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Corona-Lockdown: Bund und Länder ringen um Lockerungen

03.03.2021 23:23 Uhr
Corona-Lockdown: Bund und Länder ringen um Lockerungen
Bei einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner soll der Einzelhandel mit einer begrenzten Kundenzahl wieder aufmachen können.
© Foto: picture alliance/Henning Kaiser/dpa

Kanzlerin Merkel und die Länderchefs suchen einen Weg aus dem Lockdown, regional abgestuft und abhängig von den Corona-Zahlen. Dabei dürfte ein bislang avisierter Mindestwert wohl nach oben verschoben werden.

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Unter einem hohen Erwartungsdruck der Bürger und der Wirtschaft in Richtung Lockerungen des Lockdowns haben Bund und Länder das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten. Trotz weiter hoher Infektionszahlen waren dabei auch Erleichterungen für Regionen im Gespräch, in denen nur eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 stabil unterschritten wird. Es könnte dann etwa eingeschränkte Öffnungen des Einzelhandels mit festen Einkaufsterminen geben. Das ging aus dem Beschlussentwurf für die Gespräche von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder hervor.

Merkel hob zu Beginn der Online-Beratungen deren besondere Bedeutung hervor. Es sei ein "wichtiger Tag", sagte sie nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen. Sie wurde mit den Worten zitiert: "Wir können den Übergang in eine neue Phase gehen."

Die Verhandlungen gestalteten sich allerdings schwierig und waren auch nach gut acht Stunden noch nicht beendet. Zwischendurch waren die Gespräche so festgefahren, dass eine Pause eingelegt wurde. Als ein Kompromiss wurde die zunächst für Lockerungen mehrfach vorgesehene Sieben-Tage-Inzidenz von 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner auf den Wert 50 angehoben.

Der Beschlussentwurf lag der dpa aus mehreren voneinander unabhängigen Quellen vor. Nach ihm soll der Lockdown grundsätzlich bis zum 28. März verlängert werden – jedoch mit vielen Öffnungsmöglichkeiten je nach Infektionslage. Schon von kommender Woche an sollen wieder Treffen des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt möglich sein – beschränkt auf fünf Teilnehmer, Kinder bis 14 Jahre nicht mitgezählt. Derzeit sind private Zusammenkünfte nur im Kreis des eigenen Hausstands mit einer weiteren Person gestattet.

Das Papier wurde nach dpa-Informationen vom Kanzleramt verschickt, war dem Vernehmen nach aber noch nicht mit allen Ländern vorabgestimmt. Während der Beratungen am Abend wurde eine aktualisierte Version mit Änderungen erarbeitet.

Impfungen in der Fläche

Als ein zentrales Thema zeichnete sich die Impfstrategie ab. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder forderte in der Online-Konferenz eine Beschleunigung der Impfungen auch unter Einbeziehung von Ärzten in der Fläche. Das Motto müsse sein: "All you can vaccinate", sagte der CSU-Vorsitzende nach dpa-Informationen. Man müsse aus der starren "Impfbürokratie" zu mehr Flexibilität kommen. Deshalb seien so schnell wie irgend möglich alle Ärzte einzubeziehen, niedergelassene Hausärzte, Betriebsärzte, Krankenhäuser und dann auch Schulärzte. Söder bezog sich dabei dem Vernehmen nach zunächst auf den Impfstoff von AstraZeneca, später müsse dies auch für andere Impfstoffe gelten.

In der Schalte wurde nach dpa-Informationen aus mehreren Quellen beschlossen, dass ab Ende März oder spätestens Anfang April Haus- und Fachärzte in vielen Praxen umfassender als bisher gegen Corona impfen sollen.

Das ursprüngliche und das überarbeitete Papier sahen als nächsten Öffnungsschritt vor, dass nun bundesweit Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte wieder aufmachen dürfen. In einigen Bundesländern ist dies bereits der Fall. Geknüpft wurde dies an das Einhalten von Hygienekonzepten und eine Begrenzung der Kundenzahl. Auch Fahr- und Flugschulen sollen unter bestimmten Bedingungen wieder loslegen dürfen.

Fünfstufiger Öffnungsplan

Vorgesehen ist eine Art Stufenplan für Öffnungen abhängig vom Infektionsgeschehen in einem Land oder einer Region sowie eine Notbremse bei einem Springen der Sieben-Tage-Inzidenz auf über 100 Neuinfektionen. Dann sollen alle Lockerungen automatisch wieder rückgängig gemacht werden. Bei einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner soll der Einzelhandel mit einer begrenzten Kundenzahl wieder aufmachen können, ebenso Museen, Galerien, Zoos und botanische Gärten. Auch kontaktfreier Sport in kleinen Gruppen im Freien soll dann wieder möglich sein.

Eingeschränkte Öffnungen könnte es schon in Regionen geben, in denen lediglich die 100er-Marke unterschritten wird. Neben Terminshopping-Angeboten könnten dann Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten "für Besucher mit vorheriger Terminbuchung" geöffnet werden. Ebenso könnte dort "Individualsport alleine oder zu zweit und Sport in Gruppen von bis zu zehn Kindern bis 14 Jahren im Außenbereich" erlaubt werden.

Auch der nächste Öffnungsschritt – von Außengastronomie, Theatern, Konzert- und Opernhäusern, Kinos sowie kontaktfreiem Sport im Innenbereich und Kontaktsport im Außenbereich – könnte dem Entwurf zufolge schon bei Sieben-Tage-Inzidenzen bis 100 erfolgen. Liegt die Inzidenz zwei Wochen nach dem vorherigen Öffnungsschritt unter 50, soll es dafür keine Beschränkungen geben. Bei einer Inzidenz bis 100 sollen dagegen tagesaktuelle negative Corona-Tests zwingende Bedingung für die jeweiligen Gäste und Teilnehmer sein.

Ein fünfter Öffnungsschritt ist vorgesehen, wenn weitere zwei Wochen nach den vorhergehenden Lockerungen die Inzidenz stabil unter 50 bleibt. Dann können Freizeitveranstaltungen mit bis zu 50 Teilnehmern im Außenbereich möglich sein, ebenso Kontaktsport in Innenräumen. In Regionen mit einer stabilen Inzidenz bis 100 soll dann auch der Einzelhandel über Terminshopping-Angebote hinaus geöffnet werden dürfen, mit einer Beschränkung der Kundenzahl je nach Verkaufsfläche.

Hoffnung im Autohandel

Die Pläne nähren auch im Automobilhandel die Hoffnung auf kurzfristige Wiederöffnung. Die Showrooms der Autohäuser hierzulande sind seit Mitte Dezember geschlossen. Ausnahme ist Thüringen. Erste Lockerungen zeigten sich bereits Anfang dieser Woche, seit Montag erlauben Rheinland-Pfalz und das Saarland Besuche im Autohaus, sofern die Kunden vorher einen Termin mit dem Betrieb vereinbart haben. "Click and Meet" heißt das Verfahren.

Beim Terminshopping dürfen jeweils einzelne Kunden bzw. mehrere Angehörige eines einzelnen Hausstandes in den Schauraum. Unterschiedliche Kunden dürfen sich nicht begegnen. Zwischen den einzelnen Terminen muss auch deswegen als Puffer jeweils eine Viertelstunde Zeit vergehen. Währenddessen soll der Verkaufsraum gründlich gelüftet werden. Darüber hinaus müssen die Betriebe die Kontakte dokumentieren. Eine Vorlage dazu stellt das Kfz-Gewerbe Rheinland-Pfalz bereit.

Andere Bundesländer wie Hessen wollen diesem Beispiel folgen. Das nordrhein-westfälische Kfz-Gewerbe fordert die Möglichkeit des Kundenkontakts ebenfalls vehement und verweist auf den Wettbewerbsnachteil, wenn der Handel im benachbarten Rheinland-Pfalz wieder öffnen darf, während die NRW-Betriebe geschlossen bleiben. Der Verband unterstützt deshalb mittlerweile einige Autohäuser, die dagegen juristisch vorgehen.

Schnelltests in Unternehmen

Die geplanten Regelungen für Unternehmen in der Teststrategie haben Bund und Länder im Vergleich zu einem früheren Papier entschärft. So ist nun nicht mehr von einer Verpflichtung für Firmen die Rede, ihren in Präsenz Beschäftigten kostenlose Schnelltests anzubieten. Vielmehr werde die Bundesregierung mit der Wirtschaft noch diese Woche abschließend beraten. Am Vorabend hatte es unter anderem zu dieser Frage noch Gespräche Merkels mit Spitzenverbänden der Wirtschaft gegeben. 

Nach dem Beschlussentwurf soll zudem allen, die noch keine Symptome zeigen, mindestens ein kostenloser Schnelltest pro Woche inklusive einer Bescheinigung über das Testergebnis ermöglicht werden. Die Kosten soll demnach der Bund übernehmen. Auch die weitere Öffnung der Schulen soll mit Hilfe von Schnelltests flankiert werden. Die Länder sollen demnach sicherstellen, "dass das Personal in Schulen und Kinderbetreuung sowie alle Schülerinnen und Schüler pro Präsenzwoche das Angebot von mindestens einem kostenlosen Schnelltest erhalten". 

Parallel zur Bund-Länder-Runde attackierte die Opposition im Bundestag das Vorgehen der Regierung scharf. Der Linke-Gesundheitspolitiker Achim Kessler forderte die Regierung auf: "Hören Sie endlich auf, immer nur auf Sicht zu fahren." Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen verlangte ein "Sicherheitsgeländer" als Voraussetzung für Öffnungen. Dazu müssten bundesweit alle positiven Corona-Tests auf ansteckendere Virus-Varianten untersucht werden. Flächendeckende und regelmäßige Schnell- und Selbsttests müssten zu "Gemeingut" werden – nicht erst im April. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte mehr Tempo und verwies darauf, dass in den USA vergleichsweise "mit Lichtgeschwindigkeit" geimpft werde. Nötig sei auch mehr Ehrgeiz in der Teststrategie, um zu Öffnungen kommen zu können.

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