Ist der Verbandkasten vorhanden und auch vollständig bestückt? Diese Kontrolle durch einen Prüfingenieur gehört zu jeder Hauptuntersuchung (HU) der GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH und ihrer Partner. Erfüllt das vorgeführte Fahrzeug diese in der StVZO festgehaltene Vorgabe nicht, wird das als geringer Mangel eingestuft. Ebenfalls kontrolliert der Prüfingenieur, ob die Haltbarkeitsdaten der steril verpackten Hilfsmittel im Erste-Hilfe-Set noch aktuell sind. Ist das Datum überschritten, hält er einen entsprechenden Hinweis fest.
Mängel eher selten
Die Erfahrung der GTÜ-Prüfer spiegelt wider, wie deutsche Autofahrer mit dem Thema Verbandkasten umgehen: Nur selten gebe es einen Mangel, weil der Verbandkasten komplett fehlt oder nicht vollständig bestückt ist, sagt die Stuttgarter Überwachungs-Organisation: "Im vergangenen Jahr kam das bei den insgesamt rund 3,4 Millionen Hauptuntersuchungen durch die GTÜ knapp 15.000 Mal vor. Das entspricht einem Anteil von rund 0,45 Prozent." Vor 20 Jahren habe es ähnlich ausgesehen: Im Jahr 2000 führten die GTÜ-Partner insgesamt etwas mehr als 1,6 Millionen Hauptuntersuchungen durch. Dabei fehlte der Verbandkasten bei knapp 6.000 vorgestellten Fahrzeugen (0,37 Prozent).
Ablaufdatum beachten
Deutlich häufiger sei indes der Inhalt des Sets abgelaufen. Oft werde das bei der zweiten Hauptuntersuchung nach Erstanmeldung eines Fahrzeugs festgestellt, wenn darin noch die ursprüngliche Ausstattung des Verbandkastens vorhanden ist. Denn die Haltbarkeit der meisten Erste-Hilfe-Sets läuft nach fünf Jahren ab.
An der Relevanz der Verbandkastenkontrolle bei der HU besteht nach Auffassung der GTÜ "kein Zweifel, denn die Prüfung ist wichtig für die Sicherheit im Straßenverkehr". Schließlich könne das Erste-Hilfe-Set an Bord bei einem Unfall lebensrettend sein. Genauso entscheidend sei es, dass Autofahrer aktuelle Erste-Hilfe-Kenntnisse haben, um den Verbandkasten auch richtig anwenden zu können.
Von ersten Ideen zur Vorab-Pflicht für Busse
Die Idee, eigens für Kraftfahrzeuge Verbandkästen zusammenzustellen, stammt aus den 1920er-Jahren. Damals beginnt die Motorisierung breiterer Bevölkerungsschichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg nimmt sie dann so richtig an Fahrt auf. In der Bundesrepublik Deutschland werden die Verbandkästen gesetzlich erstmals 1960 für Omnibusse vorgeschrieben. Personenwagen müssen erst seit 1970 einen Verbandkasten an Bord haben. Die Pflicht und ihre Überprüfung werden schrittweise eingeführt, Details regelt eine Aktualisierung der StVZO aus dem Jahr 1969 in Paragraph 35 h.
Ab 1970 gehört der Verbandkasten zum Neuwagen
Den Anfang machen ab dem 1. Januar 1970 neu zugelassene Fahrzeuge, die schon bei der Zulassung einen Verbandkasten haben müssen. Mit dem 1. Januar 1972 gilt die Pflicht dann für alle Automobile. Relevant für die Hauptuntersuchung wird das Erste-Hilfe-Set ab dem 1. Januar 1971. Denn ab diesem Stichtag kontrollieren die Prüfer, dass ein der Norm entsprechender Verbandkasten an Bord ist. Seit November 1990 gehört auch die GTÜ zum Kreis der HU-Prüforganisationen, und seitdem ist die Verbandkastenkontrolle Teil ihrer Aufgaben. Seit dem Jahr 2014 dürfen in Deutschland nur noch Kfz-Verbandkästen verkauft werden, die der Norm DIN 13164 entsprechen.
Relevant für Autofahrer ist aber nicht allein die Norm. Denn ist das Mindesthaltbarkeitsdatum der sterilen Materialien abgelaufen, müssen diese erneuert werden. Dabei ist aber genau darauf zu achten, dass alle anderen Teile des Verbandkastens wieder mit eingepackt werden. Sonst gilt er bei der nächsten HU als nicht vollständig, und es gibt einen geringen Mangel im Prüfprotokoll. Am einfachsten ist es, ein neues und damit zuverlässig der jeweils aktuellen Norm entsprechendes Set zu kaufen.
Erste Hilfe will gelernt sein
So wichtig wie das Erste-Hilfe-Material an Bord sind die Kenntnisse zur Anwendung. Aus diesem Grund schreibt die StVZO ab dem Jahr 1970 auch vor, dass man für den Erhalt eines Führerscheins einen Erste-Hilfe-Kurs ("Unterweisung in Sofortmaßnahmen am Unfallort") absolvieren muss. Entsprechende Lehrgänge bieten zahlreiche Hilfsorganisationen an. Die GTÜ rät Kraftfahrern dazu, einen solchen Kurs spätestens alle drei bis fünf Jahre zu belegen. Denn das Wissen könne helfen, Leben zu retten – bei einem Verkehrsunfall genauso wie in anderen Notlagen.
Gerade bei Straßenverkehrsunfällen können Ersthelfer direkt nach dem Geschehen mit der Versorgung von Verletzten einen entscheidenden Beitrag leisten. Genauso wichtig in solchen Situationen ist es, die Unfallstelle abzusichern und über den Notruf Unterstützung durch Rettungsdienst und Feuerwehr anzufordern. Wie wichtig der Notruf gewertet wird, zeigt eine Tatsache: Schon wer diesen absetzt, wird nicht wegen unterlassener Hilfeleistung belangt.
Wo macht die Unterbringung Sinn?
Verändert hat sich seit dem Beginn der Prüfpflicht vor 50 Jahren auch, wie Verbandkästen im Fahrzeug untergebracht werden. Auf der Hutablage zum Beispiel sind Erste-Hilfe-Sets starker Sonnenwärme ausgesetzt, was schlecht für das Material ist. Am besten geeignet sind seitliche Fächer in der Fahrertür oder Taschen an der Rückseite des Fahrersitzes. Hat das Auto eine Schublade unter dem Fahrersitz, lässt sich der Verbandkasten auch hier unterbringen. Häufig ist das Erste-Hilfe-Set herstellerseitig in einem seitlichen Fach ganz vorn im Kofferraum untergebracht. Das ist für gewöhnlich gut zu erreichen – nach einem Heckaufprall jedoch oft nicht mehr. Absolut falsch ist es jedoch, Verbandskasten und Warndreieck ganz tief im Kofferraum zu verstauen. Denn wenn bei einem Unfall erst einmal der Kofferraum ausgeräumt werden muss, geht dadurch wertvolle Zeit verloren. (bs)