Ausgabe 17/2008: Pendlerpauschale unsozial?

Pendlerpauschale / Der Standpunkt mancher Politiker, dass besser Verdienende bei Wiedereinführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer zu Unrecht entlastet würden, geht an der Realität vorbei.Pendlerpauschale unsozial? Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPG Unabhängig davon, wie der Streit beim Bundesverfassungsgericht ausgehen sollte: Die Wiedereinführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer wäre wenigstens ein kleiner Schritt der Politiker, um sowohl Arbeitnehmern als auch Selbstständigen eine nur ganz kleine Entlastung für die enorm gestiegenen Aufwendungen für die Wegstrecke Wohnung–Arbeitsstätte zu gewähren. Bedauerlich ist es hierbei, dass bei den hitzigen Debatten und konträren Argumenten innerhalb der Koalitionsparteien sowie insbesondere auch von der Opposition – besonders den Grünen und den Linken – unsachliche, um nicht zu sagen völlig falsche Argumente angeführt werden, wonach die Wiedereinführung der Pendlerpauschale besser Verdienende bevorzugen würde. Um solch eine Bevorzugung zu vermeiden, müsse eine einkommensabhängige Begünstigung nur für die unteren Einkommensbezieher geschaffen werden – so die Forderung mancher Politiker. Vordergründig mag dies plausibel erscheinen, von Politikern dürfte man aber eigentlich erwarten, dass sie die steuerliche Systematik verstehen und vielleicht schon mal etwas von einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gehört haben.Höheres Einkommen – größere EntlastungNatürlich stimmt es, dass jemand mit einem höheren zu versteuernden Einkommen von der Pendlerpauschale auch eine größere Entlastung bekommt. Wie hoch diese Entlastung sein wird, möchten wir an zwei konkreten Beispielen aufzeigen: Hat ein Alleinstehender 53.000 Euro im Jahr zu versteuern, so liegt er im Spitzensteuersatz von 42% (nur Einkommensteuer zuzüglich Soli und Kirchensteuer), so dass die steuerliche Geltendmachung der Entfernungspauschale ab dem ersten Kilometer für jeden gefahrenen Kilometer 42% Einkommensteuer aus 15 Cent beträgt. 15 Cent deshalb, weil man steuerlich 30 Cent für den Entfernungskilometer (also hin und zurück) geltend machen kann, so dass für jeden gefahrenen Kilometer die steuerlich mögliche Einkommensminderung nur 15 Cent ausmacht. Die darauf ersparte Einkommensteuer mit dem Spitzensteuersatz von 42% beträgt somit rund 6 Cent. Ein Alleinverdiener mit nur 21.000 Euro zu versteuerndem Einkommen unterliegt einem Spitzensteuersatz von rund 20%, so dass er lediglich mit 20% von 15 Cent, also mit ganzen 3 Cent pro gefahrenem Kilometer entlastet wird.Entlastung minimalBeide Fälle zeigen, dass die Entlastung allenfalls Bruchteile der Kostensteigerungen der letzten Zeit hinsichtlich der Aufwändungen für Fahrten Wohnung–Arbeitsstätte abdecken: Nicht nur die Kosten der Autofahrer haben sich drastisch durch Mehrwertsteuererhöhung, Versicherungsteuererhöhung und ganz zu schweigen von der Spritpreisentwicklung erhöht, auch Bahnfahrer haben ständig mit Kostenerhöhungen zu kämpfen, und selbst wenn jemand zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen sollte, so sind die Kosten für Verschleiß von Kleidung/Schuhen (bei Regen!) ebenfalls durch Mehrwertsteuererhöhung und Inflation ständig gestiegen. Würde also solch eine Entlastung wieder ab dem ersten Kilometer eingeführt, dann erhalten alle Steuerzahler letztlich nur einen Bruchteil dessen an Entlastung, was ihnen der Fiskus in letzter Zeit zusätzlich an Steuerlasten aufgedrückt hat. Doch nun kommen wir zu der entscheidenden Frage, ob die aufgezeigte doppelt so hohe Entlastung der Besserverdiener nun tatsächlich eine unsoziale Regelung wäre. Müsste deshalb eine Deckelung der Entlastung für höhere Einkommen oder eine einkommensunabhängige gleich hohe "Bezuschussung" erfolgen, um eine sozial ausgewogene Regelung einzuführen?Verfassungsgemäße EntlastungSeit langem ist anerkannt, dass die Einkommensteuer als Ausfluss aus Artikel 3 Grundgesetz, wonach alle Bürger gleich zu behandeln sind, an der Leistungsfähigkeit eines Steuerbürgers auszurichten ist. Derjenige also, der leistungsfähiger ist, darf mit einer höheren Steuer belegt werden, ja er muss sogar mit einer höheren Steuer belegt werden als derjenige, der weniger verdient.Bei der Frage nach der gerechten Entlastung ist aber darauf zu achten, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht: Bei der Wiedereinführung der Entfernungspauschale ab dem ersten Kilometer wird für jeden Steuerzahler das zu versteuernde Einkommen mit dem gleichen Kilometersatz entlastet, jeder kann pro gefahrenem Kilometer Wohnung–Arbeitsstätte seine Einkommensteuer um 15 Cent pro Kilometer mindern. Es wird somit jeder gleich behandelt, es kann nämlich der besser Verdienende keinen höheren Betrag geltend machen als der Niedrigverdiener. Die Antwort auf die Frage, warum einer doppelt so viele Steuern "spart" wie der "weniger Leistungsfähige", liegt auf der Hand: Die Ersparnis fällt nur deshalb höher aus, weil derjenige mit der höheren "Steuerersparnis" ohne die Pendlerpauschale auch zu hoch besteuert worden wäre. Gerade diese höhere Entlastung – so die ständigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes z. B. auch zum Kinderfreibetrag und Tarifgrundfreibetrag – ist Ausfluss des Grundsatzes der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Sowohl den gut als auch den schlechter Verdienenden sind die gleich hohen Beträge für die Fahrten Wohnung–Arbeitsstätte nicht mit Steuern zu belasten; ist dabei der besser Verdienende bereits in einer höheren Progression, so wird mithin durch den Abzug von Kosten für Wohnung–Arbeitsstätte diese auf ihm lastende zu hohe Progression rückgängig gemacht! Das müssten unsere Parlamentarier eigentlich wissen. Unehrliche Politik!Wer tatsächlich Besserverdiener höher belasten will, der sollte dies nicht an der Entfernungspauschale dingfest machen, sondern ganz offen und ehrlich für eine Steuersatzanhebung für die Gutverdiener plädieren. Ob dies jedoch volkswirtschaftlich noch vernünftig sein kann und nicht zu weiteren Abwanderungstendenzen führt, mag dann jeder selbst entscheiden: Ein Spitzensteuersatz von 42% samt Reichensteuerzuschlag, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer bedeutet, dass von jedem zusätzlich verdienten Euro sowieso bereits die Hälfte an den Fiskus abzuführen ist und außerdem nach der geplanten Erbschaft-/Schenkungsteuerreform daraus erspartes Vermögen beim Generationswechsel zusätzlich zur Kasse gebeten wird. Wer die Steuern weiter erhöht, dem sollte bewusst sein, dass er die Kuh, die er melken will, nicht schlachten darf!Michael Böhlk-LankesRechtsanwaltSteuerberatermuc@raw-partner.de

Ausgabe 17/2008: Pendlerpauschale unsozial?

Pendlerpauschale unsozial?

MEISTGELESEN

Hyundai-Händler: "Hängen faktisch am Tropf"

Audi-Vertrieb: Quary geht, Weichselbaum kommt

Cupra vollzieht Kurswechsel: Aus für BEV-Agentur in Europa

STELLENANGEBOTE

Head of Sales DACH (m/w/d)

Serviceberater/Serviceassistenz (m/w/d)

Account Manager (w/m/d) Full-Service Leasing Automotive im Außendienst für unsere Vertriebskooperation Ford Fleet Management Vertriebsregion Süd (Baden-Württemberg, Bayern) | Homeoffice

Garantie - Sachbearbeiter (m/w/d)

Automobilverkäufer (m/w/d) Ford Neuwagen

NEWSLETTER