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HB ohne Filter vom 15. Juni 2012

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Datum:
15.06.2012

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Heute mit den Themen:4.500 Automobilhändler in 2020, Mobilitätskonzepte im Handel, Der 1,5-Milliarden-VW-Porsche-Steuerdreh sowie die Zielgruppen Freiberufler und Pkw-Führerscheinerwerber

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11. Juni – Montag

4.500 Automobilhändler in 2020

Es ist wirklich nur zu begrüßen, dass Prof. Willi Diez über das IFA zum achten Mal die Studie "Die Top 100 Händlergruppen in D 2011" vorlegt. In der "Automobilwoche" wird diese dann schon im Vorfeld unter dem Titel "Autohandel in Deutschland 2012" vermarktet. Was jetzt? 2011 oder 2012? Die vorgestellten Daten betreffen das Jahr 2011. Die Studie trägt allerdings einen falschen Titel. Sie müsste heißen: "Die Top 100 Marken-Händlergruppen in D 2011". So aber entsteht in der Aussage ein fragwürdige Einseitigkeit. Einige Fragen sollen das erläutern: Sind die Niederlassungen bzw. Retail-Betriebe keine Handelsgruppen? Wie groß sind deren jährliche Verkaufsmengen? Bei welcher Marke? Und wo bleiben in der Darstellung gar die "freien Händler" bzw. Handelsgruppen? Der größte freie Händler, Wilfried Wilhelm Anclam, verkauft pro Jahr über Autoland und AutoWelt in Leipzig-Brehna 15.000 Einheiten.

Nun werden in der Studie von den Top 100-Handelsgruppen die verkauften Gesamtmengen aufgelistet. Aber bitte, über welche Marken? Es werden auch die vertretenen Marken der jeweiligen Gruppen nicht aufgezeigt. Und es würde sehr wohl der Absatz interessieren, der über die jeweilige Marke erwirtschaftet wird. Da wäre dann von besonderem Interesse, ob es unter den Top 100 überhaupt exklusive Markenhandelsbetriebe mit einer Importmarke gäbe? Dann wäre der Zeitvergleich der vertriebenen Marken von Interesse. Also, wie viele Ford hat die Emil Frey Gruppe vor fünf Jahren vermarktet, wie viele heute? Wie viele Opel hat die AVAG vor fünf Jahren vermarktet, wie viele heute? Weitere Kernfrage: Über welche Vertriebskanäle werden denn die Neufahrzeuge der Top 100 abgesetzt (privat, gewerblich, Internet, angeschlossene Händler, freie Händler, Großabnehmer, Export u.a.)?

Es wird so sein, dass – je nach Marke – das eine und andere Händlernetz noch ausgedünnt wird. BMW beispielsweise lässt den einen und anderen großen Händler heute schon wissen, dass bei der Neuvergabe der Händlerverträge ab September 2013 der Hersteller an weiteren Standorten des besagten Händlers nicht interessiert ist. Im Klartext, nicht jeder große Händler unter den Top 100 wird exklusiv bei einer Marke expandieren können. Überhaupt nicht berücksichtigt werden die "reinen Servicebetriebe". Wer hinter die Kulissen schaut, stellt fest, dass gerade die großen Handelsgruppen nicht nur angeschlossene Partner regional mit Neufahrzeugen bedienen, sondern Service-Partner jeglicher Marken. Und die "Service-Partner" entwickeln sich regional zu überfabrikatlichen Handelspartnern, die zukünftig nur mit Wunschfahrzeugen handeln. Hier der "Großhändler", dort der findige "Regionalhändler".

Prof. Diez erwähnt sehr wohl die schwierige Ertragslage der Markenhändler. Was nützen aber 25.000 und mehr Fahrzeugeinheiten, wenn dann eine Rendite unter einem Prozent verbleibt, sprich im Neufahrzeugverkauf so gut wie nichts verdient wird? Es sollte in der Studie nach dem achten Mal möglich sein, auch die Umsatzrenditen offen auszuweisen. Die meisten der Handelsgruppen kann man ja über das Unternehmensregister wiederfinden. So wird aber den Top 100 ein Glanz beigemessen, als läge bei ihnen einzig und allein im Volumen und Umsatz die große Zukunft. Bei manchem darf beim Kapitän nichts Schicksalhaftes dazwischen kommen, dann war das Unternehmen bei den Top 100 gewesen. Man erspare mir Namen. Oder man halte sich die Malaise von Kroymans um Johannes Kürten vor Augen. Da hat man alle Händler um Kroymans herum gekündigt. Nach dessen Konkurs versuchte man, sie wieder einzufangen. Oder was wäre aus der Wellergruppe geworden, wenn Toyota in Berlin die "strategische Lücke" nicht hilfreich egalisiert hätte? Wie hat VW die Mahag in München aufgrund der Restwertverluste fallen gelassen?

Unvergesslich: Als ich beim 50-jährigen AUTOHAUS-Jubiläum in München den Festredner und Chef der Emil-Frey-Gruppe, Walter Frey, mit den Worten "Es ist mir eine besondere Freude, Deutschlands größten Händler begrüßen zu dürfen" ankündigte, unterbrach er mich und meinte: "Lassen Sie das mit dem größten Händler, wir müssen sehr gut sein und da haben wir noch eine Menge zu tun! Größe allein ist kein Maßstab."

12. Juni – Dienstag

Mobilitätskonzepte im Handel

Zug um Zug präsentieren die Hersteller ihre Mobilitätskonzepte der Zukunft. Da wird der Verkehr mit den Datenhighway vernetzt, das Auto zum fahrenden Kommunikationszentrum. 2011 stiegen BMW und VW ins Carsharing-Geschäft ein. VW übernahm von den VW-Händlern Euromobil. Und da wird man nicht beim reinen Vermietgeschäft stehen bleiben. Die Wolfsburger haben damit auf einen Schlag 1.500 Stationen, über die nach vorgegebener Hard- und Software Mobilitätsverkauf vor Ort stattfinden kann. Diese 1.500 Stationen sind zugleich überregionale Rückgabeplätze für "Ultrakurzzeit-Mietfahrzeuge". Kein anderer Hersteller verfügt in Deutschland über eine vergleichbare Infrastruktur. Und das wird VW in Sachen Ultrakurzzeitvermietung, also Mikromobilität, in Form einer integrierten Gesamtkonzeption, für den Stromhandel und diverse Telematikanwendungen in Sachen Vernetzung zu nutzen wissen. Volkswagen hat inzwischen 41 Retailbetriebe. Diese haben ihre Standorte in Ballungszentren und werden diesen Status zu nutzen wissen. Da wird man zugleich den Mobilitätspool künftig mit dem Vorführwagenpool kombinieren.


Die Frage ist, wie hier jeweils der Automobilhandel einbezogen wird. Mit "Mu by Peugeot" war Peugeot der erste Hersteller, der ein Konzept im Verbund mit dem Handel für Berlin vorgelegt hat. Bitte, für eine Großstadt. Der Kunde muss bislang sein Elektrofahrzeug, Elektroroller oder Elektrofahrrad am gleichen Standort wieder zurückgeben. Warum kann der Mieter das Auto nicht einfach beim nächstgelegenen Peugeot-Händler in Berlin zurückgeben? Oder einer Peugeot-Niederlassung? Wie weit ist dabei also der Gedanke der Kooperation umsetzbar? Was, wenn BMW, VW, Mercedes, Peugeot, Citroën u.a. vergleichbare Mobilitätskonzepte in derselben Stadt anbieten? Am weitesten in der Mobilitätsvernetzung ist zur Stunde die Deutsche Bahn. Dort existiert bereits die Mobilitätskarte.


Das Elektrofahrrad spielt heute schon bei mehr und mehr Automobilhändlern eine gewichtige Rolle. Sie haben den Fahrradverkauf in den Autohausvertrieb integriert. In 2011 wurden sage und schreibe in Deutschland 55 Prozent mehr Elektrofahrräder verkauft als 2010, nämlich 900.000. Das ist ein Plus von 310.000 Einheiten! Der Fahrradgesamtmarkt lag in 2011 bei 3,74 Millionen verkauften Rädern. Das Elektrofahrrad wird die Mobilität in den Städten verändern. Die Fahrradstädte Münster und Freiburg machen den Anfang!

13. Juni – Mittwoch

Der 1,5-Milliarden-VW-Porsche-Steuerdreh

VW übernimmt zum Preis von 4,5 Milliarden Euro den Rest an Porsche und legt obendrauf – wie großzügig – eine VW-Stammaktie hinzu. Steuervorteil: 1,5 Milliarden Euro! Warum? Mit diesem Trick ist offensichtlich die Voraussetzung für den § 20 des Umwandlungssteuergesetzes erfüllt. Danach ist die Buchwerteinbringung möglich, wenn nur ein neuer Anteil gewährt wird. VW ließ ein Heer von Experten über drei Jahre suchen, um irgendwo eine Lücke zu finden.

Selbst wenn es diese gigantische Gesetzeslücke gibt, so rückt diese Dimension beim normaldenkenden Steuerzahlen jegliches Steuergerechtigkeitsempfinden durcheinander. Vor einiger Zeit wurde Ferdinand Piëch einmal gefragt, welches Auto die Bundeskanzlerin fahren solle. Piëch meinte, natürlich einen VW. Das sei das einzige Unternehmen, das anständig seine Steuern bezahle.


14. Juni – Donnerstag

Zielgruppe: 1,2 Millionen Freiberufler

Wenn schon der Zulassungsanteil der Neuwagen gewerblicher Art bei 60 Prozent liegt, so spielen die Freiberufler dabei eine gewichtige Rolle. In 2011 kamen allein vier Prozent neue Freiberufler, also Anwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater, freie Versicherungsmakler, Sachverständige, Ärzte und Architekten hinzu. Die nunmehr 1,2 Millionen Freiberufler beschäftigen insgesamt 4,2 Millionen Personen, davon 125.000 Auszubildende. Größtes Wachstumsgruppe stellten die freien Heilberufe dar. Besonderes Wachstum wird zukünftig bei den Energieberatern erwartet.

15. Juni – Freitag

Zielgruppe: Eine Million Pkw-Führerscheinerwerber 2011



Spruch der Woche:

"Es gab im vergangenen Winter ernsthafte Probleme, die Netzstabilität in der Stromversorgung aufrechtzuerhalten. Wir müssen die nächsten Monate nutzen, dass im kommenden Winter nicht erneut Engpässe auftreten." (der neue BundesumweltministerPeter Altmaier)

Mit meinen besten Grüßen und Wünschen

Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS

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KOMMENTARE


Derek Finke

16.06.2012 - 15:37 Uhr

Hallo Herr Prof. Brachat, in Sachen TOP 100 haben Sie ja schon fast alles gesagt, was noch zu sagen ist. Ich bezweifle aber, dass die von Ihnen genannten Angaben von den Betrieben bereitgestellt werden. Warum sollten sie das auch tun? Um andere schlauer zu machen? Trüge ich dort Verantwortung, würde ich eine solche Transparenz auch nicht haben wollen. Außerdem fällt dem aufmerksamen Betrachter Jahr für Jahr auf, dass da diverse Gruppen gar nicht auftauchen, obwohl sie größenmäßig hinein gehören. Insofern ist das alles nur ein kleiner der Teil der Realität. In Sachen VW/Porsche sollten wir den Bock nicht zum Gärtner machen, auch wenn es mehr Schlagzeile verspricht. Wenn der Gesetzgeber solche Regelungen schafft, ist das erstens keine Lücke, sondern mit einem Ziel geschehen. Und zweitens sollte derjenige, der diese Regelungen nutzt, nicht in die Nähe von Gesetzlosen gestellt werden. Auch sollten Sie hier nicht den "normaldenkden Steuerzahler" in Schutz nehmen, denn der könnte ja mit etwas mehr politischem Interesse und größerer Wahlbeteiligung durchaus auch einen Einfluss auf solche Entscheidungen nehmen. Wenn der Michel aber meint, sich mit Meckerei zufriedenzugeben, dann soll er sich über so etwas auch nicht aufregen. Wir leben schließlich nicht in Nordkorea! Das gilt im Übrigen auch für den "Fürsorgebeitrag" von BMW. Wenn die Politik im Steuerrecht derartige Gestaltungsmöglichkeiten schafft, und der gewerbliche Steuerzahler BMW diese nutzt, ist das völlig in Ordnung. Tut er das nicht, macht er sich gegenüber seinen Eigentümern haftbar! Beste Grüße, Derek Finke


Gentleman-Driver

18.06.2012 - 13:42 Uhr

Sehr geehrter Herr Professor Brachat, Ihren Ausführungen zum Gehalt der TOP 100-Studie kann man weitestgehend nachvollziehen aber in der Tat auch dem Kommentar von Herrn Finke nur zustimmen - warum sollte eine Handelsgruppe zumindest zu einem Teil der von Ihnen geforderten Informationen eine Angabe machen? Unabhängig von der Datenvielfalt ist es allerdings bei allen vergleichbaren Hitlisten (automobilwoche, AUTOHAUS, TOP 100...) nicht nachvollziehbar, warum man dem Leser klar machen will, daß es offenbar nur private große Handelsgruppen geben soll. Zurecht erwähnen Sie die Retail-Betriebe. Selbst die wenigen Retail-Handelsgruppen der Importmarken würden in den Hitlisten im obersten Bereich rangieren. Auch für Leser, die sich im Angestelltenverhältnis befinden, wäre dies nicht uninteressant, handelt es sich doch hierbei häufig um attraktive Arbeitgeber. So beschäftigt alleine die Handelsgruppe "Peugeot Citroën Retail" fast 2.000 Mitarbeiter, wie ich neulich einer Personalsuchanzeige entnehmen konnte. Es wäre auch und gerade vor dem Hintergrund der ständig fortschreitenden Konzentration im deutschen Automobilhandel unabdingbar diese Handelsbetriebe künftig in die Studien und Hitlisten zu integrieren. Man würde sicher staunen, wie die Ergebnisse dann ausfallen würden. Mit freundlichen Grüßen!


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