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Goslar AK VI: Beim Thema Dashcam herrscht weiterhin Uneinigkeit

05.02.2016 16:58 Uhr
Dashcam-Fahrzeug
Für die Versicherungswirtschaft und einen Teil der Verkehrsrechtsanwälte brachte die Resolution zu den Dashcams nicht die erhoffte Lösung, nach der die Schuldfrage insbesondere bei Verkehrsunfällen schneller und genauer hätte geklärt werden sollen.
© Foto: Picture Alliance/Wolfgang Kumm

Entgegen den Interessen der Versicherungswirtschaft kam es im zuständigen Arbeitskreis VI zu keiner Grundsatz-Empfehlung, wonach Dashcam-Aufzeichnungen zur Beweissicherung und -führung generell gerichtlich zugelassen wären.

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Die Wahrheitssuche im Verkehrsunfallprozess ist oftmals schwierig. Parteien und Zeugen geben unterschiedliche Darstellungen, Sachverständige suchen vergeblich nach verwertbaren Spuren. Nicht selten bleibt der Unfallverursacher, etwa bei einem Parkrempler, unerkannt und der Angefahrene auf seinem Schaden sitzen. Dass eine Filmaufzeichnung des Vorganges hilfreich sein könnte, hatte vor dem 54. Verkehrsgerichtstag insbesondere der Gesamtverband der Deutschen Versicherer sehr deutlich formuliert und für eine gerichtliche Zulassung votiert.

Schließlich habe heute auch der technische Fortschritt "diesen Wunsch erfüllbar gemacht". Mini-Kameras seien für Jedermann erschwinglich, deren Anbringung auf dem Armaturenbrett, auf einem Schutzhelm oder Fahrradlenker unproblematisch. Wie sich aber die Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens mit dem Datenschutz und dem Persönlichkeitsrecht anderer Verkehrsteilnehmer verträgt, stand in Goslar zur Diskussion. Insbesondere ging es dabei um die Frage, ob es hinzunehmen sei, dass man auf der Straße permanent und unkontrollierbar gefilmt und später womöglich – im wahrsten Sinne des Wortes – vorgeführt werde?

Dem AK VI war deshalb bereits vor Beginn des VGT klar , dass er es "mit einer neuen Form von Interessenkollision zu tun" habe, die rechtlich noch nicht geklärt ist. Es gibt bisher nur divergierende Entscheidungen unterer Gerichte zu der Frage, ob derartige Aufzeichnungen erlaubt und im Gerichtsverfahren verwertbar sind. Im Arbeitskreis sollte deshalb die Thematik unter verfassungs-, datenschutz- und prozessrechtlichen Aspekten, auch mit Blick auf Regelungen in anderen Ländern, erörtert und nach einer Lösung der Interessenkollision gesucht werden.

Sind Dashcams also ein zu- oder unzulässiges Beweismittel im Zivil- und Strafverfahren? Geht die Wahrheitsfindung dem Persönlichkeitsrecht vor? Und geht es letztlich um einen Täter- oder einen Opferschutz? Darüber diskutierten unter Leitung des ehemaligen BGH-Richters und früheren Rechtswissenschaftsprofessors der Universität Erlangen-Nürnberg, Prof. Dr. Reinhard Greger als weitere Referenten RA Markus Heberlein von der juristischen Zentrale des ADAC, sowie Kai Lohse, Oberstaatsanwalt beim BGH in Karlsruhe, Dr. Holger Niehaus, Richter am Landgericht sowie wissenschaftlicher BGH-Mitarbeiter und RA Dr. jur. Michael Nugel aus der Kanzlei Grunewald, Nugel & Collegen in Essen.

"Ja, aber und ansonsten Nein" – die uneinheitliche Resolution

Zum Abschluss der zweitägigen AK-Sitzung kam es zu folgender Beschlussfassung:

1. Die Video-Aufzeichnung von Verkehrsvorgängen mithilfe von Dashcams kann einen Beitrag zur Aufklärung von Unfallhergängen und Straftaten leisten, aber auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten führen. Der Arbeitskreis beklagt, dass weder in Deutschland noch in den Nachbarländern eine klare Rechtslage zur Verwendung derartiger Kameras und zur Verwertung damit erzeugter Aufnahmen vor Gericht besteht.

2. Der Arbeitskreis empfiehlt daher eine gesetzliche Regelung, die auf der Basis des europäischen Datenschutzrechts möglichst ein einheitliches Schutzniveau innerhalb der EU gewährleistet.

3. Anstelle eines generellen Verbotes oder einer generellen Zulassung derartiger Aufzeichnungen ist ein sachgerechter Ausgleich zwischen Beweisinteresse und Persönlichkeitsrecht durch den Gesetzgeber geboten.

4. Dieser Ausgleich könnte darin bestehen, dass die Aufzeichnung mittels derartiger Geräte dann zulässig ist, wenn die Aufzeichnung anlassbezogen, insbesondere bei einem (drohenden) Unfall, erfolgt oder bei ausbleibendem Anlass kurzfristig überschrieben wird.

5. Die Verwertung von rechtswidrigen Dashcam-Aufnahmen im Gerichtsverfahren richtet sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu den Beweisverwertungsverboten.

6. Die Verfolgung von Verkehrsverstößen ohne schwerwiegende Gefährdung oder Folgen soll weiterhin nicht auf die Aufzeichnungen von Dashcams gestützt werden können.

7. Der Missbrauch von Aufzeichnungen mit personenbezogenen Daten, z. B. eine Veröffentlichung im Internet, sollte mit Sanktionen bedroht werden. (wkp)

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