Das Thema Facharbeitermangel ist seit einiger Zeit in aller Mund und Realität in vielen Handwerksbetrieben. Wie angespannt die Situation in den kommenden Jahren jedoch wirklich werden wird, nutzte Andreas Keller, branchenweit bekannt als Repanet-Vorstand und Berater bei der Stellschrauben UG, als wachrüttelnden Einstieg in seine Präsentation: "Laut den Prognosen der Personal- und Organisationsberatungsexperten von Korn Ferry werden in Europa bis 2030 rund zehn Millionen qualifizierte Mitarbeiter fehlen. Rund die Hälfte erwartet die Studie ,The Global Talent Crunch‘ davon in Deutschland, unsere Betriebe werden also ganz besonders stark betroffen sein." Zudem gehe die Generation der Babyboomer, die "gelebt haben um zu arbeiten", in diesem Zeitraum in Rente.
Bei über 80 Prozent Handlungsbedarf
Die Werte des aktuellen Personals haben sich in den letzten Jahren stark verändert, ist sich Keller sicher: "Die Arbeit muss Spaß machen, einen Sinn haben und den Menschen mit Zufriedenheit erfüllen. Dann ist er auch bereit, sich aktiv einzubringen und Verantwortung zu tragen. Doch leider weiß kaum eine Führungskraft mehr, wie man seine Mitarbeiter anspricht, motiviert und mitreißt."
Auch diese Diskrepanz lässt sich gut in Zahlen ausdrücken: Während die Chefetage zu 93 Prozent der Überzeugung ist, alles richtig zu machen, sind 74 Prozent der Belegschaft ganz anderer Meinung. Das Ende vom Lied laut Gallup-Umfrage: "Nur 15 Prozent der Mitarbeiter, also etwa jeder siebte, arbeitet mit Herzblut. In manchen Betrieben ist dies also ein Mann. Die überwiegende Mehrheit von zwei Dritteln (69 Prozent) macht Dienst nach Vorschrift und die restlichen 16 Prozent – jeder fünfte Mitarbeiter! – hat bereits innerlich gekündigt. Wie die wirtschaftlichen Ergebnisse einer solchen Verteilung aussehen, können Sie sich vorstellen", rechnete der gelernte Fahrzeugschlosser und Lackierermeister vor.
Markenbildung betreiben
Was eine Top-Führungskraft 2020 ausmacht, fasste Andreas Keller in wenigen Schlagworten zusammen: "Teilen Sie transparent Ihr Wissen, kommunizieren Sie positiv. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter Anerkennung spüren, schaffen Sie gemeinsame Werte und Ziele für Ihr Unternehmen und bauen Sie vertrauen auf. Ein Punkt der oft übersehen wird: Achten Sie auf sich selbst und nehmen Sie Ihre Vorbildfunktion wahr. Eine 80-Stunden-Woche des Chefs ohne Abschalten und Freizeit führt alles andere ad absurdum." Eine gute Idee sei es zudem, Rituale im Betrieb zu etablieren: "Machen Sie einen täglichen Rundgang, interessieren Sie sich für Ihre Leute. Feiern Sie Geburtstage gemeinsam, geben Sie der Belegschaft an heißen Tag ein Eis aus, feiern Sie Fehler in der großen Runde. So bleiben Sie menschlich und sind nahe an Ihren Leuten."
Statt sich auf dem Arbeitsmarkt nach Alternativen umzusehen, sei es entscheidend, das Potenzial der eigenen Mannschaft optimal auszuschöpfen, riet Keller: "Sehen Sie Ihre Mitarbeiter als Netzwerk von Spezialisten. Binden Sie sie in Entscheidungen mit ein, delegieren Sie Aufgaben rechtzeitig und aktiv. All diese Maßnahmen fördern das Vertrauen und die Identifikation mit dem Unternehmen. Sie werden zu Ihrer eigenen Marke in der Region und Ihre Angestellten zu Botschaftern in der eigenen Sache."
Welches drastische Beispiel für einen kompletten Strategiewechsel Andreas Keller in Potsdam präsentierte und wie seine Tipps für erfolgreiche Nachwuchswerbung aussahen, lesen Sie in der Jahresschlussausgabe von SchadenBusiness, die gemeinsam mit AUTOHAUS 23/24 am 16. Dezember erscheinen wird. (kt)