Gewerbekunden: Die Tankkarte als Beratungstool

AH: Herr Thies, ein größerer Fuhrpark ohne Tankkarte - das ist nur schwer vorstellbar. Wie können sich Autohäuser dies zu Nutze machen? R. Thies: Die Tankkarte ist aus unserer Sicht einer der in der Priorität meist unterschätzten Services. Auf den ersten Blick habe ich als Verkäufer keinen Mehrwert von der Tankkarte. Für den Flottenkunden hingegen ist eine Tankkarte ein unverzichtbares Instrument für die Mobilität seines Fuhrparks. Betrachtet man jedoch das Thema Tankkarte ganzheitlich, so werden auch Vorteile für den Handel deutlich. Insbesondere kann die Tankkarte als Beratungstool eingesetzt werden. Über die Tankkarte werden regelmäßig Kilometerstände generiert, welche für den Kunden immens wichtig sind, um regelmäßig seinen Vertragsbestand und das Nutzungsverhalten zu prüfen. Kilometerstände aus Wartungs- oder Reifenservices kommen nur sehr selten - in der Regel nur ein bis zwei Mal pro Jahr - vor, Tank-Kilometer-Stände sehr häufig. AH: Sie sehen die praktische Plastikkarte also als Beratungs-, Verkaufs- und Loyalisierungstool. Warum? R. Thies: Großkunden haben den Anspruch, beraten zu werden. Abweichende Vertragslaufleistungen können für den Kunden bei der Endabrechnung ein teures Ereignis werden. Das wissen die Kunden und erwarten, dass sie auf Auffälligkeiten hingewiesen werden. Und das ist die Chance für den Handel. Über die Kilometerstände, die ich über die Tankkarte erhalte, kann schnell überprüft werden, ob die Nutzung des Fahrzeuges den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Ist das nicht der Fall, kann dem Kunden ein Änderungsangebot unterbreitet werden. Mit diesem Änderungsangebot erfährt der Kunde eine gute Beratung, vermeidet gegebenenfalls Kosten bei der Endabrechnung und der Verkäufer hat einen weitere "Touch Point". Wenn die tatsächliche Laufleistung sogar so hoch ist, dass der Vertrag verkürzt werden muss, hat der Verkäufer direkt die Chance, einen Neuvertrag aufzusetzen. Also eine Win-Win-Situation für alle. Denn wenn ich einen Vertrag verkürze, hat der Kunde in der Regel wenige Chancen, sich für eine andere Marke zu entscheiden, und bleibt Kunde des Autohauses. Darüber hinaus wird seine Kostensituation optimiert. AH: Wie verankert man Ihrer Meinung nach das Thema am besten in den Kfz-Betrieben? R. Thies: Ganz unterschiedlich. Es gibt Großkundenleistungszentren in einigen Betrieben, die sehr wohl wissen, wie dieses Instrument einzusetzen ist und welche Vorteile es bringt. Das sind aus meiner Sicht aber die wenigsten. Das Thema Tankkarte muss ein fester Bestandteil der Verkaufsgespräche werden. AH: Was sind die größten Fehler, die dabei gerne gemacht werden? R. Thies: Die meisten besprechen die Tankkarte nur dann mit dem Kunden, wenn dieser einen solchen Service fordert. Hier muss deutlich mehr Aufklärung über die Vorteile erfolgen. Die monatliche Investition des Kunden hierfür ist sehr gering, der Vorteil für alle sehr hoch. AH: Welche Tankkarten-Angebote haben Sie in petto? R. Thies: Wichtig beim Einsatz einer Tankkarte ist die Netzabdeckung. Wir arbeiten daher mit dem DKV zusammen. Hier sind in einem der größten deutschen Netze die Tankstellen vieler Mineralölkonzerne vereint. Das erhöht die Einsatzbarkeit durch den Kunden und die Flexibilität für die Nutzer. So kann mit der DKV-Karte an mehr als 12.900 Tankstellen in Deutschland bargeldlos Kraftstoff bezogen werden. Auch der Auslandseinsatz der Tankkarte ist möglich. In Summe wird die Karte an mehr als 50.000 Tankstellen in Europa akzeptiert. AH: Kommen wir zu den Verkäufern am Point of Sale: Gut vorstellbar, dass sich die Freude über das x-te Produkt in Grenzen hält, oder? R. Thies: Ja, die Inanspruchnahme dieses Services fällt derzeit sehr gering aus. Warum soll ich auch einen Service verkaufen, dessen Mehrwert sich mir nicht erschließt. AH: Wie nehmen Autohauschefs deshalb ihre Mitarbeiter am besten mit? R. Thies: Hier beginnt unsere Arbeit. Wir müssen die Inhaber davon überzeugen, dass die Tankkarte ein gutes Instrument zur Kundenloyalisierung ist und die Beratungsqualität dadurch immens steigen wird. AH: Doch nicht nur für den klassischen Sprit ist das Thema interessant, sondern auch für die E-Mobilität. Wie ist Ihre Meinung zur E-Tankkarte? R. Thies: Grundsätzlich ist die E-Tankkarte ein Instrument, das immer wichtiger wird. Aber auch hier steht der praktische Nutzen im Vordergrund. Der Service muss einfach in der Anwendung sein. Eine zusätzliche Tankkarte für Strom ist aus unserer Sicht nicht praktikabel. Daher haben wir uns hier für die DKV +charge-Karte entschieden. Mit dieser "Hybrid-Karte" kann der Kunde sowohl Kraftstoff als auch Strom beziehen. Die Abrechnung erfolgt konsolidiert am Monatsende. AH: Vor allem die Zahl der Ladepunkte und ein bundesweit einheitlicher Tarif dürfte die Fuhrparkleiter überzeugen. R. Thies: Der DKV hat eine Kooperation mit vielen Energieversorgern und Ladepunkt-Anbietern in Deutschland. Somit können im wachsenden DKV-Netz schon rund 10.000 Ladepunkte angesteuert werden. Alle Ladestationen sind über eine App auffindbar. Das gibt dem Kunden die größtmögliche Flexibilität. Bis zu einem bundesweit einheitlichen Tarif ist es noch ein weiter Weg, wir sehen DKV mit seiner Erfahrung in der Lieferantenbeziehung aber als einen wichtigen Schlüssel dahin. AH: Ein weiterer Treiber könnte das Verkaufsargument Ökostrom sein, oder? R. Thies: Man kann davon ausgehen, dass weit über 90 Prozent der öffentlichen Ladepunkte mit Ökostrom betrieben werden. Es können öffentliche Ladepunkte generell betrieben werden, wie sie wollen, aber eine Fördervoraussetzung ist, dass sie mit Ökostrom betrieben werden; fast alle öffentlichen Ladepunkte sind im Rahmen der Förderprojekte aufgebaut worden. Wir haben bei unseren Lieferanten recherchiert und können dort bei allen die Nutzung von Ökostrom/regenerativer Energie bestätigen. AH: Herr Thies, vielen Dank für die interessanten Einblicke! Interview: Patrick Neumann Experten-Tipp Ein großer Fehler aus Sicht von Rainer Thies: "Die meisten besprechen die Tankkarte nur dann mit dem Kunden, wenn dieser einen solchen Service fordert", so der Geschäftsführer der Santander Consumer Leasing GmbH. Doch seiner Meinung nach sollte in den Betrieben deutlich mehr Aufklärung über die Vorteile erfolgen.

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