Der Verkauf von Neuwagen lohnt sich trotz der grassierenden "Rabattitis" weiterhin. "Autos zu verkaufen, zu warten und zu reparieren ist noch immer ein sehr ordentliches Geschäft", erklärte Martin Gehring von der Beraterfirma Simon-Kucher & Partners jüngst in Stuttgart. Der Experte verwies auf neue Verdienstchancen für Händler wie mehr Zusatzausstattungen, Leasing- und Finanzierungspakete oder Flatrate-Produkte, die den Kundenkreis erweitern.
Nach Überzeugung von Gehrings Kollege Rainer Meckes hat der Rabattkampf auf dem Neuwagenmarkt aber an Dynamik gewonnen. "Der Preis ist schon stärker unter Druck als früher. Konkurrenz aus Japan und insbesondere Korea hat den Markt verändert", sagte er. Generell beobachten die beiden Experten eine Gesetzmäßigkeit: "Niemand gibt zu, die Schraube als erster gedreht zu haben. Es hat immer der andere die 100 Euro in den Kofferraum gelegt", so Meckes. Wichtig sei, bei den Rabatten das Rad auch wieder zurückdrehen zu können. Gehring: "Am besten gelingt das natürlich mit Autos, die jeder haben will."
Simon-Kucher sieht sich als Weltmarktführer in der Preisberatung. Die Bonner unterstützen Autobauer etwa beim Festlegen der Listenpreise oder Zulieferer bei deren Preistaktik. "Es gibt in Deutschland Hersteller mit traditionell eher höheren Listenpreisen und hohen Rabatten, zum Beispiel Citroën oder Volvo", sagte Meckes. "Die Rechnung 'hoher Listenpreis gleich hoher Rabatt' ist aber keine Gesetzmäßigkeit. Bei Porsche etwa dürfte ein zweistelliger Rabatt selbst in schwierigen konjunkturellen Zeiten eher schwer zu bekommen sein", betonte Gehring.
Der von Absatzkrisen getriebene Rabattkampf berge eine grundsätzliche Gefahr: "Wenn Listenpreis und Rabatt zu sehr auseinanderdriften, dann entsteht ein Steuerungsproblem. Wenn Kunden gewohnt sind, 20 Prozent zu kriegen, lässt sich das nicht mehr so einfach auf zehn Prozent zurückdrehen", sagte Meckes. Die taktischen Tageszulassungen auf die Autohäuser seien vor diesem Hintergrund ein wichtiger Hebel. "Die können bei Absatzproblemen massiv ausgeweitet werden." In besseren Zeiten verschwinde dieses Steuerungsinstrument dann wieder stärker.
Flottenkunden sichern Grundlast
Ohnehin laufe der Löwenanteil des Geschäftes vieler Autohersteller über die Unternehmens- und nicht über die Privatkunden. Die Flottenkunden sicherten die Grundlast im Werk. Zudem falle der Zwischenhändler weg. "Die Frage, wie viel die Hersteller mit dem Flottengeschäft noch verdienen, ist weniger relevant als die Bedeutung für volumenstarken und kontinuierlichen Absatz", unterstrich Gehring. "Die Marge im Flottengeschäft ist geringer. Aber das gilt nur auf die Autos bezogen. Denn für die Gesamtbetrachtung entscheiden auch Wartungsverträge und andere Zusatzgeschäfte." (dpa)
Ralf Reichenbach