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Neue UBA-Rechnung: Tempolimit gut für Klimaschutz

28.02.2020 11:25 Uhr
Neue UBA-Rechnung: Tempolimit gut für Klimaschutz
Laut Umweltministerin Schulz ist ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen "in der Gesellschaft mehrheitsfähig".
© Foto: picture alliance/Christian Ohde/chromorange

Mit 180 über die Autobahn – das geht europaweit nur in Deutschland. Das Umweltbundesamt hat neu berechnet, was ein generelles Tempolimit dem Klima bringen würde. Ob das grundlegende Skeptiker überzeugt?

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Von Teresa Dapp und Sascha Meyer, dpa

Klimaschutz schnell und kostenlos – oder unnötige Gängelung? Mit neuen Berechnungen facht das Umweltbundesamt (UBA) den Streit um ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen weiter an. Wie die Behörde am Freitag mitteilte, würde eine generelle Höchstgeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde rund 1,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) im Jahr einsparen.

Umweltministerin Svenja Schulze nutzte die Vorlage, um für ihre Position zu werben: "Im Verkehrssektor gibt es beim Klimaschutz den größten Handlungsbedarf – und ein solches Tempolimit ist auch in der Gesellschaft mehrheitsfähig", schrieb die SPD-Politikerin auf Twitter.

Weiter skeptisch zeigte sich dagegen das Ressort von Verkehrsminister Andreas Scheuer – der CSU-Politiker ist erklärter Tempolimit-Gegner. Die neuen Berechnungen müsse man sich erst mal anschauen, sagte eine Sprecherin. Generell sei man aber für "mehr Intelligenz" in der Verkehrslenkung, die durch Digitalisierung möglich werde. Außerdem hätten Bundestag und zuletzt auch der Bundesrat ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern abgelehnt. Allerdings hatte die SPD im Bundestag gegen die eigene Beschlusslage der Partei gestimmt, weil es um einen Oppositionsantrag ging und sie ja mit der Union in einer Koalition arbeitet. Auch im Bundesrat enthalten sich Länder, wenn Koalitionspartner uneins sind.

Frische Daten

Überraschend sind die neuen Zahlen nicht, aber für Tempolimit-Freunde hilfreich – denn die letzte UBA-Berechnung stammte aus dem Jahr 1999 und bezog sich nur auf Tempo 120. Nun sind die Daten frischer. 1,9 Millionen Tonnen sind nur rund 1,2 Prozent der 163 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente – eine Einheit, in die alle Treibhausgase umgerechnet werden – des gesamten Verkehrsbereichs in Deutschland im Jahr 2018. Das UBA argumentiert, man habe in der Rechnung Pkw und leichte Nutzfahrzeuge angeschaut, die 39,1 Millionen Tonnen CO2 ausstießen. Und da wären 1,9 Tonnen dann immerhin knapp fünf Prozent Minderung.

Sicher ist, dass sich im Verkehrsbereich etwas tun muss. Seit 1990 sind die Emissionen kaum zurückgegangen, und dass Deutschland EU-Ziele reißt und vermutlich bald Strafzahlungen fällig werden, liegt auch am Verkehr. Im Klimaschutzgesetz sind die CO2-Ziele künftig genau vorgegeben – und wer es nicht schafft, muss Sofortprogramme vorlegen. Umweltministerin Schulze hat schon klar gemacht, dass aus ihrer Sicht das Tempolimit dann wieder auf den Tisch gehört. Ein Sprecher sagte nun: Man werde "noch verschiedene Möglichkeiten haben", sich Emissionen und Maßnahmen anzuschauen.

Scheuer sagte – unabhängig von der Tempolimit-Debatte – am Freitag, es zeichne sich ab, dass "deutlich mehr Dynamik" nötig sei, und nannte unter anderem eine Quote für nachhaltiges Kerosin in der Luftfahrt, die so ähnlich auch Schulze will. Er erinnerte auch daran, dass die Kfz-Steuer stärker nach dem CO2-Ausstoß gestaffelt werden solle – da ist Finanzminister Olaf Scholz (SPD) gefragt.

Umweltschützer fühlten sich von den neuen UBA-Zahlen bestätigt. "Jetzt hat es die Bundesregierung schriftlich: Weniger Rasen schützt das Klima", teilte Greenpeace mit. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) forderte Scheuer auf, "sein zu schwaches Klimaschutzprogramm zu überarbeiten und das Tempolimit mit aufzunehmen". Die Union müsse sich "endlich von ihrer Raserideologie trennen", kommentierte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Kürzlich gab der Autofahrerclub ADAC sein jahrzehntelanges striktes Nein gegen ein Tempolimit auf und wirbt nun für eine umfassende Untersuchung möglicher Folgen vor allem für die Verkehrssicherheit.

Dagegen sprach der stellvertretende FDP-Fraktionschef Frank Sitta von einem "kulturkämpferischen Ziel" und nannte es einen "Treppenwitz", dass das Tempolimit angeblich nichts koste – da solle man mal Pendler fragen, die längere Strecken im Auto zurücklegen. Bisher gilt auf 70 Prozent des Autobahnnetzes nach wie vor freie Fahrt.

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KOMMENTARE


Martin Ellinghaus

28.02.2020 - 18:32 Uhr

Es wird kommen und es ist auch richtig so. Viele Jahre hat es vielleicht nicht ins Weltbild gepasst, aber aus Klimaschutz und Sicherheit ist der Druck inzwischen so groß, das wir nicht darum kommen. Die nächste BTW in 2021 wird wahrscheinlich am ehesten Schwarz/Grün oder Schwarz/Grün/Rot werden und da muss sich auch die CDU auf Kompromisse einlassen.


ede l.

29.02.2020 - 00:19 Uhr

Tempolimit ist Gängelung der Bürger und Demontage unserer freiheitlichen Demokratie, typisch SPD.


Dieter M. Hölzel

02.03.2020 - 07:48 Uhr

Bundestag und Bundesrat haben ein Tempolimit abgelehnt, Swenja Schulze fängt nun wieder damit an, als gäbe es nicht wichtigere Problem in unserem Land zu lösen. Frau Schulze, halten Sie sich gefälligst an die Beschlüsse des Bundestages u. Bundesrates, oder sind Ihnen, nach mehrmaligen Entscheidungen, als SPD Ministerin, demokratische Beschlüsse gleichgültig ? Ihr Verhalten ist genau das, warum, gerade die SPD, immer weniger Akzeptanz in der Bevölkerung hat ! Demokratische Abstimmungen passen Ihnen nicht, dann sollten Sie einfach aus der Politik aussteigen.


F.C.

02.03.2020 - 09:51 Uhr

Diese Angst, die man immer wieder bei diesem Thema spürt, ist schon sehr interessant. Nach dem Motto "man will mir was wegnehmen, etwas wo ich noch etwas Macht ausüben kann" so ein Blödsinn! Wenn das Limit erstmal Gesetz ist, werden alle nach kurzer Zeit merken, wie viel mehr Spaß und Freiheit beim Fahren/Reisen entstehen kann. Ich kenne bis jetzt niemanden, der in unseren Nachbarländer unterwegs war und wegen dem Tempolimit gekotzt hat. Immer hört man, oh wie entspannt es mal wieder in Österreich, Schweiz, Frankreich, Spanien, Portugal usw war. Fährt man über die Grenzen wieder nach Deutschland rein, beginnt der pure Stress! Wegen dem Rauchverbot gab es auch ohne Ende Kritik und jetzt lieben es alle und finden es richtig so, sogar die Raucher selbst. Also, versucht das Positive daraus zu sehen, es ist Zeit dafür. Beste Grüße und eine entspannte Woche!


Dieter M. Hölzel

02.03.2020 - 10:58 Uhr

Sie mögen ja recht haben, sehr geehrter Herr Ellinghaus, dennoch ist nicht der Wille der Menschen relevant, Parteien und deren Ideologie mit fragwürdigen Kompromissen entscheiden, über den Willen der Wähler hinweg. Beispiele aus den letzten Jahren gibt es zu Hauf, aber die Parteien wundern sich über die Politik Verdrossenheit. Machtgier - Selbstversorgung und Selbstdarstellung zum Erhalt der lukrativen Posten als Abgeordnete - Minister usw. sind die Triebfeder ihres Tuns, besser, was zu tun wäre, entsprechend dem Volk und Land zu nutzen, wozu diese Herrschaften gewählt sind. Ich mag erst gar nicht daran denken, wenn eine AfD latent bei 25%, die Grünen bei rund 20%, die Linken 8% die SPD 10 % und die CDU/CSU 25%. So ungefähr könnte es ausgehen, was dann ??? Die FDP dürfte an der 5% Klausel scheitern, der Rest was an Parteien übrig bleibt. Hoffentlich liege ich falsch, aber diese Gefahr droht unserem einst blühenden Land, welches die s.g. " Alten " mit Fleiß und Disziplin aufgebaut haben. Mit Verlaub gestatten Sie mir zu zitieren: die Oma ist ne Umweltsau. Wären da nicht Milliarden Erbschaft, die von den meisten nachfolgenden Generationen sehnlichst " erwartet " werden.


Brancheninsider

03.03.2020 - 07:36 Uhr

@FC - also keine Ahnung in welchen Ländern Sie da waren aber ich sehe das etwas anders. Klar auf irgendwelchen einsamen Inseln Spaniens oder im eher bevölkerungsarmen Portugal ist das fahren entspannt - weil da auch kaum Autos unterwegs sind. Als wir an der Algarve waren, war ich fast der einzige auf der Autobahn. Und ans Tempolimit hält sich da auch keiner denn Blitzer kennen die da so gut wie gar nicht.Und wenn man mal in Barcelona gefahren ist, weiss man dass es da sicher kein Spass ist.Insofern halte ich das für ein Gerücht.Und in der Schweiz zB ist fahren sowas von nervig bei der Geschwindigkeit....


Stauder7

03.03.2020 - 14:47 Uhr

Ich kann nicht verstehen, wie sich die Zahlen zusammensetzen sollen. Ich war letztes Wochenende auf Spiekeroog. Bin die A31 gefahren, ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Zum großen Teil. Meine Frage an alle: Wie schnell bin ich gefahren? Wieviel CO2 habe ich ausgestoßen? Knapp 120km/h, ohne Geschwindigkeitsbegrenzung, da drei Kinder im Fahrzeug waren. Wie kommt das UBA auf seine Zahlen?


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