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Brasilien: VW lässt Rolle in Militärdiktatur untersuchen

03.11.2016 09:23 Uhr
Christine Hohmann-Dennhardt
Christine Hohmann-Dennhardt: "Wir wollen Licht in die dunklen Jahre der Militärdiktatur bringen."
© Foto: VW

Im wichtigen Absatzland Brasilien holt VW seine Geschichte ein. Es geht um eine vermutete Kollaboration mit der früheren Militärjunta.

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Der VW-Konzern gibt seiner Aufarbeitung zu mutmaßlichen Menschenrechtsverstößen während des Militärregimes in Brasilien eine breitere Basis. "Wir wollen Licht in die dunklen Jahre der Militärdiktatur bringen sowie das Verhalten der damals Verantwortlichen in Brasilien und gegebenenfalls auch in Deutschland aufklären lassen", sagte die Chefin des Vorstandsbereichs Integrität und Recht, Christine Hohmann-Dennhardt, am Donnerstag. Für eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung der womöglich bis in die 1980er Jahre zurückreichenden Vorgänge habe der Konzern daher den Historiker Christopher Kopper von der Uni Bielefeld beauftragt.

Kopper solle "möglichst rasch" beginnen und dafür auch nach Brasilien reisen. Zwischenergebnisse berichte er an einen internen Beirat.Seine Arbeit dürfte ein Jahr dauern. Das abschließende Gutachten solle "dann einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden".

Volkswagen sieht sich seit Jahren dem Vorwurf ausgesetzt, das Regime zwischen 1964 bis 1985 unterstützt und beispielsweise schwarze Listen über Mitarbeiter erstellt zu haben. Vor einem Jahr hatte Volkswagens damaliger Chefhistoriker Manfred Grieger erklärt, der Konzern wolle sich seiner Verantwortung für die mögliche Kollaboration stellen. "Es geht um die Auseinandersetzung mit dem Unrecht, das damals geschehen ist", sagte er damals nach Gesprächen mit Brasiliens Justizbehörden. Medien spekulierten Ende 2015 auch über Reparationszahlungen von VW.

Grieger und der Konzern hatten sich allerdings kürzlich getrennt. Dem vorangegangen war nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Streit über Abstimmungsauflagen für Grieger, nachdem der eine Analyse über die NS-Verstrickungen der Konzerntochter Audi kritisiert hatte. Volkswagen betonte, niemals Griegers Forschung beeinflusst zu haben.

Mit Geheimdienst kooperiert?

Kürzlich ergriffen Dutzende Historiker per offenem Brief Partei für Grieger. In dem Schreiben erwähnten die Wissenschaftler auch das Kapitel Brasilien: "Es stehen Vorwürfe im Raum, das Unternehmen habe wie andere deutsche Firmen das berüchtigte Folterzentrum Oban unterstützt und eng mit dem Geheimdienst der Diktatur kooperiert. Es gibt Bestrebungen, solche heiklen Themen unter den Teppich zu kehren. Noch hat sich VW nicht dazu geäußert, ob und wie das Brasilienprojekt nach dem Ausscheiden Griegers fortgesetzt wird."

Der VW-Konzern betonte am Donnerstag, Griegers vakante Stelle wieder zu besetzen. Derzeit würden Möglichkeiten geprüft. Der Leiter der Konzernkommunikation, Hans-Gerd Bode, sagte: "Der Volkswagen-Konzern stellt sich weiterhin seiner historischen Verantwortung. Die Historische Kommunikation spielt dabei eine sehr wichtige Rolle. Dies stand auch nie zur Disposition." Und Hohmann-Dennhardt betonte: "So wie wir es auch schon bei der Aufarbeitung von Themen wie der NS-Vergangenheit und der Beschäftigung von Zwangsarbeitern frühzeitig und umfassend getan haben, so werden wir auch die Aufarbeitung der Rolle des Unternehmens in der brasilianischen Militärdiktatur mit der gebotenen Konsequenz und Nachhaltigkeit vorantreiben."

NS-Neubewertung bei Audi

Der einflussreiche Betriebsrat forderte derweil am Donnerstag vom Konzern eine neue, unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen zur Rolle des Audi-Vorgängers Auto Union im Nationalsozialismus. Anlass sei Griegers Kritik an der von Audi selbst in Auftrag gegeben Analyse zu "Kriegswirtschaft und Arbeitseinsatz bei der Auto-Union". Grieger hatte die Expertise als handwerklich mangelhaft und tendenziell verharmlosend bezeichnet.

VW-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh rief nun in der Betriebsratszeitung "Mitbestimmen" den Konzern dazu auf, "dass den Anmerkungen von Dr. Grieger (...) Rechnung getragen wird und hier eine weitergehende Erforschung und Aufarbeitung der genannten Aspekte stattfindet. Wir fordern hierzu einen unabhängigen Historiker einzusetzen". Zudem sollten die externen Experten des jüngst neu gegründeten Nachhaltigkeitsbeirats einbezogen werden. (dpa)

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KOMMENTARE


Muzdzak

03.11.2016 - 16:54 Uhr

Und bei Daimler hat sie jahrelang nichts gemacht, nichts gesagt,


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