Studie: KI bietet konkrete Chancen

Kurzfassung KI bietet das Potential, in unterschiedlichen Bereichen des Autohauses Mehrwert schaffen - von Vertrieb und Marketing bis hin zum Service. Einige Anwendungen können kurzfristig hohen Mehrwert generieren, während andere Anwendungsfälle aufgrund der Priorität und Opportunitätskosten eher theoretisch spannend sind. Mit gezielten Investitionen in die Top-Anwendungsfälle lässt sich der Effekt auf Wirtschaftlichkeit und Kundenzufriedenheit allerdings deutlich maximieren. Der stationäre Autohandel steht unter massivem Druck: Die Zahl der Neuzulassungen ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken - ein Rückgang, der vor allem auf die angespannte wirtschaftliche Lage, den demografischen Wandel und die Unsicherheiten rund um die Elektromobilität zurückzuführen ist. Gleichzeitig droht das Aftersales-Geschäft massiv zu schrumpfen: Längere Wartungsintervalle könnten die Werkstatterlöse laut Experten um bis zu 50 Prozent reduzieren, beim Ersatzteilumsatz wird ein Rückgang von rund 20 Prozent erwartet. Parallel dazu verändern Kunden ihre Erwartungen - sie wollen digitale, personalisierte Angebote, schnelle Antworten und transparente Preise. KI macht den Unterschied In diesem Marktumfeld kann künstliche Intelligenz (KI) den entscheidenden Unterschied machen. Durch den Einsatz können Prozesse automatisiert oder Kunden gezielter angesprochen werden, um so die wirtschaftliche Zukunft des Autohandels zu sichern. Doch die Realität im Handel sieht anders aus: Laut dem AUTOHAUS pulsSchlag 08/2025 setzen nur 37 Prozent der Betriebe KI aktiv ein. Viele haben kaum Erfahrung und sehen die Technologie eher als abstraktes Zukunftsthema, anstatt als konkrete Chance. Das Problem: Wer zu lange wartet riskiert, den Anschluss zu verlieren. Wettbewerber, ob Hersteller, Plattformanbieter oder andere Händler, arbeiten bereits an ersten Umsetzungen. Die ersten Ergebnisse zeigen: Richtig eingesetzt steigert KI Effizienz, Kundenzufriedenheit und Umsatz spür-bar. 16 Anwendungsfälle bewertet Um Klarheit zu schaffen, welche KI-Lösungen sich für den stationären Handel wirklich lohnen, wurden im Rahmen einer Masterthesis an der NORDAKADEMIE 16 konkrete Anwendungsfälle von KI im Autohandel identifiziert. Diese reichen vom Marketing über die Preisgestaltung bis hin zum Werkstattgeschäft. Anschließend bewerteten Branchenexperten die Use Cases bezüglich ihres Einflusses auf Produktivität, Mitarbeitendenzufriedenheit, Kundenzufriedenheit, Umsatz und Kosten. Das Ergebnis ist eindeutig: Alle Anwendungsfälle wurden von den Experten positiv bewertet. KI bietet also das Potenzial, in unterschiedlichen Bereichen des Autohauses Mehrwert schaffen - von Vertrieb und Marketing bis hin zum Service. Allerdings zeigen sich klare Unterschiede in der Bewertung: Einige Anwendungen können kurzfristig hohen Mehrwert generieren, während andere Anwendungsfälle aufgrund der Priorität und Opportunitätskosten eher theoretisch spannend sind. Die Erkenntnis für Entscheider: Nicht jede KI-Lösung lohnt die Investition. Der Outcome ist gemäß den Ergebnissen zwar immer positiv, mit gezielten Investitionen in die Top-Anwendungsfälle lässt sich der Effekt auf Wirtschaftlichkeit und Kundenzufriedenheit allerdings deutlich maximieren. Der Einsatz der Anwendungsfälle führt im Autohandel allerdings lediglich zu einer Verbesserung der bestehenden Geschäftsprozesse und nicht zu neuen Geschäftsmodellen, die grundlegend neue Einkommensquellen erschließen. Aus diesem Grund ist es wichtig, die verschiedenen Anwendungsfälle in einer umfassenden Plattform zu integrieren, um mögliche Synergien bestmöglich zu nutzen. Dadurch kann das vollständige Potenzial der Anwendungsfälle genutzt werden. Aftersales: Hier liegt das Potenzial Besonders hoch bewertet wurden KI-Lösungen im Service- und Aftersales-Geschäft. Kein Wunder: Hier erwirtschaften Autohäuser den größten Teil ihres Gewinns - und genau hier lassen sich Prozesse mit KI spürbar verbessern. 1. Automatisierte Terminplanung: Chatbots und Assistenten übernehmen Terminabsprachen, erfassen erste Fahrzeugdaten und entlasten Mitarbeiter von zeitaufwendiger Routine. Anhand von Fehlerbeschreibungen können Fehler voranalysiert und anschließend automatisierte Ersatzteile bestellt werden. 2. Fehlersuche in der Werkstatt: Die Bereitstellung von Handbüchern und Best Practices in einem Chatbot ermöglicht es, die Fehlersuche zu vereinfachen. Anhand einer Fehlerbeschreibung, Messdaten oder Bilder können Arbeitsschritte zur Lösung des Problems vorgegeben werden. 3. Ersatzteil- und Lageroptimierung: KI-Prognosen helfen, die Teileverfügbarkeit zu verbessern, Standzeiten zu reduzieren und Kosten zu senken. 4. Predictive Maintenance: Fahrzeuge melden drohende Defekte oder Wartungsbedarfe automatisch, bevor der Kunde ein Problem bemerkt. Das ermöglicht proaktive Kundenansprache, stabilisiert die Werkstattauslastung und steigert die Bindung. Diese Anwendungsfelder bieten nicht nur Effizienzgewinne, sondern zahlen direkt auf die Kundenzufriedenheit ein. Wer seinen Kunden schnelle, transparente und vorausschauende Services bieten kann, schafft Vertrauen - und damit die Basis für lange Kundenbeziehungen. Das vollständige Potenzial entfalten die Lösungen, wenn sie in einer Plattform integriert werden. So kann etwa die Terminplanung nahtlos auf Informationen aus der Fehlersuche und den Lagerprognosen zugreifen. So werden Synergien optimal genutzt und der Nutzen für Händler und Kunden maximiert. Vertriebschancen mit Risiken Auch im Verkaufsprozess zeigt KI großes Potenzial. Intelligente Systeme können Leads bewerten, Kaufwahrscheinlichkeiten prognostizieren oder dynamische Preise vorschlagen. Ein besonders vielversprechender Bereich ist das Marketing, wofür die Kosten in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind. KI-gestützte Systeme können Kundendaten analysieren und Kampagnen hochgradig personalisieren. Statt breiter Streuung entstehen gezielte Angebote - zum Beispiel für Zubehör, Servicepakete oder Anschlussfinanzierungen. Doch der Einsatz im Vertrieb ist ein sensibles Feld. Ein schlecht trainierter Chatbot oder unpassende Empfehlungen können potenzielle Käufer eher abschrecken als überzeugen. Kunden erwarten hier Professionalität und persönliche Betreuung. Digitale Fehltritte werden nur selten verziehen. Die Konsequenz: Händler sollten KI im Vertrieb mit Bedacht einsetzen, zuerst in unterstützenden Funktionen wie Lead-Priorisierung oder Preisempfehlungen. Der finale Kontakt zum Kunden bleibt Aufgabe der Berater - hier entscheidet häufig die persönliche Beziehung. Von der Theorie ins Autohaus Die Untersuchung macht deutlich: KI bietet großes Potenzial - aber nur, wenn Händler sie gezielt und strategisch einsetzen. Entscheidend sind vier Schritte: Ziele definieren: KI sollte immer gezielt eingesetzt werden, um konkrete Probleme zu lösen. Einführungen als Selbstzweck sind mit hohen Kosten verbunden, ohne echten Mehrwert zu generieren. Daten aufbereiten: Ohne saubere Datenbasis kann keine KI sinnvoll arbeiten. Einheitliche Kundendaten, Schnittstellen zu CRM und DMS sowie eine klare Datenstrategie sind Grundvoraussetzungen. Pilotprojekte starten: Statt komplexe Großprojekte anzustoßen, empfiehlt sich ein iterativer Ansatz. Kleine gezielte Pilotprojekte schaffen schnelle Erfolge und senken das Risiko. Mit den daraus gewonnenen Erfahrungen können anschließend größere Vorhaben umgesetzt werden. Mitarbeiter einbinden: Einführungen von KI-Systemen erfordern ein umfassendes Change-Management, um Unsicherheiten zu begegnen. Frühzeitige Schulungen und transparente Kommunikation nehmen Ängste und fördern Akzeptanz. Fazit: Handeln statt abwarten Die zentrale Botschaft: KI im Autohandel ist keine ferne Vision, sondern eine konkrete Chance - vor allem im Aftersales. Händler, die jetzt aktiv werden, sichern sich Effizienzvorteile, steigern die Kundenzufriedenheit und machen ihr Geschäft zukunftssicher. Doch Untätigkeit ist gefährlich. Kunden erwarten zunehmend digitale Services, während Wettbewerber längst erste Erfahrungen sammeln. Wer abwartet, riskiert nicht nur Umsatzverluste, sondern auch den Anschluss im Markt. Deshalb gilt für Verantwortliche und Entscheider: Jetzt starten - klein, gezielt und strategisch. Wer den Einstieg wagt, verschafft sich einen Vorsprung, den Nachzügler kaum mehr aufholen können. Der Autor Maximilian Schmidt, M.Sc., hat Wirtschaftsinformatik/IT-Management an der NORDAKADEMIE studiert. Im Rahmen seiner Masterthesis hat er 16 konkrete Anwendungsfälle von KI im Autohandel identifiziert, um Klarheit zu schaffen, welche KI-Lösungen sich für den stationären Handel wirklich lohnen, wurden. Mittlerweile ist er Senior IT-Consultant Mobility bei Lufthansa Industry Solutions.

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