VW Leasing: "Käufer- und Händlerinteressen optimal verbinden"

AH: Herr Bandmann, die Volkswagen Financial Services haben sich bis 2025 einen Bestand von 30 Millionen Leasing- und Finanzierungsverträgen vorgenommen. Wie soll das Ziel im gesättigten Markt erreicht werden? A. Bandmann: Erst einmal geht es uns darum, dieses Ziel weltweit zu erreichen. Ich stimme Ihnen vollkommen zu: In Deutschland ist der Pkw-Markt insbesondere bei Neuwagen gesättigt. Großes Potenzial sehen wir hier aber im Gebrauchtwagengeschäft. Das ist auch der Grund, warum wir unsere Gebrauchtwagenplattform heycar gegründet haben. In anderen Ländern auf der Welt sieht das ganz anders aus. Während hier in Deutschland mehr als jedes zweite Neufahrzeug aus dem Volkswagen-Konzern durch unsere Bücher geht, liegt unsere Penetration in China bei 15 Prozent. Und das ist nur ein Beispiel. Global ist noch einiges Potenzial vorhanden. Außerdem geht es uns nicht ausschließlich um Leasing und Finanzierung, sondern auch um Dienstleistungen wie Versicherungen, Reifen- oder Wartungsverträge. Diese machen heute schon rund die Hälfte unseres globalen Vertragsbestandes aus. Und auch dort wollen wir weiter wachsen. Markt sukzessive erschließen AH: Gerade im GW-Geschäft mit älteren Autos ist der Fachhandel noch nicht so stark vertreten. Wie will man den freien Händlern und dem Privatmarkt Paroli bieten? A. Bandmann: Wir sind der festen Überzeugung, dass wir mit Heycar einen sehr wichtigen Schritt gegangen sind, um uns diesen Markt sukzessive zu erschließen. Wichtig ist aber zu betonen, dass wir uns auf qualitativ hochwertige Gebrauchtwagen bis zu acht Jahren und maximal 150.000 Kilometer Fahrleistung fokussieren. Dieser Markt umfasst knapp 500.000 Fahrzeuge, von denen wir bereits mehr als 270.000 auf unserer Plattform haben. Das zeigt uns, dass die Händler auf eine Alternative nur gewartet haben. Wir wollen nicht dem gesamten Privatmarkt oder jedem freien Händler Paroli bieten. Stattdessen konzentrieren wir uns auf Fahrzeuge, die noch Potenzial bei der Fahrzeugfinanzierung und bei Serviceverträgen haben. Davon profitiert auch der Handel. AH: Ist man bei Volkswagen Financial Services im Hinblick auf den Erfolg von "WKDA.de" nicht etwas spät dran? A. Bandmann: Wir müssen nicht immer die Ersten sein, die mit neuen Lösungen an den Markt gehen. Wichtig ist, dass sowohl Kunden, Händler, der Volkswagen-Konzern als auch wir von dem neuen Modell profitieren. AH: Diese Kunden sind sehr preissensibel. Ist das die größte Herausforderung? A. Bandmann: Aus unserer Sicht nicht. Im Gegenteil: Heycar bietet Transparenz und Vergleichbarkeit in seinen Angeboten und führt Händler und Kunden zusammen. Wenn dann hinterher noch eine Finanzierung oder ein Leasingvertrag herausspringt - umso besser. Im Übrigen haben wir im Rahmen einer repräsentativen Studie festgestellt, dass eines der entscheidenden Kriterien für den Gebrauchtwagenkauf die Garantie ist. Hierfür sind einige Kunden sogar bereit, bis zu 500 Euro auszugeben. Sicherheit und Transparenz scheinen dementsprechend wichtiger zu sein als der letzte Cent Rabatt. Alternative zu den Platzhirschen AH: Welche Rolle spielt dabei Heycar? A. Bandmann: Heycar soll als Multi-Marken-Plattform für hochwertige Gebrauchtwagen eine echte Alternative zu den bestehenden Gebrauchtwagenplattformen bieten und langfristig über Qualität und Garantie das bessere Angebot für den Kunden und den Händler sein. AH: Ist Heycar der einzige digitale Kanal, der genutzt werden soll? A. Bandmann: Auf keinen Fall. Heycar ist ein Teil des großen Ganzen. Ein wesentlicher Aspekt der Unternehmensstrategie "ROUTE2025" von Volkswagen Financial Services ist, dass wir bis 2020 alle unsere wesentlichen Produkte online anbieten werden. Dort ergibt sich weiteres Vertriebspotenzial. Zum Beispiel ist bereits das Gebrauchtwagenportal der Marke Audi digital. Dort bieten wir auch unsere Produkte digital an. Qualifizierte Kundenanfragen AH: Was wollen Sie mit Ihrer GW-Plattform besser machen als die Platzhirsche? A. Bandmann: Mit Heycar bieten wir unseren Händlerpartnern besser qualifizierte Kundenanfragen und mehr Informationen über den Kunden, seine Interessen und seine Kaufabsichten. Bei Heycar gibt es keine Werbung und keine gekauften Inserate, keine Premium-Listings, die den Markt verzerren. Stattdessen bietet heycar ein faires Wettbewerbsumfeld, da das Angebot erfolgsabhängig funktioniert. Unseren Kunden liefern wir ein hohes Maß an Sicherheit, da wir nur Angebote von Marken- und Qualitätshändlern sowie nur Autos mit Garantie zulassen. Außerdem beschränken wir uns - wie schon erwähnt - auf qualitativ hochwertige Gebrauchtwagen bis zu acht Jahren und maximal 150.000 Kilometer Fahrleistung AH: Was zeichnet eine führende GW-Plattform aus? A. Bandmann: Vor allen Dingen geht es darum, Käufer- und Händlerinteressen optimal zu verbinden. Für den Handel muss eine solche Plattform einen bezahlbaren Mehrwert bieten und zu Fahrzeugverkäufen führen. Kunden wiederum wollen Sicherheit, Transparenz und eine attraktive User-Experience ohne Werbung. Wir glauben, dass wir aktuell die Anforderungen für beide erfüllen. AH: Wie sieht das Geschäftsmodell von Heycar aus? Geht es hier auch um Profit oder mehr darum, dem Handel eine kostengünstige Alternative zu bieten? A. Bandmann: Natürlich wollen wir mit Heycar Geld verdienen. Wir arbeiten beispielsweise daran, dass unsere Finanzierungsangebote für Gebrauchtwagen auch dort direkt abgeschlossen werden können. Dementsprechend ist Heycar natürlich auch ein Vertriebskanal für uns. Für die Händler wollen wir ein wirklicher Partner sein. In der aktuellen Phase möchten wir zunächst herausfinden, was ihnen wirklich nutzt und wie wir unser Angebot ausrichten sollten. Deshalb ist Heycar auch noch kostenlos. Wir werden aber in Absprache mit den Händlern bald Gebühren einführen. Diese fallen aber nur dann an, wenn es auch zu einem Vertragsabschluss kommt. Das Bezahlmodell ist dementsprechend erfolgsabhängig. Wir sind der Meinung, dass dieses Modell fair ist und unserem partnerschaftlichen Anspruch gerecht wird. AH: Für Käufer ist der Service kostenlos und wird es auch bleiben. A. Bandmann: Das ist unser Plan. Wir gehen nicht davon aus, dass Kunden bereit sind, Geld oder Abo-Gebühren für derartige Plattformen zu bezahlen. AH: Wird es auch ein Einkaufsportal à la "WKDA.de" geben? A. Bandmann: Wir planen derzeit nicht, eine Ankaufsplattform für Fahrzeuge anzubieten. Das geschieht weiterhin über den Händler. Für alle Marken offen AH: Sie wollen sich für alle Marken öffnen, auch für andere Autobanken? A. Bandmann: Absolut. Heycar ist von Beginn an als markenneutrale Plattform ausgelegt worden. Schon heute bieten über 900 Händlergruppen an mehr als 2.500 Standorten markenunabhängig ihre Fahrzeuge an. Natürlich möchten wir auch für andere Marken Finanzierungsoptionen anbieten - und brauchen dafür die Angebote der anderen Autobanken. Wir sind bereits mit einigen in fortgeschrittenen Gesprächen bezüglich der Zusammenarbeit. AH: Autofinanzierung über das Internet per Klick ist derzeit nicht möglich. Wann wird dies zur Realität? A. Bandmann: Das ist schon heute Realität - wenn auch nicht in der Breite der Angebote. Zum Beispiel können Sie in der Gebrauchtwagenböse von Audi den vollständigen Vertragsabschluss inklusive der Finanzierung per Video-Ident-Verfahren und digitaler Signatur komplett online durchlaufen. In Großbritannien ist das für die Marke Audi ebenfalls möglich. Aktuell arbeiten wir am vollständigen Online-Abschluss von Leasing-Verträgen. Da wird in der nahen Zukunft noch einiges kommen. Digitale Produkte AH: Wann ist von Volkswagen Financial Services mit einer Lösung für den Handel zu rechnen? A. Bandmann: Grundsätzlich planen wir unsere digitalen Produkte auch den Autohäusern zur Integration in deren zukünftigen Online-Shops zur Verfügung zu stellen. Wir halten das ebenfalls für eine Win-Win-Situation, da wir uns dadurch neue Vertriebskanäle erschließen und der Händler seinem Kunden ein digitales Verkaufserlebnis präsentieren kann. Einen konkreten Zeitpunkt kann ich aber aktuell nicht nennen. AH: Wird es auch Lösungen geben, wie beispielsweise bei Fair.com, also eher eine Langzeitmiete? A. Bandmann: Wir beobachten diese Entwicklungen und neuen Angebote natürlich sehr genau. Im ersten Schritt geht es uns aber nicht um die Langzeitmiete. Wir gehen zwar davon aus, dass durch die zunehmende Digitalisierung die Übergänge zwischen Leasing, Miete und Carsharing immer weiter verschwimmen werden. Langzeitmiete macht aber unserer Ansicht nach besonders im gewerblichen Bereich Sinn, wo konkrete Bedarfsspitzen abgefedert werden müssen. Für Menschen, die auf lange Sicht ein Fahrzeug benötigen, sind die Finanzierung bzw. das Leasing günstiger. Denn bei Mietmodellen erkaufen sich Kunden im übertragenen Sinn zusätzliche Flexibilität. Das mag in Ballungsräumen Sinn ergeben, aber eben nicht für jeden. Hier kommt es ganz konkret auf den individuellen Mobilitätsbedarf an. AH: Werden die Gebrauchten prinzipiell über den Handel vermarktet oder denkt man auch über Eigeninitiativen, also eine Art Direktvertrieb nach? A. Bandmann: Einen Direktvertrieb an Endkunden planen wir nicht. Wir sind aktuell einer der größten Gebrauchtwagenhändler in Deutschland. Wir vermarkten diese Fahrzeuge aber ausschließlich an unsere Händlerpartner. Denn sie haben nach wie vor den direkten Draht zum Kunden und diese gute Zusammenarbeit werden wir weiterhin stärken. Wir stellen die Produkte zur Verfügung, die es für den Kunden attraktiv machen, die Vertragswerkstatt aufzusuchen - unabhängig davon, ob das Produkt online oder offline abgeschlossen wurde. Unsere Händlerpartner sind für uns elementarer Bestandteil in der Kommunikation mit unseren Kunden. AH: Vielen Dank für das Gespräch! Interview: Ralph M. Meunzel

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