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Dekra-Interview zu beigestellten Prüfungen: "Trennung von Prüfen und Reparieren muss bestehen bleiben"

20.08.2020 16:07 Uhr
Dekra-Interview zu beigestellten Prüfungen: "Trennung von Prüfen und Reparieren muss bestehen bleiben"
Clemens Klinke (l.), Mitglied des Vorstands Dekra SE, und Jann Fehlauer, Geschäftsführer Dekra Automobil GmbH.
© Foto: Prof. Hannes Brachat

Über die zukünftigen Rahmenbedingungen für die Durchführung von AU, SP und GAP herrscht noch Uneinigkeit. Im Interview mit AUTOHAUS schildern die Dekra-Vertreter Clemens Klinke und Jann Fehlauer ihre Sicht der Dinge.

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Von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat

Am 2./3. September tagt der Verkehrsausschuss des Bundesrates und am 18. September steht im Bundesrat die letzte Hürde an, um die Rahmenbedingungen für die Durchführung von AU (Abgasuntersuchung), SP (Sicherheitsprüfung) und GAP (Gasanlagenprüfung) zu nehmen. Das Ziel, so ZDK-Präsident Jürgen Karpinski: "Die Überwacher führen wie bisher die HU durch, und wir stellen weiterhin die AU als Teiluntersuchung zur Verfügung."

In einem Schreiben vom 13. August 2020 wenden sich nun Dekra, GTÜ und KÜS an die Länderverkehrsminister, legen dort Kritikpunkte vor und erläutern ihre Änderungsvorschläge mit dem Wunsch nach Berücksichtigung in der finalen Bundesratsentscheidung. Der TÜV setzt sich für eine kooperative Lösung ein. Das bedeutet: Beibehaltung des dualen Systems – hier prüfen, dort reparieren. Ferner ist der TÜV offen, ob dies über eine Akkreditierung oder über spezielle Standards umgesetzt wird. Der TÜV schlägt ein Gespräch mit allen Beteiligten - Verkehrsministerium, ZDK, Prüfinstitutionen - vor, um die letzten Anpassungen der Sammelverordnung noch auf die gesetzliche Erfolgsspur zu bringen.

Auf die Intervention von Dekra, GTÜ und KÜS reagiert der ZDK seit 19. August 2020 über seine Landesverbände ebenso wie an die Adresse der Landesverkehrsminister mit der Aufforderung, an der Sammelverordnung des Bundesverkehrsministeriums (BR-Drucksache 397/20) im Interesse jahrzehntelang bewährter Praxis festzuhalten.

"Ja" zum Prinzip Prüfen und Reparieren

AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat sprach dazu in Northeim mit Clemens Klinke, Mitglied des Vorstands Dekra SE, sowie dem Geschäftsführer der Dekra Automobil GmbH, Jann Fehlauer, über die Dekra-Sicht der Dinge.

AUTOHAUS: Hinsichtlich der "Sammelverordnung" gibt es markante Differenzen zwischen ZDK auf der einen Seite, und Dekra, GTÜ und KÜS auf der anderen Seite. Der TÜV hält sich beobachtend außen vor. Worin liegen die Differenzen bzw. Vorbehalte?

Clemens Klinke: Die Sammelverordnung, wie sie vorliegt, bietet noch einige Potenziale zur Verbesserung. Das System, welches jetzt angestrebt wird, scheint uns sehr aufwendig zu sein. Wir sind überzeugt, dass wir das Ganze einfacher gestalten können, eben auch kostengünstiger. Zum einen für den Bundesinnungsverband (BIV) wie auch für die Kfz-Werkstätten. Und das Ganze bei guter Qualität. Für uns ist sehr wichtig: Wir wollen das bestehende System, dass die Werkstätten die AU durchführen und wir die HU, erhalten bleibt. Wir wollen den Werkstätten keineswegs die AU wegnehmen. Ganz im Gegenteil, wir setzen auch zukünftig auf die bereitgestellten Informationen – also die Abgasuntersuchung der Kfz-Werkstätten. Wir betonen aber gleichermaßen deutlich, dass die Hoheit über die Hauptuntersuchung bei den Überwachungsorganisationen bleiben muss. Das Prinzip, welches sich in Deutschland seit Jahren bewährt hat, Prüfen auf der einen Seite und Reparieren auf der anderen Seite, also die Trennung von Prüfen und Reparieren, muss bestehen bleiben.

Differenzen?

AH: Das hört sich nach Konsens an. Woraus resultieren nun die Missverständnisse?

C. Klinke: Ich räume ein, wir kommen mit unseren Einwendungen sehr spät und das ärgert uns selbst und ist nicht gut. Aber besser spät als gar nicht. An dieser Sammelverordnung wird seit 2018 gearbeitet. Viele Teile der Sammelverordnung berühren europäisches Recht. Und diese europäischen Abstimmungen haben lange gedauert. In dem jetzt vorliegenden finalen Text der Sammelverordnung, als Beschlussvorlage für den Bundesrat, stellen wir doch einige Punkte fest und sehen die Gefahr, dass hier die Türe zu Öffnung der HU durch die Werkstätten über die beabsichtigte Organisationsstruktur des Bundesinnungsverbandes (BIV) geöffnet werden kann. Das wollen wir nicht.

AH: Sie gelten in der Branche ja als Mann für kompromitable Lösungen. Was schlagen Sie als Lösung vor?

C. Klinke: Wir sind fest davon überzeugt, dass es eine Möglichkeit gibt, dieses Thema anders zu gestalten und die AU-Leistungen und insbesondere den wirtschaftlichen Effekt bei den Werkstätten zu belassen. Dazu bedarf es aus unserer Sicht weder einer Akkreditierung der Werkstätten, noch der des BIV. Der BIV könnte zentral – oder über die Kfz-Innungen vor Ort – zusätzliche Qualitätssicherungsmaßnahmen einführen und überwachen, welche die schon bestehenden Anerkennungskriterien ergänzen oder ersetzen. Dazu ist es notwendig, dass der Verordnungsgeber, die Länder, die DAkkS (Deutsche Akrreditierungsstelle) und der BIV sich an einen Tisch setzen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Wir haben diesbezüglich bereits erste Gespräche geführt.

Jann Fehlauer: Ein akkreditiertes QM-System ist ja schon Bestandteil der Akkreditierung der Überwachungsorganisationen. Daraus kann sich ein weiteres Vereinfachungspotential ergeben, um nicht Dinge doppelt und Prozesse teurer und komplizierter zu machen. Dies würde die Interessen aller Beteiligten wahren. Es gilt mit allen Beteiligten klare Regelungen zu finden, die die Interessen aller – auch der Fahrzeughalter – berücksichtigen und dabei den hohen Qualitätsstandard der Fahrzeugüberwachung sicherstellen.

Am Mittwoch begrüßte der BFC-Vorstandsvorsitzende Helmut Peter (M.) in der Rotunde der BFC in Northeim Dekra-Vorstand Clemens Klinke (l.) und Jann Fehlauer, Geschäftsführer Dekra Automobil. Klinke stellte den Studentinnen und Studenten des neuen Studienjahres die Dekra vor, artikulierte eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Dekra und BFC und lud den BFC-Jahrgang zu einem Besuch am Dekra Lausitzring ein, was die gesamte Studentenschaft mit großem Applaus goutierte.
© Foto: Prof. Hannes Brachat
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KOMMENTARE


Erich Puls

20.08.2020 - 19:24 Uhr

Die Diskussion um die Neuorganisation der Fahrzeugprüfung geht schon über mehrere Jahre. Gleich welche Entscheidung nun Anfang September im Bundesrat fallen wird, ändert nichts an der Grundproblematik. Diese lautet: Warum werden die hochqualifizierten deutschen KFZ-Werkstätten von der Hauptuntersuchung an Kraftfahrzeugen ausgegrenzt? Wenn das Argument "bewährtes System" das Einzige sein sollte, wäre es höchste Zeit diese "alten Zöpfe" abzuschneiden, denn festhalten am "haben wir immer schon so gemacht" führt bekanntlich in eine gefährliche Lethargie und Innovationsarmut. Es wäre an der Zeit, wirklich grundsätzlich über Ablauf und Berechtigungen bei der Fahrzeuguntersuchung in Deutschland nachzudenken. In der derzeitigen Situation nutzen die Prüforganisationen die Ressourcen der Werkstätten und rechnen eine höhere Prüfgebühr ab als an ihren eigenen Prüfstützpunkten. DAS IST DAS BEWÄHRTE SYSTEM! Wo hier, nicht zuletzt, der Verbraucher bleibt, habe ich bis heute nicht verstanden.Die KFZ-Werkstätten, insbesondere die in den Innungsverbänden organisierten, investieren sehr viel Zeit und Geld in Mitarbeiterausbildung, Prüf- und Messgeräte und nicht zuletzt in die nötigen Auditierungen. All dies würde mit Sicherheit auch für die Prüfberechtigung der Hauptuntersuchung ausreichen oder könnte mit einfachsten Mitteln dazu ausgebaut werden. Es fehlt eigentlich nur die Weitsicht und der Mut der Politik. Vielleicht findet sich ja im Verkehrsausschuss das eine oder andere Mitglied, das gewillt ist, ohne Lobbyistenflüsterer vorbehaltlos darüber nachzudenken und einen wirklich mutigen Ansatz für die geplante Reform zu finden. Ich glaube nicht, dass meine Zeilen etwas ändern, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.


R.W.

21.08.2020 - 12:37 Uhr

Sehr geehrter Herr Puls, fraglich ist, wie sich eine "hochqualifizierte KFZ Werkstatt" definiert bzw. wie diese aussehen muss? Der Begriff "bewährtes System" bezieht sich, sofern ich es richtig verstanden habe, auf die klare Trennung von Reparatur und Prüfung. Ich finde der Fahrzeughalter (Verbraucher) hat ein Recht darauf, dass seine Überprüfung des Fahrzeugs auf neutraler Basis stattfindet. Die Gefahr ist groß, dass die Werkstatt im eigenen Interesse handelt. Dies lässt sich m. M. nach nicht vermeiden. Ferner geht es bei der periodischen Fahrzeugüberwachung nicht nur um technische Aspekte, welche überprüft werden müssen. Die Bandbreite ist viel größer als es für viele den Anschein hat. Das ein Werkstattmitarbeiter dies "nebenbei" erledigt, entbehrt jeglichem Qualitätsanspruch und stellt zudem eine Gefahr für den Straßenverkehr und den Verbraucher dar. Das bewährte System sieht eine fundierte Ausbildung der Mitarbeiter einer Überwachungsorganisation mit einer anschließenden staatlichen Prüfung vor. Diese Kosten tragen die Organisationen selbst, ebenso wie alle gesetzlich vorgeschriebenen Weiterbildungen. Das sie diesen hohen Standard in Werkstätten "mit einfachsten Mitteln ausbauen", ist schlicht nicht möglich. Für einen Großteil der Werkstätten stünden diese Kosten in keinem Verhältnis zum Ertrag, sofern das Qualitätslevel das gleiche bleiben sollte. Flächendeckend ist es, vor allem für kleinere Betriebe, aufgrund der Vielzahl an Neuerungen und Vorlagen aktuell schon schwierig genug, mit dem "Puls der Zeit" schrittzuhalten. Und durch weitere Maßnahmen und Vorgaben, wie eben eine zusätzliche Akkreditierung, werden viele Betriebe abspringen und keine Abgasuntersuchung mehr selbst durchführen. Die Prüforganisationen können diese Menge an Untersuchungen nicht abfangen. Und genau hier muss der Verbraucher nochmal betrachtet werden: Wollen wir, dass es nur noch größere Betriebe gibt und, insbesondere im ländlichen Raum, lange Anfahrtswege in Kauf genommen werden müssen? Wollen wir, dass viele kleine Familienbetriebe dauerhaft verschwinden? Abschließend sei zu erwähnen, dass es auch Prüforganisationen gibt, welche flächendeckend die selbe Prüfgebühr verlangen und zwischen Ort der Untersuchung nicht differenzieren. Inwiefern die Preisunterschiede begründet sind, kann ich mangels Information nicht beurteilen. Wenn sie den Verbraucher in den Fokus rücken, sollten auch alle Aspekte in Betracht gezogen werden. Und zusätzlich auch die Situation aller Werkstätten.


Anonym

21.08.2020 - 15:41 Uhr

Die Meister-HU wollen weder Kfz-Betriebe, noch der ZDK. Erstaunlich ist nur die diesbezügliche Haltung von DEKRA, KÜS und GTÜ. Den erwähnten Überwachungsorganisationen ist seit langer Zeit bewusst, dass Kfz-Betriebe die Durchführung der AU, GAP oder SP nur unter akkreditierten Bedingungen durchführen können. Die Aussage "Dazu bedarf es aus unserer Sicht weder einer Akkreditierung der Werkstätten, noch der des BIV." ist einfach eine infame Lüge. Insbesondere DEKRA hatte vor Jahren die Akkreditierung von Kfz-Betrieben gefordert in der damals "weisen Voraussicht", dass weder Kfz-Betriebe noch der ZDK eine Akkreditierung schaffen werden - mit der Hoffnung, dass DEKRA, KÜS und GTÜ die Prüfungen dann den Kfz-Betrieben wegnehmen können. DEKRA, KÜS und GTÜ geht es also nur ums Geldvermehren, Kfz-Betriebe spielen da keine Rolle. Jetzt, wo es sich abzeichnet, dass der ZDK die Akkreditierung schaffen könnte, fangen die DEKRA, KÜS und GTÜ an, nur wegen dem Geld, vor der These, dass der ZDK die Meister HU möchte, zu stänkern ("Ich räume ein, wir kommen mit unseren Einwendungen sehr spät und das ärgert uns selbst und ist nicht gut. Aber besser spät als gar nicht."). Herr Klinke kommt nicht zu spät, er ist doch nicht dumm. Es geht ihm nur ums Geld (...) Er sollte besser seinen zügigen Renteneintritt planen. Das Gleiche gilt auch für Herrn Fehlauer. Ich bereue, dass ich jahrelang DEKRA die Möglichkeit eröffnet habe, in meinem Kfz-Betrieb die HU durchzuführen. Das wird sich jetzt ändern. Egal, wie es weitergeht, DEKRA ist bei mir bis zum Sankt Nimmerleinstag unerwünscht, dasselbe wird ebenso für KÜS und GTÜ gelten. Leid tut es mir für die Prüfingenieure, die können nichts dafür. Die TÜVs dürfen sich also freuen, hoffentlich nicht nur in meinem Kfz-Betrieb. @Herr Puls: Die Trennung zwischen Prüfen und Reparieren ist ein seit Jahren bewährtes Verfahren. Daran zu rütteln, erscheint mir als nicht sehr intelligent ...


Stefan

26.08.2020 - 12:24 Uhr

Es ist schon eine Frechheit, was sich die Dekra, KÜS GTÜ rausnehmen und die Tatsachen verdrehen. Als man damals nach einfachen Lösungen gesucht hat, wurde dieses von den drei genannten Unternehmen verweigert und gerade die DEKRA hat stark gefordert, dass sich das KFZ-Gewerbe akkreditieren lassen soll. Im Übrigen versucht die DEKRA selbst, ihre eigne Akkreditierung zu verschleppen, liegt wohl daran, dass die es im ersten Anlauf nicht geschafft haben. Ich bin auch immer verwundert, wenn die Unternehmen gegenüber den Betrieben behaupten, dass die AU nichts einbringt und man das ja übernehmen könnte, warum wenn es doch nichts einbringt übernehmen? Aus Liebe zum Beruf wird das wohl nicht passieren. Ich habe heute die DEKRA aus meinem Unternehmen entfernt und ich hoffe, dass viele Kollegen dem Beispiel folgen. Ein Unternehmen, was eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Betrieben mit Füßen tritt, ist jedenfalls nicht mehr tragbar. Ich hoffe, dass unsere Verbände dementsprechend auch reagieren und den Stuhl der drei Unternehmen vor die Tür stellt.


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