Ausgabe 04/2011: Spezialmaterie

SpezialmaterieGarantie-Versicherungen E Von Bürokratieabbau ist nichts zu spüren – die Verantwortung für die korrekte umsatzsteuerliche Behandlung von Eigengarantien oder Garantieversicherungen bleibt beim Handel hängen.Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGNun hat sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dazu durchgerungen, zum Jahreswechsel endlich einen Erlass zu den sog. Eigengarantien oder Garantieversicherungen im Hinblick auf die umsatzsteuerliche Behandlung herauszugeben. Doch mit Ausnahme einer Vertrauensschutzregelung ist der Erlass des BMF für die Praxis keine große Hilfestellung. Besser gesagt, die Verantwortung dafür, dass die umsatzsteuerliche Behandlung ab 1. 1. 2011 korrekt vorgenommen wird, bleibt wieder bei den Betrieben hängen. Neben den komplizierten Bestimmungen zu umsatzsteuerfreien Ausfuhren ist somit auch die umsatzsteuerliche Behandlung von Garantien und deren Absicherung für die Kfz-Branche weiterhin ein riskantes Pflaster. Vertrauensschutz endete 2010Mit dieser vom BMF nunmehr anerkannten Vertrauensschutzregelung ist lediglich klargestellt, dass Rechnungen über den Preis einer Versicherung für vom Händler garantierte Reparaturen nicht nachträglich noch für 2010 und frühere Jahre der Umsatzsteuer unterworfen werden müssen. Dies gilt aber nur für die Fälle des sog. Kombinationsmodells, wo der Händler dem Kunden freigestellt hatte, dass entweder die Reparatur vom verkaufenden Händler selbst vorgenommen wird oder aber in einer anderen Werkstatt, wobei sodann die fremde Werkstatt meist direkt mit der abgeschlossenen Versicherung abgerechnet hat. Nach der Rechtsprechung sind in solchen Kombinationsmodellfällen die „Prämien“, die vom Kunden für diese Garantie bezahlt worden sind, der Umsatzsteuer zu unterwerfen gewesen. Ab 1. 1. 2011 sind die Prämien, die dem Kunden in Rechnung gestellt werden, auf jeden Fall mit Umsatzsteuer zu berechnen. Wer dies bisher nicht beachtet hat, sollte auf jeden Fall nach Rücksprache auch mit seinem Steuerberater eine entsprechende Korrektur vornehmen. Übrigens sind beim Kombinationsmodell selbstverständlich die an die Versicherung geleisteten Prämienzahlungen mit der Versicherungssteuer belastet – zwei Leistungsbeziehungen, zwei verschiedene Steuern mit der Wirkung einer Doppelbesteuerung, da die Versicherungssteuer nicht wie eine Vorsteuer beim Händler zu einer Entlastung führt.Garantie- oder Versicherungsmodell?Neben dem Kombinationsmodell sind (oftmals auch abhängig von den Herstellervorgaben) die unterschiedlichsten Varianten von Händler- oder verlängerter Herstellergarantie anzutreffen. Dabei ist umsatzsteuerlich grundsätzlich immer auf einzelne Leistungsverhältnisse abzustellen, je nachdem handelt es sich dann um eine Eigenreparatur eines Verkäufers oder Garanten oder aber um eine Entschädigung einer abgeschlossenen Versicherung. Nur dort, wo es sich ausschließlich um eine Versicherung und somit um Versicherungsprämien handelt, die der Kunde unmittelbar für die „Garantie“ bezahlen muss, ist solch eine Versicherungsprämie umsatzsteuerfrei, sie unterliegt aber der Versicherungssteuer. Alle anderen Leistungszusagen sind sonstige Leistungen eigener Art, deren Entgelt auf jeden Fall der Umsatzsteuer unterliegt. Zusätzlich muss aber auch noch beachtet werden, dass in den Eigengarantiefällen eines Händlers dieser sich oftmals bei einer Versicherung rückversichert hat, d. h. einerseits liegt eine Versicherungsprämienzahlung an den Versicherer vor, andererseits ist jedoch eine Garantie-„Prämie“ durch den Kunden an den Händler zu bezahlen. Die umsatzsteuerliche Behandlung ist nun zwischen diesen einzelnen Leistungsbeziehungen streng zu unterscheiden. Wenn es um die Frage der Umsatzsteuerpflicht von Prämien geht, sind dementsprechend die in der Praxis auftretenden Sachverhalte zu unterscheiden. So kann man an dieser Stelle keine einheitliche Lösung für die vielfältigen, am Markt angebotenen Lösungen geben. Vielmehr muss meist nach Herstellermodellen oder Versicherungsmodellen unterschieden und für jedes Modell eine eigenständige Aussage getroffen werden. So ist es also nicht verwunderlich, dass der BMF-Erlass hierzu auch keine detaillierten Aussagen enthält und letztlich jeder Unternehmer selbst die Verantwortung zusammen mit seinem Steuerberater dafür trägt, dass das von ihm angewandte Garantiemodell auch umsatzsteuerlich richtig behandelt wird.Keine UmsatzsteuergarantienZu bemängeln ist aus Sicht der Kraftfahrzeugbranche, dass oftmals die einzelnen von Versicherern oder Herstellern aufgelegten Modelle nicht mit einer verbindlichen Zusage oder Anweisung hinsichtlich der umatzsteuerlichen Behandlung versehen sind. Oftmals werden solche Modelle aus vertriebsstrategischen Gründen von Vertriebsabteilungen der Konzerne entwickelt, ohne sich dabei Gedanken über die Problematiken zu machen, die letztlich den Handel bei der umsatzsteuerlichen Behandlung treffen. Dies haben viele Händler leidvoll auch bisher bereits erfahren müssen, sei es dass sie auf den Bürokratie- und Beraterkosten sitzengeblieben sind, insbesondere auch, soweit dies durch die Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung ausgelöst worden ist und erst jetzt der BMF im Nachhinein eine Vertrauensschutzregelung bringt, die aber an den angefallenen Kosten nichts mehr ändert. Man kann es eigentlich nur so formulieren: Zu Recht fühlt sich die Kfz-Branche von Herstellern, Versicherungen und dem BMF im Stich gelassen.Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung1. Wie sich aus der Vertrauensschutzregelung des BMF ergibt, obliegt ab Jahresanfang die Verantwortung für eine korrekte Abrechnung der Umsatzsteuer wieder einmal dem Kfz-Handel.2. Beim sog. Kombinationsmodell ist auf jeden Fall das Entgelt des Kunden für die erweiterte Garantie umsatzsteuerpflichtig. 3. Die Vielzahl der Sachverhaltsvarianten über zugesagte „Garantien“ von Herstellern, Handel und Versicherungen erlauben keine „einzig richtige Aussage“ – der Einzelfall und dessen Handhabung entscheiden über die Fragen zur Umsatzsteuerpflicht! Kommentar< War früher die Umsatzsteuer oftmals eine weniger beachtete „Nebensteuer“, die eben einfach nur buchhalterisch zu verarbeiten war, so entwickelte sich die Umsatzsteuer immer mehr zu einer Spezialmaterie, der sich gerade auch jeder Betrieb mit Umsätzen über die Grenze mit peinlicher Genauigkeit widmen muss bzw. müsste! Viele Unternehmen haben das schon leidvoll bei vergangenen Umsatzsteuerprüfungen durch das Finanzamt oder gar die Steuerfahndung erfahren müssen. Dass die Problembewältigungen um die Umsatzsteuer aber vielfältiger und auch außerhalb von „Ausfuhrlieferungen“ einen erheblichen Kostenfaktor darstellen können, zeigt auch die Behandlung von verlängerten „Gewährleistungsgarantien“ auf, bei der auch wieder einmal dem Handel die Verantwortung für die richtige Rechnungsstellung und Umsatzsteuererklärung aufgebürdet wird – von der politischen Aussage „Bürokratieabbau für Unternehmen“ ist nichts zu spüren. >

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