Harte Bandagen wurden im Versicherungsmarkt in den vergangenen Jahren angelegt: Viele Assekuranzen schrieben bei der Combined Ratio im wichtigen Bereich Kfz-Police regelmäßig Verluste – also nahmen über ihre Prämien 100 Euro ein und mussten nach Angaben des GDV für 2011 zum Beispiel bei der Vollkasko 115 Euro wieder ausgeben. Das zehrt an der Substanz und kann auf Dauer nicht gut gehen. Es ist also kein Wunder, dass nach einer neuen Marktstudie "Zur Preissituation im deutschen Kfz-Versicherungsmarkt", die von der Direkt Line Versicherung AG in Auftrag gegeben wurde, die Prämien im kommenden Jahr steigen.
Professor Dr. Thomas Köhne vom Institut für Versicherungswirtschaft e.V. an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR) erklärte, dass sich über die vergangenen Jahre ein stabiles, aber nicht auskömmliches Preisniveau ergeben habe. Und die Versicherungswirtschaft reagierte: Demnach lagen im Spätsommer 2012 im Neugeschäft die Tarife durchschnittlich um 6,9 Prozent höher. Prämien mit geringerem Deckungsumfang wurden sogar um durchschnittlich 18,9 Prozent angehoben.
38.712 Kalkulationen
Methodisch ging die Studie folgendermaßen vor: Zehn Musterkunden wurden laut Köhne ausgewählt und für sie mit Hilfe des Nafi-Kfz-Kalkulators in 20 Gebieten Versicherungsprämien abgefragt. Dieses unabhängige Tool habe Zugriff auf über 350 Kfz-Tarife. Insgesamt seien zwischen dem 12. und 14. September rund 40 Angaben pro Musterkunden mit seinem Fahrzeug eingegeben worden. 38.712 Tarifkalkulationen wurden durchgeführt.
Große Differenzen
Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung war die Feststellung, dass die preisliche Spannbreite zwischen den Angeboten der Versicherer – unabhängig vom Risiko – enorm war. Köhne sagte, dass sich die große Differenz seiner Ansicht nach auf unterschiedliche Leistungsumfänge der Angebote, teils auf unterschiedliche Risikobewertungen der Versicherer und teils auf unterschiedliche Preise und Wettbewerb zurückführen lasse. In den über 200 Kombinationen betrug die niedrigste Spannbreite zwischen dem günstigen und teuersten Angebot 787 Euro. Die größte Differenz betrug 3.309 Euro und zwar für einen VW Polo, der von einem Studenten gefahren wurde. Im Durchschnitt aller Kombinationen betrug die Spannbreite 1.410 Euro.
Unterschiede je nach Zulassungsbezirk
Die durchschnittlichen Preisunterschiede zwischen dem günstigen und dem teuersten Kfz-Versicherungsangebot nach Zulassungsbezirk sind also deutlich. Nach Angaben des Instituts für Versicherungswirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin sind gerade die Großstädte in Deutschland besonders von drastischen Preisdifferenzen betroffen. Berlin führt die Statistik mit 1.727 Euro an, gefolgt von München mit 1.578 und Hamburg mit 1.535 Euro. Den kleinsten Preisspielraum offerieren Versicherungen den Kunden in Wittenberge mit 1.213 Euro und im niedersächsischen Melle mit 1.152 Euro. (ses)
Kfz-Versicherung: Differenz von bis zu 3.300 Euro
Der Kampf in der Kfz-Versicherung war in den vergangenen Jahren für Assekuranzen in finanzieller Hinsicht recht kräftezehrend. Dennoch sind die Unterschiede bei den einzelnen Versicherungen bei konkreten Modellfällen gigantisch: Bis zu 3.300 Euro Preisdifferenz konnten laut einer neuen Studie ermittelt werden.