Händlerprognosen: Zwischen Zuversicht und Kampf

Prognosen abgeben kann jeder. Es ist nur die Frage, wie zutreffend sie sind. Dieser Ausspruch eines Zukunftsforschers gilt in diesem Jahr ganz besonders. Da offenbar keiner weiß, wie lange die Lieferschwierigkeiten noch gehen, wie sich die Corona-Pandemie weiterentwickelt und was die damit einhergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit der Kaufkraft der Kunden machen, bleibt nur Stochern im Nebel. Dennoch ist bei den von uns befragten Händlern auch ein gewisser Optimismus nicht zu überhören. Für viele Händler lief das Jahr 2021 gar nicht so schlecht - auch wenn in den letzten Monaten die Liefersituation immer schwieriger wurde. Die Orderbank ist jetzt jedenfalls bei vielen groß. Die gestiegenen Preise im Gebrauchtwagengeschäft stopften so manches Loch. Wer genug am Lager hatte, konnte sich ganz gut behaupten. Zwei der von uns zitierten Händler gehen jedenfalls optimistisch in das Jahr 2022, drei sind eher vorsichtig. Katastrophen sieht aber keiner auf sich zukommen. Die Autohäuser sind Kampf gewohnt. "Leicht war es nie", hat mir kürzlich ein Unternehmer erzählt. Und Martina Stoppanski-Auracher hat sicher recht: Das Wichtigste ist, jetzt erst einmal gesund zu bleiben, denn ohne die Kraft des Unternehmers und der Mitarbeiter geht es nicht. Jürgen Mattern, Geschäftsführer Mattern-Gruppe mit den Marken Abarth, Alfa Romeo, Citroen, Dacia, DS, Fiat, Jeep, Nissan, Mazda, MG, Renault und Greyp E-Bikes an 13 Standorten in Bielefeld und Ostwestfalen: "Es ist sehr schwierig, eine Brancheneinschätzung zu geben. Das wird sicherlich weiterhin sehr stark geprägt sein durch die Halbleiterthematik: Wer kriegt das am schnellsten in den Griff. Wer kriegt seine bestehenden Aufträge am schnellsten abgearbeitet, um wieder zu guten Lieferzeiten zu kommen. Wir als Händler, der überwiegend mit Importeuren arbeitet, sind in der Vergangenheit immer dadurch bei unseren Kunden wahrgenommen worden, dass wir Fahrzeuge am Lager hatten, die wir sehr schnell liefern konnten. Unsere Kunden sind es nicht gewohnt, monatelang auf ihr Auto zu warten. Das ist für uns ein großes Thema, das uns begleitet. Generell ist für uns entscheidend, dass wir die gute Bindung, die wir zu unseren Kunden haben, nutzen, um sie weiterhin bei uns zu halten. Wir müssen darauf achten, dass sie trotz der Einschränkungen bei uns bleiben. Wir müssen sie überzeugen mit unseren Services. Unsere Verkäufer müssen den Kontakt zu den Kunden halten. Wir müssen Lösungen finden, wie unsere Kunden ihr bestehendes Auto länger fahren können, um die Lieferzeiten auszugleichen. Insgesamt wird 2022 eher ein schwieriges Jahr werden, in dem sich die Auslieferungen noch in Grenzen halten werden." Caspar A. Löfken, Geschäftsführer Löko mit den Marken Hyundai und Peugeot an zwei Standorten in Köln: "Meine Erwartungen für das nächste Jahr sind ausgesprochen positiv. Diese Einschätzung basiert im Wesentlichen auf folgenden Fakten: Die Verknappung von Fahrzeugen, verursacht durch den Halbleitermangel, hat zur Folge, dass die Fahrzeuge, die geliefert werden, mit deutlich höheren Erträgen verkauft werden können. Wir erfahren dadurch einen Wandel vom Käufer- zum Verkäufermarkt. Mit unseren Marken Hyundai und Peugeot sind wir gut aufgestellt. Aktuell haben wir einen Auftragsbestand, der nächstes Jahr zur Auslieferung kommt, der bereits einen großen Teil unserer geplanten Zielerreichung gewährleistet. Hinzu kommen die Verknappung sowie die deutliche Steigerung der Gebrauchtwagenpreise. Aktuell und auch für das nächste Jahr wird diese Entwicklung fortbestehen. Die derzeit erzielten Margen an Gebrauchtwagen erinnern an die Zeiten der Grenzöffnung. Auch hier haben wir vorgesorgt. Wir bekommen nächstes Jahr eine größere Menge an jungen Gebrauchten (Leasingrückläufern) zurück, die ebenfalls mit sehr erfreulichen Margen vermarktet werden können. Diese jungen Gebrauchtfahrzeuge werden zudem zu einem großen Anteil absatzfinanziert. Zusätzliche Erträge aus Finanzprovisionen sind somit ebenfalls vorprogrammiert." Martina Stoppanski-Auracher, Geschäftsführerin Autohaus Stoppanski, VW, VW-Nfz, Audi und Skoda in Ettlingen: "Wir erwarten ein sehr spannendes Jahr. Wir befürchten, dass Hoffnung und Wahrheit sehr weit auseinanderklaffen. Die Stichworte Corona und Liefersituation sorgen für große Fragezeichen. Deswegen haben wir großen Respekt vor der Herausforderung. Mit unserem Skoda-Neubau haben wir ein sehr schönes Haus geschaffen, mit dem wir die Zukunft abbilden können. Oberstes Ziel ist es aber jetzt erst einmal, gesund zu bleiben, um auch die Man Power für diese Zukunft zu haben." Christian Schleicher, Geschäftsführer Autohaus Dresden mit den Marken Opel, Isuzu, Tropos und Camaro Service an vier Standorten im Raum Dresden: "Die gesamte Automobilbranche wird 2022 noch einmal kämpfen müssen. Leider wird auch uns wohl das Corona-Virus die Normalität nehmen in den kommenden Monaten. So lange werden wir immer mit drohenden Lockdowns kämpfen müssen, wobei unsere Autohäuser genügend Platz für Kunden und Interessierte bieten und eine Infektionsgefahr als sehr gering gilt. Die Lieferprobleme der Halbleiter bei beinahe allen Herstellern werden wir hoffentlich im Laufe des Jahres gelöst bekommen, sodass unsere Kunden schon bald mit ihren neuen Modellen unterwegs sein werden, denn 2022 stehen interessante Fahrzeuge auf unserer Liste: Der neue Opel Grandland ist ein hocheffizienter SUV mit sportlichem Handling und der neue Opel Astra verkörpert deutsche Ingenieurskunst mit klassenführenden Innovationen und setzt neue Maßstäbe. Das sind Fahrzeuge, die man erleben muss, deswegen hoffen wir, dass Premierenfeiern bald wieder im Autohaus Dresden stattfinden können. Ausbauen möchten wir zudem unsere Geschäfte im Nutzfahrzeugbereich. Hier bleibt unser Gewerbekunden-Team am Standort Dresden-Klotzsche weiter fleißig und aktiv. Und ich persönlich wünsche mir, dass meine Mitarbeiter*innen und Kunden gesund bleiben, sich durch die Krise nicht den Mut nehmen lassen und dass wir wieder eine richtig schöne Hope-Gala mit Dinner und rotem Teppich feiern können, zu der wir vom Autohaus Dresden auch weiter als Shuttle-Partner fungieren, um Kindern in Südafrika zu helfen. Unser Team und ich haben einige Hürden in den letzten Monaten meistern müssen, auch 2022 wird kein leichtes Jahr, ABER wir haben bewiesen, was mit einem guten Teamgeist alles möglich ist! Das überzeugt mich, dass wir auch 2022 mit vollem Elan angehen werden!" Christian Rönsch, Geschäftsführer May und Olde mit sieben BMW-Standorten in Schleswig- Holstein: "Für die Premiummarken bin ich optimistisch für das nächste Jahr. Wir werden unsere Ertragssituation verbessern, denn es gibt erstmals seit langer Zeit weniger Angebot als Nachfrage. Die individuelle Mobilität hat wieder an Attraktivität gewonnen. Das Auto ist wieder salonfähig geworden. BMW ist vom Produkt her gut aufgestellt und unsere Betriebe sind auf Ertrag und Wachstum ausgelegt. Sofern BMW liefern kann, können wir wachsen. In der Branche betrachte ich mit Interesse die Entwicklung bei Stellantis: Durch die Professionalisierung bei den Marken kann das spannend werden."

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