Ausgabe 18/2007: contra Mittelstand

Unternehmensteuerreform / Missbrauchsregelung bei der Abgeltungssteuer belastet die Kapitaleinkünfte des Mittelstands Steuerreform contra MittelstandRath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPG Die mit dem Unternehmenssteuerreformgesetz eingeführte Abgeltungssteuer, die ab dem 1. Januar 2009 prinzipiell für alle Einkünfte aus Kapitalvermögen gelten wird, ist zu begrüßen. Vor allen Dingen soweit damit eine gleichmäßigere und auch steuergerechtere Erfassung von Kapitaleinkünften erreicht werden soll. Doch ist der Gesetzgeber weit übers Ziel hinausgeschossen – besser gesagt, er hat das Ziel völlig verfehlt: Er hat eine "Missbrauchsregelung" (mit § 32 d EStG n.F.) eingeführt, die ganz normale, in keiner Weise missbräuchliche Darlehensgewährungen mit dem vollen Steuersatz von bis zu 45 Prozent bestraft, obwohl eigentlich der Steuersatz auf Kapitaleinkünfte ab 2009 nur noch 25 Prozent Abgeltungssteuer betragen würde.Regelung verfassungswidrig?Diese Missbrauchsregelung greift insbesondere dann, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge nahe stehende Personen oder Gesellschaften sind, so dass dann nicht der begünstigte Steuersatz der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent in Anspruch genommen werden kann, sondern die Kapitalerträge dem normalen, regelmäßig höheren persönlichen Steuersatz beim Gläubiger der Kapitalerträge unterliegen. Nahe stehenden Personen wird damit vom Gesetzgeber grundsätzlich eine besondere Missbrauchsvermutung unterstellt, die auch nicht widerlegt werden kann.Beispiel 1Der Mitunternehmer eines Autohauses in der Rechtsform einer KG (Kommanditgesellschaft) gewährt seiner Gesellschaft ein Darlehen. Kraft gesetzlicher "Missbrauchs"-Regelung gilt für die Darlehenszinsen nicht die 25%-ige Abgeltungssteuer, sondern der normale Steuersatz – es handelt sich insoweit ja bei den vereinnahmten Zinsen des Gesellschafters um (Sonder-)Betriebseinnahmen, also gewerbliche Zinseinkünfte, diese sind aber mit dem normalen "vollen" Steuersatz zu versteuern. Wäre das Unternehmen allerdings der Bank gut genug für einen Kredit und würde dafür der Unternehmer sein Geld anderweitig zinsbringend anlegen, würde er für seine Zinsen nur 25 Prozent Steuern schulden.Ja, aber – könnte man sagen – es handelt sich im vorliegenden Fall bei den Zinsen wie schon bisher um gewerbliche Einkünfte, die eben nicht begünstigt sind....?....ja, eindeutig verfassungswidrig!Dass aber der Gesetzgeber systematisch nahe stehende Personen ungerechtfertigt benachteiligt, ist an abgewandelten einfachen Fällen ganz leicht zu erkennen:Beispiel 2Die Ehefrau eines Unternehmers hat geerbt. Was liegt denn nicht näher, als dass die Ehefrau dem Unternehmen ein Darlehen gewährt und der Unternehmer seine Bankkredite (z.B. Kfz-Einkaufsfinanzierung) bei der Bank auf Null zurückfährt. Schließlich bekäme seine Frau für ihr Geld bei der Bank nicht so hohe Zinsen wie die bisherigen Darlehenszinsen des Unternehmens bei der Bank. Hätte die Frau ihr Geld bei der Bank angelegt, würde dies nur 25 Prozent Abgeltungssteuer kosten, nun aber haben die Ehegatten für die an die Frau gezahlten Zinsen den vollen Steuersatz zu bezahlen! Und dies nur deshalb, weil ein familiäres Band zwischen Kreditgeber und Darlehensnehmer besteht! Hätte stattdessen dieses Kreditgeschäft ein Außenstehender gemacht ("privat equity"), dann müsste dieser nur 25 Prozent versteuern!? Also ist nur die Verwandtschaft Grund für 20 Prozentpunkte mehr Steuern, d.h. für eine um 80 Prozent höhere Steuer bei Anfall des Spitzensteuersatzes (Abgeltungssteuer i.H.v. 25% entspricht 100%, der geschuldete Spitzensteuersatz von 45% wäre demnach um 80% höher als die Abgeltungssteuer!). Dass nur die Eigenschaft der Ehefrau als nahe stehende Person solch eine höhere Steuer auslöst – keine Frage, dass dies gegen den Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 GG verstößt, oder wer hätte da Bedenken? Normaler Fall als Missbrauch?Was liegt näher, als dass sich Familienmitglieder unterstützen, statt sich Geld von der Bank zu besorgen. Der Vater gibt dem Sohn, der sich selbstständig macht, ein Darlehen. Schenken möchte er das Geld nicht, da er die Zinsen monatlich benötigt. Der Steuerschaden beim Vater beträgt gegenüber der Abgeltungssteuer bis zu 80 Prozent!? Diese Fälle sind doch Fälle aus dem täglichen Leben, die überhaupt nichts Missbräuchliches an sich haben – aber steuerlich hart bestraft werden. Aber es ist eigentlich noch viel schlimmer. Ständig wird die schlechte Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen bemängelt – doch Eigenkapital wird jetzt noch besonders bestraft: Gewährt ein Anleger nun einer Firma ein Darlehen statt Eigenkapital, dann ist der Ertrag mit 25 Prozent Steuern belastet, würde er stattdessen mit einer Einlage als Eigenkapital (Haftkapital als Kommanditist oder als atypisch stiller Gesellschafter) einverstanden sein – voller Steuersatz!Breitseite gegen den MittelstandWen trifft dies nun besonders? Natürlich familiäre Unternehmen, die die Finanzierung aus Familienvermögen bestreiten, oder kleine Unternehmen, die schon deshalb auf Hilfe von nahen Angehörigen bei ihrer Finanzierung angewiesen sind, weil heute oftmals der Papierkrieg des gewünschten Bankkredites, geforderte Bürgschaften oder sonstige Sicherungen so ausufert, dass der auf Vertrauen aufbauende Kredit eines nahen Angehörigen eine willkommene Alternative ist – nur wird der Kreditgeber "nahe stehende Person" dafür heftig bestraft! Also wohl dem, der der Bank gut genug für die Kreditierung ist, ohne dass die Bank sich an den Geldanlagen, die nur 25 Prozent Steuern kosten, absichern muss – denn wenn solche Sicherungen an den Geldanlagen bestehen, könnte man natürlich von Missbrauch sprechen und die 25-Prozent-Besteuerung ist daher in solchen "Koppelungs"-Fällen wohl zu Recht ausgeschlossen. Michael Böhlk-Lankes, Rechtsanwalt, SteuerberaterKurzfassung d 1. Die Abgeltungssteuer ab 2009 mit 25 Prozent Steuersatz gilt nicht für Kreditzinsen, die "nahe stehende" Kreditgeber erhalten.d 2. Holt der Vater sein Geld von der Bank und leiht es seinem Sohn für dessen Unternehmen, schuldet er auf die erhaltenen Zinsen den vollen Steuersatz.d 3. Ebenso schlecht ergeht es dem "nahe stehenden" Kreditgeber einer Gesellschaft – was besonders den Mittelstand trifft!d 4. Diese gesetzliche Regelung bestraft sowohl das Eigenkapital gegenüber dem Fremdkapital als auch jeden Kredit unter nahen Angehörigen!

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