Ausgabe 05/2012: Kein Generalverdacht

Kein GeneralverdachtEin-prozent-regelung E Eine Vermutung für die Privatnutzung eines Dienst-Pkw gilt nicht generell. Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGEs sei dem Bundesfinanzhof (BFH) als oberstem deutschen Steuergericht Dank, dass er – wenigstens diesmal – der Übermaßbesteuerung der Finanzämter bei der so genannten Ein-Prozent-Regelung Einhalt geboten hat. In einer jüngst veröffentlichten Entscheidung betonte er, dass der Anscheinsbeweis, ein Arbeitnehmer nutze das ihm überlassene betriebliche Fahrzeug auch privat, nicht in allen Fällen greife, in denen einem Arbeitnehmer ein betriebliches Fahrzeug zur Verfügung stehe.Der dem Gericht vorliegende FallEin Autohandelsunternehmen überließ seinen Arbeitnehmern aus dem unteren bis mittleren Fahrzeugsegment Vorführwagen auch dazu, dass die Arbeitnehmer den Wagen für die Strecke Wohnung – Arbeitsstätte und zurück nutzen durften. Die Arbeitnehmer konnten also die Fahrzeuge abends mit nach Hause nehmen, um am nächsten Tag wieder zur Arbeit zu fahren. Darüber hinaus war den Arbeitnehmern eine zusätzliche private Nutzung nicht erlaubt. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht beschäftigten sich erst gar nicht mit der Frage, ob der Arbeitgeber dieses Nutzungsverbot ausreichend überprüft habe; ihnen genügte diese Erlaubnis, die Fahrzeuge nach Dienstschluss mit nach Hause zu nehmen, um grundsätzlich von einer Vermutung einer privaten Mitbenutzung auszugehen. Somit musste nicht nur für die Nutzung zwischen Wohn- und Arbeitsstätte die sogenannte 0,03-Prozent-Versteuerung vorgenommen werden, sondern zusätzlich war auch noch ein Prozent aus dem Listenpreis pro Monat als zusätzlicher „Lohn“ zu versteuern. 0,03-Prozent-Regelung unstreitigBei dieser Sachlage war klar, dass zumindest für die Nutzung des Fahrzeuges von der Arbeitsstätte zur Wohnung und zurück die sog. 0,03-Prozent-Regelung pro Entfernungskilometer Wohnung – Arbeitsstätte pro Monat aus dem Fahrzeuglistenpreis versteuert werden musste. Diesbezüglich kam ein Durchschnittswert des Fahrzeugpools, der den Arbeitnehmern zur Verfügung stand, zur Anwendung. Streitig war somit, und nur hierüber war in der Revision des Autohauses beim BFH zu entscheiden, ob der Arbeitgeber zusätzlich den zu versteuernden Lohn um ein Prozent pro Monat aus dem Listenpreis hätte erhöhen müssen. Bei der Entscheidung des BFH war bereits die Ausgangslage für jeden Steuerberater eigentlich klar, aber nochmals besonders zu betonen: Die Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte und zurück sind vom Gesetzgeber und erst recht aus Verfassungsgründen nicht dem Privatnutzungsbereich zuzuordnen, sondern eben als dem Grunde nach beruflich veranlasste Fahrten anzusehen. Dies ist sicherlich auch besonders entscheidend für die nachfolgende Frage der Anwendung der Ein-Prozent-Regelung.Privatverbot zu berücksichtigenDa die Strecke Wohnung – Arbeitsstätte somit dienstlich verursacht ist, ist die Überlassung des Fahrzeugs nur für diese Strecken auch keine Privatnutzung im Sinne der Ein-Prozent-Regelung. Somit ist allein die Überlassung für die Strecke Wohnung – Arbeitsstätte gerade kein Grund für den Fiskus, auch die grundsätzliche Besteuerung mit der Ein-Prozent-Regelung zu bejahen. Vielmehr kommt es tatsächlich darauf an, ob dem Arbeitnehmer für die (echte) Privatnutzung ein Fahrzeug überlassen worden ist. Damit aber steht fest: Wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung vertraglich ausgeschlossen hat, dann kommt die Ein-Prozent-Regel nicht zum Zuge, wenn sich die Arbeitnehmer daran halten. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht gingen aber davon aus, dass weiterhin die Vermutung dafür spricht, dass trotzdem eine Privatnutzung erfolgt ist. Dem aber widersprach der BFH: Solange nicht festgestellt werden kann, dass dieses vom Arbeitgeber ausgesprochene Verbot nur zum Schein erfolgt ist oder aber eine Privatnutzung tatsächlich geduldet wird, gibt es keine Vermutung einer privaten Nutzung des Pkw durch den Arbeitnehmer, wenn solch ein Arbeitgeberverbot besteht. Da im vorliegenden Fall jedoch weder das Finanzamt noch das Finanzgericht der Frage der Ernsthaftigkeit des Verbotes nachgegangen ist, wurde das bisherige Urteil des Finanzgerichtes aufgehoben, der Streit aber vom Bundesfinanzhof zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückübertragen. zBarbara Lux-Krönig, Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, muc@raw-partner.deKurzfassung1. Wird einem Arbeitnehmer ein dienstliches Fahrzeug vom Arbeitgeber zur Privatnutzung überlassen, so gilt grundsätzlich weiterhin die Vermutung, dass dieses Fahrzeug auch vom Arbeitnehmer privat genutzt wird und somit nach der Ein-Prozent-Regelung versteuert werden muss.2. Darf der Arbeitnehmer das Fahrzeug zwar jeweils abends mit nach Hause nehmen, um am nächsten Tag auch wieder mit dem Fahrzeug zur Arbeit zu kommen, wird ihm vom Arbeitgeber darüber hinaus aber eine Privatnutzung untersagt, so gilt grundsätzlich bei einem ernsthaften Verbot keine Vermutung dafür, dass der Arbeitnehmer sich diesem Verbot widersetzt und das Fahrzeug trotzdem privat nutzt.3. Dabei ist auch entscheidend, dass die Nutzung eines solchen Fahrzeugs für die Strecke Wohnung – Arbeitsstätte nicht bereits als Privatnutzung anzusehen ist.Kommentar< Schon oft hat der Bundesfinanzhof die Finanzverwaltung auch in sehr umstrittenen Sachverhalten hinsichtlich der Ein-Prozent-Regelung gestützt, außerdem ist die Rechtsprechung überzogen streng bei der Frage der Anerkennung von Fahrtenbüchern. So ist es erfreulich, dass dieses Mal der BFH die Finanzverwaltung zurückgepfiffen hat und damit gerade für Autohausinhaber mit einem Vorführwagenbestand und der möglichen Nutzung der Vorführwagen auch durch die Arbeitnehmer Grenzen aufgezeigt hat, innerhalb derer eine Ein-Prozent-Besteuerung nicht mehr in Frage kommt. Weiterhin ist aber nach wie vor aufgrund des neuen BMF-Schreibens zur Ein-Prozent-Regelung ein Autohausinhaber, der wechselnde Fahrzeuge aus dem Vorführwagenbestand nutzt, der Dumme, da nämlich weiterhin das BMF davon ausgeht, dass dann im Zweifel auch mehrere Fahrzeuge vom Unternehmer selbst der Ein-Prozent-Regelung zu unterwerfen sind. Hier haben Vorstöße sowohl von verschiedenen Wirtschaftsverbänden, des ZDK und auch einzelner Abgeordneter bisher nicht dazu geführt, dass das BMF überhaupt die Problematik verstanden hat. Einmal mehr zeigt sich, dass das BMF um jeden Preis Steuereinnahmen rekrutieren möchte, nach Gerechtigkeit wird dort offensichtlich schon lange nicht mehr gefragt! >

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