Ausgabe 20/2018: Den Bewerbern schöne Augen machen

Die Zukunft der Autohäuser entscheidet sich auf den hart umkämpften Personalmärkten. Da ist sich Prof. Ralf Mertens von der Hochschule Stralsund sicher. Der Branchenexperte hat kürzlich eine aktuelle Studie zum Thema Personalmanagement aufgelegt und dabei die sechs größten Herausforderungen im Automobilhandel analysiert: Neben der viel diskutierten Digitalisierung sind es die Themen Demographie, Fachkräfteengpass, Arbeitgeberattraktivität, Wertewandel und Individualisierung. Themen, die auch viele Autohausunternehmer umtreiben. Beispielsweise Thomas Stierle vom gleichnamigen Autohaus aus Geislingen. "Eine große Herausforderung ist die aktive Personalentwicklung, damit bestehendes Personal gehalten werden kann", so Stierle. Er suche teilweise nach branchenfremden Schulungen, um auch bei den Mitarbeitern bestimmte Denkmuster aufbrechen zu können, berichtet er aus der Praxis. Einen ähnlichen Weg geht René Krüger von der Dresen-Gruppe. Frei nach dem Song "Expect the Unexpected" der amerikanischen Crossover-Band Dog Eat Dog stellt man in Frechen die Erwartungen um. "Sicherlich schrauben wir unseren Anspruch nicht runter, denn gerade in der Werkstatt geht Sicherheit vor", erklärt der Centerleiter. "Wir passen uns aber den Gegebenheiten an. Hier schauen wir auch links und rechts neben der Fahrbahn." Vielleicht passt ja eine Hotel-Rezeptionistin besser für den Job als Service-Assistentin als die Bewerberin aus der Autobranche. Auch rund 300 Kilometer weiter östlich in Fulda muss Benjamin Jakob vom Autohaus Jakob neue Wege gehen. Wie viele Autohauschefs kennt der engagierte Unternehmer das Problem, dass er vor allem für den Verkauf keine passenden Mitarbeiter findet. "Für unser neuer Dodge Center habe ich zum Beispiel einen Quereinsteiger aus der Fitnessbranche gewinnen können", freut sich Jakob. Dieser sei schon immer ein absoluter Autofreak gewesen - und somit die optimale Besetzung. Wissens-Tipp: Unter next.autohaus.de finden Sie den Videokurs von Prof. Ralf Mertens - mit Modulen zu Employer Branding, Work Life Balance und strategischer Personalentwicklung. Statement BEWERTUNGEN AKTIV NUTZEN "Ein Unternehmen unserer Größe punktet bei den Bewerbern sicherlich mit interessanten Aufstiegschancen - und dies bauen wir auch weiter aus. Wir fordern viel, fördern aber auch unsere Leistungsträger. Individuelle Arbeitsplatzbeschreibungen wie auch ein flexibles Arbeitszeitkonto bieten der Generation Y sehr viele Möglichkeiten, ihre persönlichen Interessen zu verwirklichen. Der größte Unterschied zu früher ist sicherlich, dass sich der Bewerber nicht bei uns bewirbt, sondern wir uns beim Bewerber." René Krüger, Dresen-Gruppe ARBEITGEBERMARKE ALS DACH "Im Bereich Recruiting merken wir, dass konventionelle Wege immer weniger zum Erfolg führen. Längst steht in jeder Stellenanzeige 'Quereinsteiger erwünscht' - und wir intensivieren die Präsenz bei verschiedenen Schulveranstaltungen und Jobmessen. Zudem haben wir auf jeder Autoausstellung Stellenprofile ausgedruckt dabei, die via Smartphone aufgerufen werden können. Woran wir noch arbeiten ist die Arbeitgebermarke, die das Dach für alle Personalthemen bilden soll." Thomas Stierle, Autohaus Stierle MOBILITÄTSBERATER IM FOKUS "Leider ist es heute so, dass am Ende des Bewerbungsgespräches nicht mehr die Firma sagt, wir melden uns bei Ihnen, sondern der Bewerber sagt, wann und ob er sich melden wird. Schon heute richten wir unsere Bewerbungsanzeigen auf den Mobilitätsberater aus und suchen nicht mehr gezielt nach Verkäufern. Hierzu verzichten wir bewusst auf technisches Hintergrundwissen oder Ähnliches, um auch Quereinsteiger und Branchenneulinge gezielt anzusprechen und so einen größeren Kreis an Bewerbern zu erschließen.Denn: Die klassische Anzeige beim Arbeitsamt oder in der Tageszeitung hilft heute einfach nicht mehr. Zwar benutzen wir diese immer noch zusätzlich, aber wir platzieren unsere Stellengesuche auch auf unserer Website, beim Hersteller, auf Jobportalen und sogar auf Facebook oder Instagram. Gerade die neuen sozialen Medien sind sehr erfolgreich, wenn es darum geht, junge Auszubildende anzusprechen.Zudem bieten wir allen Azubis Benefits an, beispielsweise gibt es bei sehr guten Abschlusszeugnissen die Chance, eine Reise zu gewinnen. Und: Wir probieren auch schon direkt in der Ausbildung, die Auszubildenden in übergreifende Fachtrainings des Herstellers einzubinden. Ein weiterer, sehr guter Benefit für unsere Azubis ist die Stellung eines Firmenhandys während der ganzen Ausbildung und auch danach.Und wenn ich eines von meinem Google-Besuch im Silicon Valley letztes Jahr gelernt habe, so wird der Faktor Standort und dessen Lage immer wichtiger. Denn für die Mittagspause oder abends in erreichbarer Nähe die passende Freizeitaktivitäten wie Restaurants und Fitnessstudios zu haben, spielt eine immer größere Rolle bei den Bewerbern, die sich ja ihren zukünftigen Arbeitgeber aussuchen können. Der Freizeitgedanke wird also immer wichtiger, das ist dann auch nicht mehr nur durch Geld zu ersetzen.Schlussendlich denke ich, dass wir alle so ziemlich derselben Meinung sein dürften: Die Unternehmen müssen sich an die Bewerber anpassen und nicht mehr die Bewerber an uns." Benjamin Jakob, Autohaus Jakob

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