Ausgabe 05/2012: Die Zukunft liegt im Osten

Die Zukunft liegt im OstenRussland und polen E In einer Studie untersucht das International Car Distribution Programme (ICDP) die Entwicklung der Neuzulassungen und der Vertriebsnetze in den beiden osteuropäischen Ländern. Christina Gutjar, ICDPDie Automobilmärkte in Russland und Polen verzeichneten über die letzten fünf Jahren sehr unterschiedliche Entwicklungen: Das rapide Absatzwachstum in Russland erreichte im Jahr 2008 ein Hoch, es wurden knapp drei Millionen Neufahrzeuge verkauft. Im Jahr 2009 verursachte die Wirtschaftskrise dann allerdings einen Absatzeinbruch um mehr als 50 Prozent, der den russischen Automobilsektor selbstredend hart traf. Die durch die russische Regierung zügig umgesetzten Maßnahmen wie eine Abwrackprämie, Einfuhrbeschränkungen für Importfahrzeuge und Kreditsubventionen für Privatkunden trugen zwar zu einer Erholung und einem 2011 erreichten Neufahrzeugvolumen von zwei Millionen bei. Allerdings konnten diese Maßnahmen den Markt nicht zum „Glanz“ von 2008 zurückverhelfen. Der polnische Neufahrzeugmarkt wurde im Vergleich weniger durch die krisenbedingten Einflüsse belastet. Allerdings leidet er unter den hohen Gebrauchtwagenimporten, welche seit dem EU-Beitritt Polens im Jahr 2004 den Neuwagenmarkt nahezu paralysiert haben. Allein im Jahr 2010 wurden 720.000 Gebrauchtwagen nach Polen eingeführt. Dementsprechend rangierten die Neuzulassungen in den letzten fünf Jahren lediglich zwischen 230.000 und 320.000 Neufahrzeugen, von denen im Schnitt 80 Prozent gewerblich zugelassen wurden. Entwicklung der VertriebsnetzeDas Wachstum der Vertriebsnetze in Russland ist stark durch die Entwicklung des Neufahrzeugmarktes geprägt. Die hohe Nachfrage nach ausländischen Marken beschleunigte das Netzwachstum. Mittlerweile besetzen internationale Herstellermarken 75 Prozent des gesamten Vertriebsnetzes in Russland. Zwar hat die Finanzkrise zwischen 2010 und 2011 kurzfristig zu einer Expansionsverzögerung geführt, allerdings setzte sich das Netzwachstum ab dem Jahr 2011 weiter fort. Im Zeitraum von 2006 bis 2011 ist das Händlernetz von knapp 1.100 auf 3.400 Vertriebsstützpunkte gewachsen. Bis 2010 konzentrierten sich 50 Prozent des gesamten Vertriebsnetzes noch überwiegend auf die Metropolen wie Moskau und St. Petersburg sowie Städte mit einer Einwohnerzahl weit über einer Million. Mittlerweile setzen Automobilhersteller allerdings verstärkt auf die regionale Expansion in ländlichen Gebieten mit Einwohnerzahlen zwischen 500.000 und 250.000 Einwohnern. Das Vertriebsnetz in Polen zeigt im Vergleich ein stagnierendes Wachstum. Im Zeitraum von 2006 bis 2011 hat sich die Anzahl der rund 1.850 Vertriebsstützpunkte kaum verändert. Zwar konzentriert sich das Vertriebsnetz in Polen – ähnlich wie auf dem russischen Markt – primär auf Warschau und weitere größere Städte, deckt jedoch auch Städte mit Einwohnerzahlen von bis zu 40.000 ab. Struktur der Vertriebsnetze Unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen auf beiden Märkten beeinflussen die Struktur ihrer jeweiligen Vertriebsnetze. Polen, das unter die Regelung der europäischen Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) fällt, weist eine stärkere Fragmentierung auf als das russische Vertriebsnetz. Das russische Vertriebsnetz zeigt eine stark homogene Struktur. Hier expandieren die Automobilhersteller überwiegend über einstufige Vertriebsnetze, in denen das Service- und Neufahrzeuggeschäft vertraglich aneinander gebunden sind. Separate Serviceverträge werden nicht vergeben, es sei denn es handelt sich um einen Händler, der sich vorübergehend in der Umbauphase befindet. Ferner ist der Anteil markenexklusiver Handelsbetriebe im gesamten Vertriebsnetz in Russland mit 84 Prozent sehr hoch. Vergleichsweise geringer ist der Anteil markenexklusiver Betriebe in Polen mit 67 Prozent.Wachstum und KonzentrationFür die Entwicklung der Neuzulassungen und Vertriebsnetze in Russland über einen Betrachtungszeitraum von fünf Jahren sind positive Tendenzen zu erwarten. Zwar werden wohl keine Wachstumssprünge wie zu Zeiten der Boom-Phase in den Jahren 2006 bis 2008 eintreten. Allerdings deuten die hohe Nachfrage nach Neufahrzeugen sowie die vergleichsweise niedrige Fahrzeugdichte von 277 Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner nach wie vor auf ein hohes zukünftiges Absatzpotenzial. Vor allem die steigende Nachfrage in den regionalen Gebieten der Russischen Föderation mit bis zu 500.000 Einwohnern werden in naher Zukunft verstärkt sowohl das Absatz- als auch das Netzwachstum fördern. Für den polnischen Automobilmarkt ist bis zum Jahr 2016 lediglich mit einem leichten Absatzwachstum von etwa 20 Prozent zu rechnen, welches maßgeblich durch die positive Entwicklung des Privatkonsums bedingt sein wird. Nichtsdestotrotz werden auch weiterhin die hohen Volumina importierter Gebrauchtwagen einen massiven Druck auf den Neufahrzeugmarkt ausüben. Dementsprechend ist in naher Zukunft weniger mit einem Vertriebsnetzwachstum zu rechnen, sondern eher ein Voranschreiten der Vertriebsnetzkonzentration zu erwarten. zLesen Sie hier...... wie sich die Automobilmärkte in Polen und Russland in den letzten Jahren entwickelt haben, worin sich die Vertriebsnetze unterscheiden und was für die Zukunft zu erwarten ist.Über ICDPDas International Car Distribution Programme (ICDP) ist eine Non-Profit Forschungsorganisation zu allen Themenbereichen des Automobilvertriebs. Ziel dieses Netzwerkes ist die neutrale und praxisnahe Forschung. Mitglieder des ICDP-Projekts sind neben nahezu allen großen Automobilherstellern auch automobilnahe Dienstleister, Verbände, aber auch zunehmend Autohandelsgruppen. Kontakt: Christina Gutjar, Tel. 0461/ 8052604, Mail: christinagutjar@icdp.net

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