Daten sind längst zu einem Rohstoff geworden, der für Unternehmen einen wichtigen Erfolgsfaktor im globalen Wettbewerb darstellt. Diesen Schatz zu heben und zu nutzen, gestaltet sich in der Praxis aus mehreren Gründen schwierig. Die Verwertung persönlicher Daten muss im Rahmen staatlicher Regulierung erfolgen, dem einzelnen Konsumenten die Hoheit über seine Informationen garantieren und gleichzeitig der hiesigen Wirtschaft Chancengleichheit mit der Konkurrenz aus China und den USA ermöglichen. Statt die Vorteile von Big Data, also der Erhebung und Auswertung großer Datenmengen, in den Mittelpunkt zu stellen, werden vielerorts drohende "Big Brother"-Fantasien formuliert.
Zwischen Angst und Sorglosigkeit
Das Potenzial zum Bürgerschreck ist also durchaus vorhanden, auf der anderen Seite kann Big Data auch zum Hoffnungsträger werden – vor allem, wenn in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz auf der Auswertung persönlicher Informationen basierende Smart Services erheblich dazu beitragen, das Leben der Konsumenten einfacher, gesünder, sicherer und angenehmer zu gestalten.
Professor Dr. Susanne Knorre von der Hochschule Osnabrück, Professor Horst Müller-Peters von der Technischen Hochschule Köln und Professor Fred Wagner vom Institut für Versicherungslehre der Universität Leipzig kommen in einer aktuellen Studie zu dem Schluss, dass ein Paradigmenwechsel im Umgang mit Big Data erforderlich ist. Nur so sei gewährleistet, dass die großen Chancen der Digitalisierung nicht auf der Strecke bleiben, ohne den notwendigen Datenschutz zu vernachlässigen. Gefragt sei ein Mittelweg aus "übertriebener Angst auf der einen und völliger Sorglosigkeit auf der anderen Seite, hin zu einem Bürger, der souverän und bewusste mit seinen persönlichen Informationen umgeht", so die Experten.
Zweckgebunden statt übergriffig
In Goslar nannte Mitautor Professor Wagner mögliche nutzenstiftende Anwendungsgebiete für Big Data, so unter anderem Fortschritte und bessere Dienstleistungen in den Bereichen Mobilität, Wohnen und Gesundheit. Gäbe es greifbare Vorteile wie Einbruchsschutz oder die Einhaltung von Verkehrsregeln, sei der Bürger bereit, seine Informationen preiszugeben.
Dr. Thilo Weichert, Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. plädierte ebenfalls für die Ausschöpfung des vollen Potenzials im Bereich Gesundheitswesen. Er wies jedoch darauf hin, dass niemand hochsensible, personenbezogene Daten beteiligten Unternehmen zur weitergehenden Vermarktung zur Verfügung stellen würde. Mit Blick auf China, wo die Regierung über ein Social-Credit-System nichts anders als eine totale Überwachung und Bewertung des Verhaltens der Bürgerinnen und Bürger plane, warnte er vor "weitergehenden Analysen, durch die unter dem Deckmäntelchen ökonomischer Verwertbarkeit ganze Gesellschaften beeinflusst werden können".
Ist der Kunde Herr der Lage?
Versicherungsnehmer über Rabattsysteme zu verkehrskonformem Verhalten zu aninmieren, sei hingegen Zweckbindung im positiven Sinn, kommentierte Dr. Weichert die Telematiktarife deutscher Kfz-Versicherungen. Marktführer HUK-Coburg verspricht sich davon laut Vorstandssprecher Klaus-Jürgen Heitmann Vorteile in der Schadensprognostik: "Als Gegenleistung für die mit dem Einverständnis des Fahrers gesammelten Mobilitätsdaten, die in modernen Fahrzeugen ohnehin vorliegen, erhält der Konsument attraktive Vertragskonditionen."
Warum die Goslarer Expertenrunde solche Angebote noch für Ausnahmen hält und welche Voraussetzungen die Politik für die aktive Vermarktung der Daten durch die Bürger selbst schaffen müsste, lesen Sie in der kommenden Ausgabe von SchadenBusiness, die gemeinsam mit AUTOHAUS 7 am 1. April 2019 erscheinen wird. (kt)