Verbraucherschutz: Neues Gesetz für faire Verbraucherverträge

Der Bundesrat stimmte am 25. Juni 2021 dem vom Bundestag beschlossenen neuen "Gesetz für faire Verbraucherverträge" zu. Nach dem Willen des Gesetzgebers müssen Verbraucher in mehrfachen Bereichen besser geschützt werden. Im Wesentlichen geht es nach der Gesetzesbegründung um- den verbesserten Schutz vor nicht interessengerechten Vertragsklauseln,- Kündigungsdokumentation,- den verbesserten Schutz vor telefonisch aufgedrängten und untergeschobenen Verträgen.Geändert werden in Umsetzung des Gesetzes für faire Verbraucherverträge etliche Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch (einschließlich Einführungsgesetz), im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und im Energiewirtschaftsgesetz. Die einzelnen Bestimmungen im neuen Gesetz treten zeitlich abgestuft zwischen 1. Oktober 2021 und 1. Juli 2022 in Kraft. Infolge des neuen Gesetzes ist es für Unternehmer geboten, ihre Geschäftspraktiken darauf einzustellen und insbesondere auch ihren Internetauftritt zu überprüfen und anzupassen. Bei Gesetzesverstößen drohen Geldbußen bis zu 100.000 Euro. Nachstehend ein Überblick über maßgebliche Rechtsänderungen.Dokumentation der Einwilligung in TelefonwerbungNach § 7 UWG ist die unzumutbare Belästigung eines "Marktteilnehmers" unzulässig. Eine solche unzumutbare Belästigung ist bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung stets anzunehmen. Das Gesetz für faire Verbraucherverträge führt im UWG einen neuen § 7a UWG ein. Die grundsätzlich vom Verbraucher zu erteilende vorherige Einwilligung in die Telefonwerbung hat der Unternehmer zum Zeitpunkt der Einwilligungserteilung "in angemessener Form zu dokumentieren". Was die angemessene Form ist, erklärt das Gesetz nicht.In der Begründung zum Gesetzesentwurf (Bundestagsdrucksache 18/21) wird angemerkt, dass die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde Hinweise veröffentlichen kann, wie der Rechtsbegriff der "angemessenen Dokumentation" auszulegen ist. Angemerkt wird ebenfalls, dass die Einwilligung des Verbrauchers auch mündlich erteilt werden kann und die Dokumentation in diesem Fall beispielsweise aus einer Tonaufzeichnung bestehen kann. Darüber hinaus hat der Unternehmer den Nachweis der erteilten Einwilligung wie auch den Nachweis über jede spätere Verwendung dieser Einwilligung fünf Jahre aufzubewahren. Der Unternehmer hat den erforderlichen Nachweis der Einwilligung auf Verlangen der zuständigen Verwaltungsbehörde unverzüglich vorzulegen. Die Gesetzesänderung zur Einwilligungsdokumentation ist bereits am 1. Oktober 2021 in Kraft getreten.Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen GeschäftsverkehrIm BGB wird ein neuer § 312k normiert. Die neue gesetzliche Bestimmung behandelt die Kündigungsmöglichkeit für Verbraucher bei einem Dauerschuldverhältnis (Ausnahme: Verträge über Finanzdienstleistungen), das einen Unternehmer "zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet" und das auf der Website des Unternehmers zum Abschluss angeboten wird. Der Unternehmer hat dabei sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Website eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung des angebotenen Vertrags abgeben kann. Es muss eine "Kündigungsschaltfläche" vorgehalten werden, die gut lesbar die Wörter aufweist "Verträge hier kündigen" oder die mit einer "entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet" sein muss. Die Kündigungsschaltfläche muss unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die dem Verbraucher die Möglichkeit zu Angaben gibt über Art der Kündigung, Kündigungsgrund, Identifizierbarkeit, Bezeichnung des Vertrags, Beendigungszeitpunkt und elektronische Übermittlung der Kündigungsbestätigung. Es muss zusätzlich eine Schaltfläche vorhanden sein, bei deren Betätigen der Verbraucher die Kündigung mit den Worten "jetzt kündigen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung abgeben kann. Des Weiteren muss für den Verbraucher bei Betätigung der Kündigungsschaltfläche die Möglichkeit gegeben sein, seine Kündigungserklärung mit Datum und der Uhrzeit auf einem dauerhaften Datenträger zu speichern. Darüber hinaus hat der Unternehmer dem Verbraucher Inhalt, Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigung sowie den Beendigungszeitpunkt des Vertrags "sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigen". Die neue gesetzliche Bestimmung zur Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr tritt zum 1. Juli 2022 in Kraft. Es ist die rechtzeitige Anpassung der Websites nachhaltig zu empfehlen.AbtretungsausschlussIn § 308 BGB wird eine neue Nr. 9 angefügt. Hiernach kann die Abtretung von Geldansprüchen oder anderen Rechten, die ein Verbraucher gegen einen Unternehmer hat, in AGB grundsätzlich nicht mehr ausgeschlossen werden. Eine AGB-Klausel mit Abtretungsverbot ist allerdings dann nicht unwirksam, wenn der Unternehmer ein "schützenswertes Interesse" an einem Abtretungsausschluss hat und berechtigte Belange des Verbrauchers dieses schützenswerte Interesse nicht überwiegen. Nach der Begründung zum Gesetzesentwurf (Bundestagsdrucksache 18/21) soll durch die Gesetzesänderung unter anderem gewährleistet werden, dass Verbraucher die auf Geld gerichteten Ansprüche, die sie gegen Unternehmer erworben haben, zum Zweck der Durchsetzung an Dritte abtreten können. Man denke hier beispielsweise an die legaltech-Angebote spezialisierter Firmen zur Durchsetzung von Verbraucherrechten. Auch für das Arbeitsrecht hat der neue Abtretungsausschluss Auswirkungen. In vielen Arbeitsverträgen ist etwa folgende Klausel enthalten: "Die Abtretung von Gehaltsforderungen ist ausgeschlossen und dem Arbeitgeber gegenüber unwirksam." Hintergrund einer solchen Klausel ist die Vermeidung von Verwaltungsaufwand. Bei einer wirksamen Abtretung muss der Arbeitgeber den Arbeitslohn an einen Dritten auskehren und mit eben dem entsprechenden Aufwand die Pfändungsfreigrenzen beachten. Auch besteht bei einer unwirksamen Abtretung das Risiko, an den Dritten "umsonst" geleistet zu haben. "Schützenswerte Interessen" des Arbeitgebers an einem AGB-Abtretungsausschluss im Arbeitsvertrag dürften wohl nur noch im Ausnahmefall begründbar sein. Die Gesetzesänderung zum Abtretungsausschluss ist ebenfalls bereits zum 1. Oktober 2021 in Kraft getreten.Änderung der Vertragslaufzeit§ 309 Nr. 9 BGB bestimmte bisher für Warenlieferungs-, Dienst- und Werkverträge, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vertragsklauseln unwirksam sind, die den Verbraucher länger als zwei Jahre binden und/oder eine stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um mehr als ein Jahr beinhalten und/oder eine längere Kündigungsfrist als 3 Monate vor Ablauf der Vertragsdauer vereinbaren. Aufgrund des Gesetzes für faire Verbraucherverträge können in einem solchen Vertragsverhältnis auch weiterhin noch Laufzeiten von bis zu 2 Jahren vereinbart werden. Eine stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses ist nun allerdings nur noch unter folgender Voraussetzung möglich: Das Vertragsverhältnis wird lediglich auf unbestimmte Zeit verlängert und dem Verbraucher wird das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen. Unwirksam ist nun auch eine Vertragsklausel, die eine längere Kündigungsfrist als einen Monat vor Ablauf der ursprünglichen Vertragsdauer vorsieht. Die gesetzliche Änderung der Vertragslaufzeit tritt am 1. März 2022 in Kraft.Kurzfassung1. Im neuen "Gesetz für faire Verbraucherverträge" geht es (neben anderem) maßgeblich um den verbesserten Schutz vor nicht interessengerechten Vertragsklauseln, die Nachweisbarkeit und die Dokumentation der Kündigung von Verbraucherverträgen und den verbesserten Schutz vor telefonisch aufgedrängten und untergeschobenen Verträgen.2. Telefonwerbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung ist stets eine wettbewerbswidrige unzumutbare Belästigung. Nach dem neuen § 7a UWG ist nun "in angemessener Form" der Zeitpunkt der erteilten Einwilligung in die Telefonwerbung nachweislich zu dokumentieren. Der Unternehmer hat den Nachweis der Einwilligung fünf Jahre aufzubewahren. Dieser Nachweis ist auf Verlangen der zuständigen Behörde unverzüglich vorzulegen.3. Nach dem neuen § 312k BGB hat der Unternehmer, der den Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses auf seiner Website anbietet, mehrfache Pflichten. Er muss im Hinblick auf eine Kündigung des Vertrags auf seiner Website eine Reihe von Schaltflächen vorhalten, deren Ausgestaltung vom Gesetz im Einzelnen vorgegeben wird. Der Verbraucher muss darüber hinaus seine Kündigungserklärung speichern können, auch muss der Unternehmer dem Verbraucher die Kündigung und den Beendigungszeitpunkt des Vertrags auf elektronischem Weg in Textform bestätigen.4. Gemäß dem neuen § 308 Nr. 9 BGB kann grundsätzlich nicht mehr ausgeschlossen werden, dass ein Verbraucher Geldansprüche oder andere Rechte an eine andere Person abtritt. Eine solche Abtretung ist ausnahmsweise nur noch dann möglich, wenn der Unternehmer ein "schützenswertes Interesse" an einem Abtretungsausschluss hat und entgegenstehende berechtigte Belange des Verbrauchers nicht überwiegen.5. Auch nach der Gesetzesänderung ist unter Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Abschluss von Warenlieferungs-, Dienst- und Werkverträgen bis zu einer Dauer von zwei Jahren zulässig, wobei die Kündigungsfrist nun allerdings längstens einen Monat zum Vertragsende betragen darf. Neu ist auch die Reglementierung der stillschweigenden Vertragsverlängerung. Eine solche ist nur noch möglich, wenn das Vertragsverhältnis lediglich auf unbestimmte Zeit verlängert und dem Verbraucher das Recht eingeräumt wird, das verlängerte Vertragsverhältnis mit einer Frist von längstens einem Monat zu kündigen.KommentarDer Entwurf zum "Gesetz für faire Verbraucherverträge" enthielt zunächst noch eine Änderung zum § 476 BGB. Diese Änderung war im Hinblick auf die Ferenschild-Entscheidung des EuGH vom 13. Juli 2017 (Rechtssache C-133/16) beabsichtigt. Nach dieser Entscheidung widersprechen nationale Vorschriften zur möglichen Verkürzung der Verjährung der Sachmängelhaftung bei Gebrauchtfahrzeugen auf ein Jahr - so wie dies das deutsche Recht gestattete - der EU-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf. Es wurde vom deutschen Gesetzgeber allerdings entschieden, eine Neuregelung des § 476 im Zusammenhang mit weiteren kaufrechtlichen Umgestaltungen im "Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags" durchzuführen. Dieses Gesetz wurde am 24. Juni 2021 vom Bundestag bereits beschlossen. Es enthält eine erhebliche Anzahl von für die Kfz-Branche maßgeblichen Vorschriften. Hiermit wird sich der nächste AUTOHAUS- Beitrag beschäftigen.Rechtsanwalt Rainer Bopp

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