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Trotz Systemrelevanz: "Es kommt einfach zu wenig Arbeit in unseren Betrieben an"

12.04.2020 10:38 Uhr
Trotz Systemrelevanz: "Es kommt einfach zu wenig Arbeit in unseren Betrieben an"
Macht sich große Sorgen um die auf Schadensteuerung angewiesenen K&L Betriebe: BVdP-Vorstandsvorsitzender Reinhard Beyer.
© Foto: Walter K. Pfauntsch

Eine Woche nach Ostern werden die meisten Schadensteuerungsbetriebe die Coronakrise wohl noch überstehen, schätzt BVdP-Vorstandsvorsitzender Reinhard Beyer. Sollte die Reparaturflaute allerdings noch deutlich länger andauern, sei ein wirtschaftliches Desaster in der K&L Reparatur nicht auszuschließen.

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In der vergangenen Woche hat der umtriebige BVdP-Chef, der als K&L Unternehmer (HOB Repair Group Holzapfel + Beyer GmbH) auch selbst von der Coronakrise betroffen ist, mit allen wichtigen Versicherern und Schadensteuerern des Landes gesprochen. Dazu gehörten neben der HUK-Coburg und Innovation Group vor allem auch Allianz, DEVK, DMS Damage Management System, HDI/SSV Schadenschutzverband, SPN Service Partner Netzwerk und andere.

Reinigungspauschale fast überall akzeptiert

Im Ergebnis zahlen – mit einer Ausnahme – derzeit alle Volumen-Auftraggeber den Betrieben eine Pauschale von in der Regel einer halben Arbeitsstunde für das Desinfizieren eines hereinkommenden Fahrzeuges vor Reparaturbeginn und einer zweiten Desinfektion bei Fahrzeugrückgabe. Meist ist dies ein Pauschalbetrag um die 50 Euro. Beyer wörtlich: "Man muss einfach bedenken, dass das Virus in Fett gelagert ist und deshalb mit Schaumreiniger, sprich Seife, zu entfernen ist. Das fordern wir verbandsseitig auch von unseren Betrieben ein. Alle Bauteile, mit denen die Insassen in Berührung kommen, sind also einmal mit dem Schaumreiniger zu behandeln, wenn das Auto reinkommt und dann nochmals, wenn das Auto wieder rausgeht. So dass der Kunde das gute Gefühl hat, ein desinifiziertes Fahrzeug zurück zu erhalten."

Ohne Fahrzeug-Desinfektion geht gar nichts

Im weiteren Telefongespräch mit der Redaktion von AUTOHAUS Schadensmanager machte Beyer deutlich, dass (fast) alle Schadenslenker den Sinn dieses zusätzlichen Reinigungsaufwandes aus Sicht des Gesundheitsschutzes für Mitarbeiter und Kunden eingesehen haben. In der Breite des Auftragebermarktes sei zudem das Bewusstsein dafür da, dass sich die Fahrzeughalter ohne diese Maßnahme dem Gang in eine Werkstatt weithin verweigern und lieber mit Schrammen und Beulen weiterfahren, solange das Fahrzeug ansonsten verkehrssicher geblieben ist.

Nächste Gespräche mit Flotten und Leasingfirmen

Ab der kommenden Woche soll jetzt mit den Vertretern aus Flotte und Leasing, beginnend mit ALD, gesprochen werden. Auch von diesen Schadensteuerern erhoffen sich die BVdP-Betriebe aktive Unterstützungsmaßnahmen. "Ob und inwieweit wir unsere bisherigen fünf verbandseigenen Unterstützungsmaßnahmen in der nahen Zukunft erweitern, hängt davon ab, was jetzt passiert", so Reinhard Beyer gegenüber AUTOHAUS.

Mehr Rentabilität in allen Bereichen gefordert

Konkret meinte er damit die Frage, ob nach der kommenden Osterwoche, also ab 20. April die politischen Beschränkungen sukzessive gelockert oder noch länger beibehalten werden. Abhängig seien weitere BVdP-eigene Maßnahmen zudem vom tatsächlichen Umfang der Hilfestellung seitens der Schadensteuerer. Bereits am 31. März rief der Verband nach einer aus seiner Sicht längst überfälligen Anpassung des Stundenverrechnungssatzes auf mindestens den mittleren Dekra-SVS, forderte einen Nichtabzug bei den ET-Margen, eine vollständige Kostenübernahme des Lackmaterials und sonstiger aktuell noch hinzukommender Logistik-Kosten. (Siehe hierzu auch unsere weitere Meldung zu den bisherigen BVdP-Hilfsaktionen von heute.)

Bisweilen gehts allenfalls um "Kleingimmicks"

"Nur oberflächliche Maßnahmen" seitens der Auftraggeber seien da wenig hilfreich. Wenn das "Premiumprodukt Schadensteuerung" künftig überhaupt noch funktionieren soll, dann müssten jetzt tragfähige Lösungen her, die auch über die Krisenzeit hinaus Bestand hätten. Im Moment, so Beyer, gehe es vielfach noch um "Kleingimmicks", die auf Dauer aber nicht ausreichen würden, um die Investitions- und Wettbewerbsfähigkeit der schwerpunktmäßig in der Schadensteuerung tätigen K&L-Fachbetriebe zu erhalten.

Auftragseinbrüche bis 50 Prozent

Auf die Frage, wie stark die Einbrüche bei den Werkstattaufträgen bisher in den Betrieben des BVdP zu Buche schlugen, nannte der Vorstandsvorsitzende eine Quote zwischen 20 und 50 Prozent: "Die einen trifft es stärker, andere weniger. Aber im Segment Schadensteuerung ist es insgesamt heftig." Bis zum vergangenen Freitag sei ihm noch keine Insolvenz aus BVdP-Kreisen bekannt geworden, so Beyer. Und er könne sich auch vorstellen, dass die meisten seiner Kollegen wohl noch eine Woche nach Ostern überstehen könnten, weil sie viel Eigenkapital in ihren Betrieb reinsteckten. "Wenns aber über den 20. April noch deutlich länger so weiter geht, droht ein wirtschaftliches Desaster."

Schäden extrem rückläufig – düstere Perspektive

Zwar dürften die Betriebe – sie gelten mit ihrer Tätigkeit schließlich als systemrelevant – weiterhin Unfallreparaturen durchführen. "Doch was nützt uns das, wenn es keine Arbeit gibt, weil kaum gefahren wird bzw. nicht gefahren werden darf und somit bereits die reine Zahl an tatsächlichen Schäden extrem rückläufig ist?", stellt der BVdP-Frontmann die rhetorische Frage. Im Moment sei einfach viel zu wenig Arbeit vorhanden, mit denen ein Betrieb zumindest seine Fixkosten decken könne.

Weiter konstatiert er: "Es gibt bei uns kaum einen Betrieb, der nicht alles angemeldet bzw. beantragt hat, was auch möglich ist. Es gibt auch bereits einige Betriebe, von denen ich weiß, dass sie schon Kurzarbeit machen. Viele haben ihre Leute in Zwangsurlaub geschickt oder zum Abbau von Überstunden – alles, um das Ganze etwas aufzulockern und noch ein wenig hinaus zu ziehen."

Wieviel Eigenkapital-Einsatz lohnt (noch)?

Nicht wenige Unternehmerkollegen, "die einen gewissen Weitblick haben und eine gewisse Zeit überleben können", würden sich – mit Blick auf ihr eigenes Alter – derzeit mit der Frage beschäftigen, ob sich der kapitalintensive Überlebenskampf für sie "in einen Betrieb, der vielleicht in einem halben Jahr gar nicht mehr existiert, noch lohne". Beyer prognostizierte, dass es da möglicherweise im Jahresverlauf noch zur einen oder anderen Betriebsaufgabe kommen könne.

Facharbeiter-Mangel könnte weiter steigen

Ihm persönlich bereitet für die Zeit nach der Krise das Thema "Facharbeitermangel" Sorge. Wenn die Politik tatsächlich die aktuell als besonders wichtig erkannten Mitarbeiter zum Erhalt von Infrastruktur, aber auch des Gesundheits- und Pflegesystems künftig deutlich besser entlohne, würden viele Arbeitgeber und Agenturen möglicherweise damit anfangen, Personal auch aus anderen Bereichen zu akquirieren: "Warum sollten da nicht auch unsere guten Leute dorthin wechseln, wo es künftig noch mehr Geld gibt? Dann aber haben wir morgen, wenn wir selbst wieder all unsere Arbeitskräfte benötigen, einen noch größeren Facharbeitermangel als bereits heute." (wkp)

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