Nürnberger Versicherung: Herausforderungen meistern

Mit dem Einstieg der HUK- Coburg in das Servicegeschäft wird sich aller Voraussicht nach einiges am Schadenmarkt verändern. Wie man den Markteintritt beim berufsständischen Versicherer bewertet, darüber sprach AUTOHAUS mit Peter Meier, Direktor der Nürnberger Allgemeinen Versicherungs AG. Weitere Themen waren die Verkleinerung der Nürnberger Versicherungsagenturen, das veränderte Agenturkonzept und mögliche Auswirkungen des teilautonomen Fahrens auf die Schadensteuerung. AH: Herr Meier, wie hat sich das Versicherungsgeschäft inkl. Autoversicherung 2015 bei der Nürnberger entwickelt? P. Meier: Wir haben 2015 trotz des schwierigen Umfelds - u. a. dem belastenden Niedrigzinsniveau - ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Mit der Kfz-Versicherung verdienen wir wieder Geld - trotz eines leichten Rückgangs der Neuabschlüsse. Das versicherungstechnische Ergebnis in der Schadenversicherung konnten wir im Vergleich zu 2014 von 14,8 Mio. Euro auf 27,6 Mio. Euro in 2015 fast verdoppeln. Dazu beigetragen hat auch das Kfz-Geschäft. AH: Warum genau verdienen Sie mit der Kfz-Versicherung wieder Geld? P. Meier: Bedingt durch den relativ normalen Elementarschadenverlauf konnte die Autoversicherung 2015 positiv zum versicherungstechnischen Ergebnis beitragen. Das erste Quartal 2016 lässt uns zum jetzigen Zeitpunkt, dank des milden Winters, zudem auf ein gutes Jahr hoffen. Neues Agenturkonzept AH: Die Nürnberger hat die Zahl ihrer Agenturen von vormals 3.500 in 2012 verkleinert und ihr Agenturkonzept geändert. Wie sieht dieses nun aus? P. Meier: Beim Vertriebsweg Autohaus sind wir mitten in der Umsetzung unserer neuen Struktur. Generell haben wir unser Angebot verfeinert, da wir aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen unseren Vertriebsweg Autohaus neu aufstellen mussten. AH: Wie viele Agenturen hat die Nürnberger nun insgesamt? P. Meier: Aktuell arbeiten wir mit rund 3.000 Autohäusern zusammen, die über 4.000 Servicestandorte haben. Wie Sie erkennen, ist der Rückgang an der Stelle moderat, die meisten unserer Partner gehen den neuen Weg mit uns. AH: Warum haben Sie die Zahl der Agenturen verringert? P. Meier: Hier müssen wir zwischen unseren Autohausagenturen und unseren eigenen Mitarbeitern unterscheiden. Wir haben unsere Agenturverträge, auch die mit unseren Autohausagenturen, den aktuellen rechtlichen Erfordernissen und Marktentwicklungen angepasst. Einige Autohäuser, die auch vorher wenig mit uns gemacht haben, haben sich ganz aus dem Versicherungsgeschäft zurückgezogen. Unsere Mitarbeiter haben wir neu aufgestellt, um unsere Betreuungskonzepte diesen notwendigen Veränderungen anzupassen. AH: Welche Konsequenzen hat die Verkleinerung der Agenturen für den Handel? P. Meier: Die Betreuung unserer Autohausagenturpartner wird durch die neuen Konzepte intensiviert. Genau dies war das Ziel der Umstellungen bei unseren Mitarbeitern. Unsere angestellten Verkäufer in den Autohäusern und unsere General- und Hauptagenten im Kfz-Gewerbe werden durch ein professionelles telefonisches Antragsservicecenter unterstützt. Dies ist auf die Autoversicherung spezialisiert. Hier können Angebote zur Autoversicherung Montag - Freitag, 8 bis 21 Uhr und Samstag 8 bis 14 Uhr eingeholt werden. Unsere Verkäufer betreuen die Kunden des Autohauses in allen Fragen rund um Versicherung und Vorsorge. In diesem Zusammenspiel erhalten die Autohäuser den perfekten Rundumservice für ihre Kunden. AH: Was hat sich konkret verändert? P. Meier: Wir stellen dem Handel nun drei mögliche Absatzkanäle zur Verfügung. Zuvor waren es lediglich zwei. Mit den großen Autohäusern arbeiten wir weiterhin exklusiv über unsere eigenen Angestellten zusammen. Ein zusätzlicher neuer Absatzkanal betrifft die großen Mehrmarkenhändler unter der Techno-Flagge, denen hierdurch ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Sie werden künftig von angestellten Techno-Mitarbeitern betreut. Einen dritten Weg eröffnen wir kleinen und mittelständischen Händlern, die über selbstständige Vermittler unseres Hauses - unsere Generalagenten im Kfz-Gewerbe - betreut werden. Aktuell haben bereits 60 Generalagenten im Kfz-Gewerbe die Betreuung übernommen. Um das gesamte Bundesgebiet gut abzudecken, werden es bis Ende 2017 insgesamt 100 sein. Damit werden wir auch nach wie vor unserem Anspruch als "berufsständischer Versicherer" gerecht. AH: Welche Möglichkeiten haben Autohäuser unter der Techno-Flagge? P. Meier: Der Techno Versicherungsdienst (TVD) als "Mehrfachagentur" hat den Vorteil, dass die TVD-Verkäufer neben unserer Kfz-Versicherung auch die Autoversicherungen der Hersteller verkaufen können. Damit können Autohäuser eine größere Bandbreite an Versicherungen zur Verfügung stellen und für die Kunden die Rundumberatung zu allen Versicherungsprodukten anbieten. Zudem erhöht das Cross-Selling-Geschäft die Kundenbindung. Vorhaben der HUK-Coburg AH: Wie bewerten Sie aktuell die Schadenregulierung für den Kfz-Handel? P. Meier: Das Geschäft ist von allen Seiten hart umkämpft - insbesondere Herstellerversicherungsdienste sind derzeit sehr aktiv am Markt. AH: Wie beurteilen Sie das Vorhaben der HUK-Coburg, mit ihrem "Autoservice" ins Werkstattgeschäft einzusteigen? P. Meier: Wir betrachten den unmittelbar bevorstehenden Markteintritt mit Hinblick auf die Leistungsfähigkeit der angebundenen K&L-Betriebe kritisch. Bei der Werkstattleistung in den Bereichen Mechanik und Elektronik sind hohe Investitionen in die neue Betriebsausstattung sowie die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter nötig. Die Frage ist, ob die K&L-Betriebe die Leistung zu den angekündigten Festpreisen tatsächlich werden leisten können. Für den Kunden könnte das HUK-Angebot einen Mehrwert darstellen und zur Bindung beitragen. Ob das Konzept tatsächlich aufgeht, entscheidet am Ende der Kunde. AH: Wie werden Sie auf das Preisdumping der HUK am Markt reagieren? P. Meier: Man muss abwarten, ob die K&L-Betriebe künftig wirklich eine höhere Qualität anbieten können. Wir werden die Entwicklung am Markt hierbei ganz genau beobachten, wir sehen aktuell allerdings keinen Handlungsdruck. AH: Wie geht die Nürnberger bei der Schadenregulierung vor? P. Meier: Wir steuern Schäden wieder direkt in unsere Partnerbetriebe zurück. Diese leisten im Werkstattservice hervorragende Arbeit. Das werden wir künftig noch stärker nach außen kommunizieren. Mit unserem Schadenmanagementsystem stärken wir so die Kundenbindung und sichern das Werkstattgeschäft für unsere Autohaus-Partner ab. Bei der HUK sollte ein Betrieb, wenn möglich, als Partner zum neuen Netz gehören. Dieser Bereich ist allerdings begrenzt. Zudem ist nicht klar, welches Volumen sich für einen Betrieb tatsächlich ergibt. Unklar ist auch, ob sich intern eine Konkurrenz mit den Partnern ergeben könnte, die noch alte HUK-Verträge haben. AH: Welche Vorteile bieten Sie dem Handel noch? P. Meier: Wir haben ein transparentes System geschaffen, bei dem wir jedem Partner genau aufzeigen können, zu welchem Zeitpunkt und wohin ein bestimmter Schaden zurückgesteuert wird. Er kann von uns zudem jederzeit verlangen, dass wir ihm seinen Bestand, die angefallenen Schäden und die zurückgesteuerten Fahrzeuge offen legen. Zusätzlich bieten wir Partnern einen entsprechenden Abschlag in der Kfz-Versicherung an. AH: Wie wird sich der Schadenmarkt weiterentwickeln? P. Meier: Wir gehen von einer zunehmenden Konkurrenz aus. Wie stark sich diese entwickeln wird, hängt u. a. davon ab, wie sich die teilautonomen Systeme in den Fahrzeugen verankern und das Schadengeschehen beeinflussen werden. Assistenzsysteme warten AH: Welche Entwicklung wird das autonome Fahren künftig nehmen? P. Meier: Die Assistenzsysteme nehmen stetig zu. Für den deutschen Markt können wir in den nächsten Jahren mit einer vollständigen Umsetzung des teilautonomen Fahrens rechnen. Allerdings wissen wir noch nicht, wie sich dies auf die Schadenfälle auswirken wird. AH: Welches Szenario wäre möglich? P. Meier: Reduziert sich die Schadenzahl aufgrund einer verbesserten Unfallvermeidung, ausgelöst durch die Assistenzsysteme, wird die Konkurrenz zwischen den Werkstätten zunehmen. Nicht vergessen werden darf allerdings die Reparatur und Wartung der Assistenzsysteme, die mit hohen Kosten verbunden ist. Insgesamt gehen wir davon aus, dass auch die Beiträge für die Kfz-Versicherung durch die Einführung von teil-/vollautonomen Systemen günstiger werden. AH: Wie wird die Nürnberger mit den günstigeren Beiträgen umgehen? P. Meier: Wir können uns vorstellen, dies durch neue Produkte, saisonale Angebote, verbesserte Service-/Assistenzleistungen zu kompensieren, um das Produktangebot für Fahrer zu vervollständigen. AH: Herr Meier, herzlichen Dank für das Gespräch! Interview: Daniela Kohnen Kurzfassung Das Kfz-Versicherungs- und Schadengeschäft ist dabei, sich zu verändern. So hat die Nürnberger ihr Agenturkonzept erneuert und bietet dem Handel nun drei möglich Absatzkanäle an. Mit dem baldigen Einstieg der HUK-Coburg ins Werkstattgeschäft muss sich für Händler allerdings nichts ändern.

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