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Allianz Autotag: Digitale Unfallaufklärung – was weiß das Auto?

29.09.2019 12:49 Uhr
Allianz Autotag: Digitale Unfallaufklärung – was weiß das Auto?
Ein aktueller Live-Crash in Ismaning, bei dem ein Fußgänger mit 35 km/h von einem Auto angefahren wurde, zeigte unmissverständlich: Außer einer durch den Kopfaufprall beschädigten Windschutzscheibe gab es kaum Beschädigungen am Fahrzeug und keine Unfallspuren auf der Straße. Der Fußgänger wäre nach Einschätzung eines Unfall-SV aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu Tode gekommen.
© Foto: Walter K. Pfauntsch

Die Allianz fordert mehr Transparenz und einheitliche Standards zu im Auto gespeicherten Daten: "Diese müssen bei Unfällen mit Verletzten oder Straftaten zur Klärung der Schuldfrage genutzt werden können."

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Moderne Fahrzeuge speichern bei Unfällen eine Reihe von Ereignisdaten ab, die für die Unfallaufklärung zunehmend unabdingbar sind. Bereits seit der Einführung des Antiblockiersystems (ABS) sind sichtbare Spuren wie Brems-, Blockier- oder Driftspuren am Unfallort immer schwerer zu finden. Heute kann eine Vielzahl von modernen Assistenzsystemen vor einem Unfall aktiv sein und den Unfallablauf maßgeblich beeinflussen. Deshalb werden die Analyse und Aufklärung von Unfällen mit den herkömmlichen Methoden mit zunehmender Automatisierung von Funktionen immer schwieriger.

"Es muss in Zukunft für Halter, Versicherungen, Behörden und Sachverständige für die Unfallrekonstruktion transparent sein, welche digitalen Unfallspuren zur Aufklärung zur Verfügung stehen", lautete eine Kernforderung auf dem kürzlich in Ismaning stattgefiundenen 7. Allianz-Autotag. Dazu gehöre u.a. die Information darüber, in welchen Fahrzeugmodellen welche Daten aufgezeichnet werden und wie und ob diese auslesbar sind. Während in den USA ein Mindeststandard für die Datenaufzeichnung in den Fahrzeugen bereits seit 2006 existiert, fehle in der EU bis heute eine entsprechende Regelung.

Ist der Mensch oder das Auto schuld am Crash?

Experten der Allianz, der Automobilwirtschaft, der Wissenschaft und der Behörden beschäftigten sich auf dem Allianz Autotag sehr konkret mit der digitalen Unfallaufklärung bei modernen Fahrzeugen. Implementiert waren dabei auch die künftigen Anforderungen an standardisierte Datenspeicher und der faire Zugang zu diesen Informationen. "Rechtssicherheit sowie Verbraucher- und Opferschutz können nur gewährleistet werden, wenn sich auch bei hochautomatisierten Fahrzeugen Hergang und Ursachen von Unfällen schnell und umfassend aufklären lassen", sagte Joachim Müller, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG, auf der Veranstaltung. Sein Credo: "Es muss künftig möglich sein zu klären, ob der Mensch oder das Auto den Unfall verursacht hat."

Differenzierung zwischen Unfällen mit Verletzten und reinen Blechschäden

Bei der Unfallaufklärung müsse auch das Interesse der Betroffenen am Schutz ihrer Daten berücksichtigt werden. "Nicht jeder möchte akzeptieren, dass im Schadenfall sein eigenes Fahrzeug vor Gericht gegen ihn aussagt", war die einhellige Auffassung.

Nach Ansicht der Allianz müssen auch Unfälle mit Verletzten oder Straftaten anders bewertet werden als Sachschäden. "Wenn ein Mensch verletzt oder getötet wurde, sollten alle im Fahrzeug nutzbaren Daten zur Aufklärung der Schuldfrage herangezogen werden können. Bei einem reinen Sachschaden sollte sich allerdings kein Beteiligter durch seine Daten aus dem Fahrzeug selbst belasten müssen", so Müller.

5 zentrale Postulate

Die wichtigsten Positionen der Allianz zur digitalen Unfallaufklärung lauteten zusammengefasst:

1. Die Allianz fordert mehr Transparenz zu den im Fahrzeug gespeicherten Fahrzeugdaten bei einem Verkehrsunfall. Die Fahrzeughalter müssen sich einfach und unkompliziert über die Daten informieren können, die in ihrem Auto gesichert werden.

2. Die Standards, die derzeit von der EU für künftige Unfalldatenspeicher und Fahrmodusspeicher entwickelt werden, müssen geeignet sein, Verkehrsunfälle mit modernen Fahrzeugen aufzuklären. Dafür reicht ein kurzes zeitliches Fenster von einigen Sekunden vor und nach dem Unfall aus.

3. Insbesondere müssen Eingriffe von Fahrerassistenzsystemen abgespeichert werden, sofern sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit einem Unfallereignis stehen. Dies ist erforderlich, weil Fahrerassistenzsysteme zunehmend Einfluss auf den Hergang von Unfällen nehmen.

4. Bei Sachschäden soll es der Entscheidung des Betroffenen obliegen, ob die Daten seines Fahrzeugs zur Unfallaufklärung genutzt werden. Sind Menschen verletzt oder getötet worden, oder handelt es sich um eine Straftat, überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufklärung der Schuldfrage. Die Daten können in diesem Fall auch gegen den Willen des Betroffenen verwendet werden.

5. Die Allianz empfiehlt einen unabhängigen Treuhänder, dem künftig die zur Unfallaufklärung erforderlichen Daten bei hoch- und vollautomatisierten Fahrzeugen übertragen werden. Es soll kein Interessenträger einen ausschließlichen Zugang zu diesen Daten haben – weder einer der Unfallbeteiligten noch der Fahrzeughersteller oder Versicherer. (wkp)

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