Digitalisierung: FinTech: Das Ende der Banken?

Was wird im Digitalzeitalter aus den Banken? Bill Gates hat bereits 1998 prophezeit: "Bankgeschäfte sind notwendig, Banken nicht." Es scheint jetzt so, als würde die Prophezeiung in Erfüllung gehen. In jüngster Zeit kommen die Veränderungen schnell, sie sind gewaltig und mit bloßem Auge erkennbar. Digitale Finanzdienstleister - unter dem Sammelbegriff FinTech tituliert - schießen wie Pilze aus dem Boden. Weltweit sind Tausende FinTech dabei, die Bankenwelt zu revolutionieren. Bei FinTech handelt es sich um junge Unternehmen, die Finanzdienstleistungen und moderne Technik geschickt miteinander verknüpfen. Dass es ernst ist, zeigt, dass der Bundesverband Deutscher Banken in diesem Jahr erstmals aktiv an der CeBIT teilgenommen hat. Was sich wie ändert Was wird sich wie verändern? Wie können Sie sich als Autohaus-Unternehmer/Geschäftsführer auf dem Laufenden halten, um keine Chancen zu verpassen, aber auch, um Risiken zu vermeiden? Noch stellt sich nicht die konkrete Frage: Bank oder Fin-Tech? Aber die Frage nach dem Mischungsverhältnis stellt sich schon. Also: Bank und FinTech! Autohaus-Unternehmer/-Geschäftsführer sollten sich über die gerade stattfindende Entwicklung genauestens informieren, um "richtige" Entscheidungen zu treffen. Dass der Digitalisierungsprozess im Finanzgewerbe bereits konkrete Auswirkungen zeigt, lässt sich leicht an der Entwicklung der Anzahl von Bankfilialen ablesen. Smartphone und Tablet ersetzen die Bankfiliale vor Ort. So hat die Sparkassen-Organisation von 2010 bis 2015 insgesamt 1.566 Filialen geschlossen, die Genossenschaftsorganisation (VR-Banken) hat sich von 1.200 Filialen getrennt, die Großbanken von 892 (Quelle: Deutsche Bundesbank). Die HypoVereinsbank hat rund die Hälfte ihrer Filialen geschlossen. Experten schätzen, dass von den insgesamt 36.000 Bankfilialen in den nächsten Jahren höchstens 20.000 übrig bleiben werden. Liegen die Hauptgründe für die Filialschließungen auch im Privatkundengeschäft, so sind davon aber auch Autohäuser als Firmenkunden betroffen. Ist die Filiale am Standort erst einmal weg, muss man sich zumindest mit (fast) allem, was mit Krediten zusammenhängt, umorientieren und den Weg zur Zentrale wählen. Die Banken befinden sich momentan als Folge der Niedrigzinspolitik der EZB in keiner beneidenswerten Lage, vor allem Sparkassen und VR-Banken. Banken betreiben in der Regel diese drei Hauptgeschäftsfelder: 1. Zahlungsverkehr 2. Anlagegeschäft 3. Kreditgeschäft. Hinzu kommen Wertpapiergeschäfte, Devisen- und Außenhandel, Vermögensverwaltung etc. Immer mehr Bankgeschäfte werden online, per Smartphone oder Tablets - also elektronisch und nicht mehr persönlich - abgewickelt, was im Massengeschäft auch gut funktioniert. Persönliche Beratung wird durch Videotechnik ersetzt. Dieser Veränderungsprozess wird sich nach Expertenschätzungen nicht einfach nur fortsetzen, sondern beschleunigen. Auch Firmenkunden im Visier Da stellen sich dann Fragen wie diese: Kommt es nach den Filialschließungen auch zu kompletten Bankschließungen? Sind Banken für Bankgeschäfte überhaupt noch zwingend nötig? Was heißt das für das Firmenkundengeschäft? Frisst "Digital" die Banken oder können sich die Banken mit "Digital" retten? Wie sich die etablierten Banken im Digitalzeitalter verhalten werden, ist momentan noch reichlich unklar. Aktuell konzentrieren sich FinTech hauptsächlich auf die Privatkundschaft. Die Firmenkunden sind aber bereits im Visier. Kreditplattformen, die Finanzierungen an mittelständische Unternehmen direkt vom Anleger zum Kreditnehmer vermitteln, ohne dass eine Bank dazwischensteht, entstehen laufend neu. Bisher handelt es sich noch um überschaubare Kreditbeträge, meist zwischen 10.000 und 250.000 Euro (Funding Circle), die auf solchen Plattformen gehandelt werden. Die Zinssätze liegen teilweise oberhalb der Bankzinsen, dafür sind im Regelfall keine Sicherheiten zu stellen. Es finden sich auch kostengünstige Kontoführungen, d.h., Überweisungen und Barabhebungen zum Nulltarif. Der Nachteil ist (bisher) meist ein begrenztes Abwicklungsvolumen. Derzeit sind solche Angebote fast nur von Kleinbetrieben zu nutzen. Dies wird sich wahrscheinlich in absehbarer Zeit ändern. Die Commerzbank bietet seit Anfang Juli dieses Jahres Kreditanfragen zwischen 200.000 und 10 Mio. Euro in ihrem Firmenkundenportal via Crowdfunding-Plattform "Main Funders" zur Vermittlung an. Der Kunde muss - wie bei ähnlichen Plattformen - sein Vorhaben selbst vorstellen und genau beschreiben. Die Commerzbank überprüft Projekt und Bonität und stellt es mit von ihr errechneten Konditionen auf die Plattform. Bieten können allerdings nur institutionelle Anleger wie Versicherer und Pensionskassen. Die Plattform können nur bestehende Firmenkunden der Commerzbank nutzen. Hier bieten sich neue Finanzierungsmöglichkeiten für mittelständische Firmenkunden - außerhalb der "normalen" Bankfinanzierung. Unter dem Aspekt der Unabhängigkeit eine bemerkenswerte Initiative. Versuch einer Prognose Werfen wir trotz aller Spekulation, die noch mit der Thematik verbunden ist, einen Blick in die Zukunft. Versuchen wir eine Prognose zur Entwicklung der Kerngeschäftsfelder der Banken. 1. Zahlungsverkehr: Betrachten wir zunächst den Bereich Barzahlung und bargeldlose Zahlung. Über die Abschaffung des Bargeldes wird bereits eingehend diskutiert. Die Politik wiegelt ab, die EZB ist - verhalten - dafür. Die jungen Start-ups nutzen die Gunst der Stunde und haben bereits benutzerfreundliche und effiziente Zahlungsverkehrsverfahren entwickelt. Dagegen verhalten sich die Banken wie schlafende Riesen. Paypal ist bereits seit 1998 am Markt, hat einen Marktanteil von rund 20 Prozent und ist im Handel beliebt. Paydirekt, das Gegenmodell der Banken, wurde 2014 gegründet und wird erst jetzt wirklich eingesetzt. Apple Pay, Google Wallet, auch Facebook arbeiten an Bezahlsystemen. Ob die Banken dem in absehbarer Zeit etwas Schlagkräftiges entgegenzusetzen haben? Ansonsten wird der Zahlungsverkehr der Zukunft andere Wege gehen als bisher. Nachfolgende Generationen gewöhnen sich vielleicht durch diese Entwicklungen daran, ohne Bargeld auszukommen. Bargeldlos zahlen wird bequemer, einfacher und kostengünstiger werden. 2. Anlagegeschäft: Big Data macht es möglich, riesige Datenmengen schnell und anhand vielfältiger Kriterien zu analysieren, so dass Anlageberater und Analysten kaum noch gebraucht werden. Die "Fehlerquelle" Mensch kann höchstwahrscheinlich weitgehend durch künstliche Intelligenz, die frei von persönlichen und sozialen Überlegungen arbeitet, ausgeschaltet werden. Der Anlageberater heutigen Zuschnitts hat demnächst ausgedient. Ob man dann noch Banken für die Geldanlage braucht? 3. Kreditgeschäft: Bisher ist es notwendig, anhand einer aufwändigen Bonitätsprüfung eine Ratingeinstufung als Voraussetzung für eine Kreditgewährung durchzuführen. Big Data macht es auch im Kreditgeschäft möglich, eine treffgenaue Aussage über die Ausfallwahrscheinlichkeiten von Krediten vorzunehmen. Ersetzt die Kreditwürdigkeitsprüfung mit Algorithmen in Zukunft die bisherige Bonitätsprüfung mit Ratingeinstufung? Für FinTech denkbar, für das Firmenkundenkreditgeschäft der Banken derzeit nicht möglich. Da FinTech keine Banken sind und deshalb auch nicht den bankgesetzlichen Vorschriften unterliegen, können sie Kredite auch ohne herkömmliche Bonitätsprüfung und Ratingeinstufung zur Verfügung stellen bzw. vermitteln. Der Wettbewerb wird sich zunächst vorwiegend im Retailgeschäft abspielen. Auch "kleinere" Firmenkredite sind jetzt schon auf dieser Basis möglich. Die großen Brocken werden zunächst den Banken vorbehalten bleiben, wodurch sich deren Risikostruktur u. U. verändern wird. Ratingagenturen werden einen schweren Stand bekommen, denn ihre Dienste werden sozusagen "nebenbei" von Algorithmen übernommen. Banken oder FinTech? Banken könnten also demnächst von Internet-Plattformen nicht nur bedrängt, sondern sogar verdrängt werden - es sei denn, sie ändern ihr Geschäftsprinzip und betreiben selbst solche Plattformen. Wer am Ende des bereits begonnenen Prozesses Sieger sein wird, darüber lässt sich trefflich spekulieren. Banken sind als Folge der Auswirkungen der Niedrigzinspolitik angreifbarer geworden. In ihren Hauptgeschäftsfeldern Anlagen- und Kreditgeschäft tun sie sich schwer, auskömmliche Erträge zu erwirtschaften. Wenn ihnen in dieser Phase draufgängerische Start-ups auch noch beim Zahlungsverkehr Geschäft abjagen, wird es für einige "eng" werden, was den bereits begonnenen Umstrukturierungs-Prozess beschleunigen wird. Halten wir fest: FinTech werden es darauf anlegen als Spezialisten überzeugende Modelle anzubieten. Banken werden versuchen, mit einem ganzheitlichen Leistungspaket, das auch umfassenden Kundenanforderungen entspricht, dagegenzuhalten. Mittlerweile gibt es auch bereits bemerkenswerte Allianzen zwischen Banken und FinTech. Schlussfrage: Banken oder FinTech? Die Antwort (heute): Banken und FinTech! Martin Dieter Herke berät seit über 30 Jahren mittelständische Betriebe, ist Autor (u. a. von AUTOHAUS -Fachbüchern und -Fachartikeln) und gefragter Referent in der Automobilbranche. www.unternehmensberatung-herke.de Kurzfassung Die Digitalisierung der Finanzbranche macht rasante Fortschritte. Geraten die Banken ins Hintertreffen und werden von Newcomern abgelöst? Finanzexperte Martin Dieter Herke skizziert hier die Möglichkeiten, die FinTechs jetzt schon bieten, aber auch, welche Risiken lauern.

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