Ausgabe 23-24/2009: Service ist geil

Service ist geilBetreuung im After-Sales E Treue Kunden sind wertvoll. Deshalb ist eine exzellente Betreuung im After-Sales-Bereich überlebenswichtig. von Rainer StrangDie Automobilbranche sieht einer ungewissen Zukunft entgegen. Über die Frage, wie sich der deutsche Markt nach der Abwrackprämie konkret entwickeln wird, streiten die Experten. Während die einen prophezeien, dass jeder zweite Händler von Insolvenz bedroht sein wird, sprechen die anderen vorsichtiger von einem nicht aufhaltbaren Konzentrationsprozess. Für Bernd Schmitter, dessen Kölner Direktmarketinggesellschaft Jäger + Schmitter Dialog seit über 20 Jahren als Schnittstelle zwischen Automobilherstellern und deren Kunden aktiv ist, steht fest, dass im gesättigten deutschen Markt vor allem die Kundenbetreuung im After-Sales-Bereich über das Wohl und Wehe der heimischen 20.000 Autohändler entscheiden wird. Die Schlacht um Rabatte hält er für den falschen Weg, weil zufriedene Kunden durchaus bereit seien, überzeugende Produkte und exzellenten Service gut zu bezahlen.Krasse AusnahmeWie andere erwartet auch der Reifenhersteller Continental im kommenden Jahr in Deutschland einen dramatischen Rückgang der Nachfrage nach neuen Automobilen. Während das Unternehmen durch den Einmaleffekt der staatlich finanzierten Umweltprämie für das laufende Jahr von einem Anstieg der Pkw-Neuzulassungen auf rund 3,7 Millionen Einheiten ausgeht, rechnet es für 2010 nur noch mit 2,75 Millionen Neuzulassungen. Das entspräche einem Minus von über 25 Prozent. Auch auf den übrigen europäischen Märkten sei mit einer Erholung der Nachfrage nicht vor 2013 zu rechnen.Auch der Zentralverband des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes wertet das Jahr 2009 aufgrund der Umweltprämie als krasse Ausnahme. Der Strukturwandel habe höchstens eine Atempause bekommen. Verbandspräsident Robert Rademacher rechnet damit, dass die Branche in den kommenden zehn Jahren von derzeit etwa 10.000 Unternehmen mit 19.000 Betrieben auf 4.000 bis 5.000 Unternehmen mit 16.000 Betrieben schrumpfen wird. Geiz ist geil? Umdenken!„Überleben wird, wer die steigenden Erwartungen der Kunden bei Service und Qualität erfüllt“, sagt Schmitter. Nach seiner Überzeugung hat sich der Autohandel viel zu sehr von der Geiz-ist-geil-Propaganda leiten lassen. Er rät zum Umdenken. Nicht Geiz sei geil, sondern Service sei geil. Und dort habe die Branche ihr Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Schmitter: „Gerade im After-Sales-Bereich ist König Kunde der Thron entzogen.“Carsten Engel, Leiter Vertrieb der BMW Group, sieht das ähnlich. Abwrackprämie und die in der Krise gewährten Rabatte hätten zwar anhaltende Effekte auf die Preiserwartungen des Markts. Vor allem aber müsse dem Kunden von allen Beteiligten mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Engel klagt ein neues Kundenverständnis sowie die systematische Erfassung und Verarbeitung der Kundenbedürfnisse ein und fordert die Sicherstellung einer effizienten Zusammenarbeit aller Abteilungen mit Kundenkontakt.Keine leichte Aufgabe. Das weiß Dialog-Geschäftsführer Bernd Schmitter aus eigener Erfahrung. In seinem Unternehmen, das als Kümmerer für Hersteller, Importeure, Handel, Service und Endkunden fungiert, laufen Tag für Tag per Telefon, Fax, Brief, E-Mail und World Wide Web viele hundert Informationen zusammen. „Wir wissen, was den Kunden juckt. Und er verzeiht fast alles, wenn ihm schnell geholfen wird“, sagt Schmitter. Was ein Kunde kostetMarketingexperten wissen, dass 95 Prozent aller verärgerten Kunden ihrer Marke treu bleiben, wenn ihr Problem innerhalb von fünf Tagen zufriedenstellend gelöst wird. Andererseits war die Bereitschaft, die Marke zu wechseln, noch nie so groß wie heute. Einen Neukunden zu gewinnen, kostet etwa fünf Mal so viel wie eine bestehende Kundenbeziehung zu halten. Und ein über einen längeren Zeitraum zufriedengestellter Kunde gibt seine positiven Erfahrungen an durchschnittlich drei Personen weiter, ein unzufriedener seine negativen Erfahrungen hingegen an elf. „Nur Unternehmen, die ihre Kunden rundum zufriedenstellen, können positive Mundpropaganda als gezieltes Marketinginstrument nutzen“, sagt Bernd Schmitter.Servicequalität bedeute freilich viel mehr als fachkundige Beratung, Freundlichkeit, gute Arbeit und faire Preise. Zufriedene Kunden gewinne man heute vor allem dann, wenn man auf ganz individuelle Fragen schnell die richtigen Antworten findet und dafür sorge, dass der Kunde auch unter widrigsten Bedingungen mobil bleibt.Während im Automobilgeschäft bis zu 90 Prozent des Umsatzes auf den Handel mit Neu- und Gebrauchtfahrzeugen entfallen, macht er nicht einmal 40 Prozent der Gewinne aus. Der Service ist die Cashcow, bei dem sich zusätzliche Marktanteile nach Überzeugung von A.T.U.-Chef Michael Kern in Deutschland aber nur durch Verdrängung gewinnen lassen. Schmitter: „Auch diese Einschätzung bestätigt, wie wertvoll treue Kunden sind.“ z

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