Ausgabe 20/2008: Autohaus 20/2008

Autohaus 20/2008Bilanzmodernisierungsgesetz / Neue Herausforderungen an den Jahresabschluss: Das Gesetz wird das Bilanzrecht von Grund auf reformierenDas (noch) unbekannte (Un)WesenRath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGDas Bilanzrecht steht vor der umfassendsten Modernisierung seit dem Bilanzrichtliniengesetz 1985. Die Bundesregierung hat mit dem Regierungsentwurf zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (kurz BilMoG) ein Regelungswerk auf den Weg gebracht, das in nicht weniger als 29 Gesetze und Verordnungen eingreifen wird. Nachdem der Bundesrat am 4. Juli 2008 zu den Entwürfen bereits Stellung bezogen hat, ist mit einer Verabschiedung noch in diesem Jahr zu rechnen. Auch wenn ein Großteil der Regelungen erst für Wirtschaftsjahre Anwendung finden wird, die nach dem 31. Dezember 2008 beginnen, ergibt sich bereits für das Geschäftsjahr 2008 Handlungsbedarf. ZielsetzungMit dieser Modernisierung soll die Lücke zwischen den sich immer stärker durchsetzenden internationalen Bilanzierungsgepflogenheiten, insbesondere den International Financial Reporting Standards (IFRS) und dem guten alten Handelsgesetzbuch geschlossen werden. Bei Beibehaltung der wesentlichen Grundprinzipien des HGB, nämlich dem Vorsichtsprinzip, dem Realisationsprinzip und dem Stichtagsprinzip, soll der Informationsgehalt der Jahresabschlüsse verbessert werden. Ziel der Reform ist es, eine gleichwertige, aber einfachere und kostengünstigere Alternative zu den IFRS zu bieten und dabei die wichtigsten Funktionen des handelsrechtlichen Abschlusses zu bewahren. Dieser soll weiterhin die Grundlage für Gewinnausschüttungen als auch für die steuerliche Gewinnermittlung bleiben. Die Haushaltslöcher des Fiskus sind nach wie vor groß und die Unternehmen befürchten mit dem Gesetzesvorhaben versteckte Steuererhöhungen. Um eine breite Akzeptanz der geplanten Neuerungen zu erreichen, soll daher die Steuerneutralität der Gesetzesänderungen oberstes Ziel sein. Inwieweit dieser Drahtseilakt gelingt, wird sich erst zeigen müssen. Noch immer gibt es zahlreiche ungelöste Fragen, die eine Verabschiedung der Gesetzesänderung verzögern.ErleichterungenMit dem neuen § 241 a HGB sollen Einzelkaufleute, die nicht mehr als 500.000 EUR Umsatz erzielen und dabei einen Gewinn von maximal 50.000 EUR machen, vollständig von den handelsrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten befreit werden. Die Vereinfachungen zielen auf Kleinstgewerbetreibende und werden für typische Autohäuser keine Bedeutung erlangen. Viel interessanter ist dagegen die geplante Anhebung der Schwellenwerte für die Einteilung der Betriebe in Größenklassen um rund 20% (Einteilung in kleine, mittelgroße und große Gesellschaft). Diese Größen sind von maßgebender Bedeutung für die Inanspruchnahme verschiedener Befreiungen und Erleichterungen bei der Rechnungslegung. Nicht nur die Frage der handelsrechtlichen Prüfungspflicht für den Jahresabschluss ist von großem Interesse, sondern insbesondere auch die Möglichkeit bei Unterschreiten der Grenzen einige Angaben im Anhang oder sogar die Gewinn- und Verlustrechnung gar nicht im elektronischen Unternehmensregister offen legen zu müssen. Dies umso mehr, als die Schwellenwerte bereits für die 2008er Abschlüsse Anwendung finden sollen.Vergleichbarkeit vonAbschlüssen Zur Verbesserung der Vergleichbarkeit von Abschlüssen werden zahlreiche HGB-Wahlrechte, die steuerlich ohnehin nicht ansetzbar waren, abgeschafft und in bestimmten Fällen zugleich ein stärkerer Gleichklang von Handels- und Steuerbilanz erreicht. So sind künftig auch handelsrechtlich die anteiligen Gemeinkosten in die Ermittlung der Herstellungskosten einzubeziehen. Zahlreiche für Nicht-Kapitalgesellschaften geltende Abschreibungs- und Wertaufholungswahlrechte werden ebenso eingeschränkt wie die Bildung sogenannter "Aufwandsrückstellungen" – z. B. für unterlassene Instandhaltungen. Dem Trend der Angleichung von Handels- und Steuerbilanz entgegen läuft die Aufhebung der "umgekehrten Maßgeblichkeit". Bisher konnten steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung nur in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz ausgeübt werden. Diese Regelung und die Parallelvorschriften im Handelsgesetzbuch werden gestrichen, so dass die Handelsbilanzen künftig nicht mehr durch steuerlich motivierte Sonderabschreibungen und Rücklagen (z. B. sog. §6b-Abschreibung) beeinflusst sein werden. Je nach Behandlung in der Vergangenheit ergeben sich hier Chancen für eine Verbesserung der Bilanzkennzahlen, da der Gesetzgeber eine steuerneutrale Aufdeckung der stillen Reserven direkt über das Eigenkapital zulassen will. Aber Vorsicht ist hier angesagt. Denn die steuerneutrale Aufstockung ist nur dann möglich, wenn für steuerliche Zwecke ein gesondertes (Anlagen-)Verzeichnis geführt wird. Ist dies nicht ordnungsgemäß, kann die Zuschreibung auch schnell zu einem voll steuerwirksamen Ertrag führen.Einzug internationaler BilanzierungsgepflogenheitenDie internationalen Rechnungslegungsvorschriften erheben für sich den Anspruch, den Abschlussadressaten nützliche Informationen liefern zu können. Dass dies nicht immer gelingt, zeigen die zahlreichen Schieflagen in der jüngsten Vergangenheit. Um sich dennoch den internationalen Gepflogenheiten nicht gänzlich zu entziehen und eine Alternative zu den IFRS zu bieten, wird es zahlreiche weitere Modifikationen geben. Der Fluch oder der Segen der Zeitwertbilanzierung hält in ersten Ansätzen Einzug. Vorerst wird dies bei zu Handelszwecken gehaltenen Finanzinstrumenten und bei der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen zum Tragen kommen. Weitere Ausläufer der Zeitwertbilanzierung wird es bei der Bewertung von langfristigen Rückstellungen geben. Künftig sind die Rückstellungen mit einem marktgerechten Zinssatz abzuzinsen, aber auch künftige Kostensteigerungen sind in die Bewertung einzubeziehen. Insbesondere bei Pensionsrückstellungen, die nach den geltenden steuerlichen Regelungen im Regelfall um 20 bis 30 % unterdotiert sind, kann es erhebliche Auswirkungen auf das Bilanzbild und eine mögliche Überschuldungssituation geben. Ein weiterer Wermutstropfen wird hinzukommen: das Steuerrecht wird diese Modifikationen nicht übernehmen, so dass diese Aufstockungen nicht zu einer Verminderung der Steuerzahlungen führen werden!Aus den vorstehenden und weiteren vorgesehenen Änderungen, die zwangsläufig zu einem Auseinanderdriften von Handels- und Steuerbilanz führen werden, wird ein bisher gerne unterdrücktes Thema an Bedeutung gewinnen: latente Steuern. Dies sind künftige Steuerbe- oder -entlastungen, die auf Unterschieden zwischen der Handels- und Steuerbilanz beruhen und sich in künftigen Perioden umkehren werden. Das bisherige Wahlrecht zur Bildung aktiver latenter Steuern wird künftig zur Pflicht. Auch auf Verlustvorträge sind – soweit deren Realisierung wahrscheinlich ist – aktive latente Steuern zu bilden. Glücklicherweise werden wie bisher nur Kapitalgesellschaften und GmbH & Co. KGs von diesen Regelungen betroffen sein. Handlungsbedarf nochfür 2008Mit Blick auf die wahrscheinlich schon für Jahresabschlüsse des Geschäftsjahres 2008 geltenden neuen Schwellenwerte kann es sinnvoll sein, zwei der drei geltenden Grenzen durch Gestaltungen noch zu unterschreiten, um spätestens 2009 die Erleichterungen in Anspruch nehmen zu können. Dies umso mehr unter dem Aspekt, dass der Gesetzgeber mit dem BilMoG den Stetigkeitsgrundsatz nochmals verschärfen wird: Die Ansatz- und Bewertungsmethoden, insbesondere verbleibende Wahlrechte, sind daher mit Bedacht zu wählen bzw. nochmals zu überdenken. Andreas DrostWirtschaftsprüfer, Steuerberaterdrost@raw-partner.de

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