobilsalon in Genf haben wir den LM6 vorgestellt, der unter anderem elektrische Reichweiten von um die 800 Kilometer erreichen soll. Alle IM-Modelle verfolgen mit großen Bildschirmen im Innenraum und vernetzten Diensten zeitgemäße Ideen - das alles gibt ein Indiz auf die zukünftige Positionierung. AH: Wie wird der Vertrieb von IM organisiert - zum Beispiel über das MG-Händlernetz? P. Hempel: Dazu melden wir uns zu gegebener Zeit! AH: Herr Hempel, herzlichen Dank für das Gespräch!

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